Wünsche der Kommunen offenbar abgeschmettert - Noch gibt es Einspruchsmöglichkeiten
Forderung der Kommunen übergangen: Ultranet nun doch oberirdisch?
Die Firma Amprion will in der Region die neuen Höchstspannungsleitungen für das sogenannte Ultranet verlegen. Entgegen dem Wunsch der Kommunen soll das oberirdisch passieren. Foto: Bernd Thissen/picture alliance
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Sinzig. Werden möglicherweise gesundheitsgefährdende Höchstspannungsleitungen oberirdisch entlang der Korridore des Unternehmens Amprion in den Kommunen im Breisiger Land, Sinzig und der Kreisstadt verlegt oder nicht?

Die Firma Amprion will in der Region die neuen Höchstspannungsleitungen für das sogenannte Ultranet verlegen. Entgegen dem Wunsch der Kommunen soll das oberirdisch passieren. Foto: Bernd Thissen/picture alliance
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Der Löhndorfer Ortsbeirat hatte im Vorfeld der jüngsten Sitzung des Sinziger Stadtrats eine Anfrage getätigt: Was ist mit den Plänen der Dortmunder Firma Amprion, Höchstspannungsleitungen am Ortsrand zu verlegen und das sogenannte Ultranet zu installieren?

Bereits vor einigen Jahren gab es im Sinziger Helenensaal eine große Informationsveranstaltung der Firma Amprion. Dabei wurde deutlich, dass sich in den Gemeinden, die innerhalb des Korridors der zu verlegenden Höchstspannungsleitungen liegen, Widerstand regt, wenn die Leitungen nicht ins Erdreich verlegt oder nicht zumindest 400 Meter von den Ortslagen entfernt geführt werden. Auch die Stadt Sinzig forderte die Verlegung der neuen Kabel als Erdverkabelung, alternativ sollte der Mindestabstand von 400 Metern insbesondere in den Ortslagen Franken und Löhndorf hergestellt werden.

Nachweis gefordert

Für den Hintergrund: Auch Ortsbürgermeister Frank Gondert aus Brohl-Lützing hatte im Frühjahr 2020 – unterstützt von weiteren Bürgermeistern betroffener Gemeinden wie etwa Andreas Heuser aus Gönnersdorf und Walter Schneider aus Burgbrohl sowie Guido Orthen aus der Kreisstadt und dem Ersten Beigeordneten Hans-Werner Adams aus Sinzig – den Vorhabenträger Amprion aufgefordert, einen Nachweis zur Verträglichkeit hinsichtlich der Entstehung von möglichen Auswirkungen auf die Gesundheit durch das Vorhaben zu erbringen. Auch die Kreisverwaltung Ahrweiler hatte im Frühjahr 2020 eine entsprechende Eingabe gemacht, um Bundesnetzagentur und Landesregierung auf die Problematik hinzuweisen.

Die Forderung der betroffenen Kommunen: eine Erdverkabelung in wohnraumnahem Bereich ähnlich anderen Bundesländern, wie etwa Bayern. Denn selbst nach Aussage der Betreiberfirma Amprion verbleiben voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen mit erhöhter Bedeutung (Konfliktschwerpunkte), hieß es damals.

Befürchtung: Lärm und ungesunde Luft

Hans-Werner Adams erläutert gegenüber der RZ das Hauptproblem: „Die Anwohner wären beständigen Lärmbelästigungen in Höhe von 40 Dezibel ausgesetzt, sowohl im Falle von Wechselstrom bei feuchtem Wetter und bei Gleichstrom bei trockenem Wetter. Zudem gibt es den sogenannten Corona-Effekt, bei ihm würde von den Höchstspannungsleitungen die Luft ionisiert, diese Luft einzuatmen ist gesundheitsschädlich.“

Das Verfahren zur Umsetzung von Ultranet wurde bereits 2015 durch einen Antrag auf Bundesfachplanung bei der Bundesnetzagentur eingeleitet. Nun hat die Bundesnetzagentur bekannt gegeben, dass sie am 28. Februar eine Entscheidung zur Höchstspannungsleitung Osterath–Philippsburg Abschnitt E über die Korridore von 1000 Metern Breite getroffen hat. Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass den Forderungen der Stadt Sinzig nicht gefolgt wurde. In der Abwägung wurden beide Forderungen der Stadt zurückgewiesen und für eine weitere Berücksichtigung verworfen.

Weiterer Einspruch möglich

Sinzigs Erster Beigeordneter Hans-Werner Adams berichtete im Stadtrat: „Der Planungsprozess geht nun weiter. Derzeit werden weitergehende Kartierungen im Bereich Umweltverträglichkeit durchgeführt. Es wird nun im Sommer mit der Einleitung der nächsten Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung zu rechnen sein, wobei die tatsächliche Offenlage wohl erst in einem Jahr zu erwarten ist. Bei der nächsten Offenlegung können wir wieder Einspruch einlegen.“ Im Kern geht es darum, ob der technische Eingriff in eine bestehende Leitung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BimSchG) eine wesentliche Änderung darstellt, oder nicht.

Hans-Werner Adams: „Amprion fährt hierbei rechtlich und juristisch auf Kante, denn die Konverter am Anfang der Hochspannung (Osterath) und am Ende (Phillippsburg) existieren noch nicht und müssen daher neu aufgebaut werden. Daher laufen diese Genehmigungsverfahren auf kommunaler Ebene ab und sind damit von dem Verfahren der Hochspannungsleitung bewusst getrennt worden, da es sich sonst um eine wesentliche Änderung handeln würde und es damit ein kompletter Neubau wäre.“

Im Falle eines Neubaus müsste Erdkabel gelegt werden, oder die Abstände von 400 Meter zu der Wohnbebauung gelten. „In Bayern wird generell nur Erdkabel verlegt, die achten mehr auf die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger als das Land Rheinland-Pfalz. Das merkt man auch beim Bau von Windkraftanlagen, Bayern hat auch hier die größten Abstände zur Wohnbebauung“, so der Erste Beigeordnete.

Der gesamte Wortlaut der Abwägung ist im Internet unter folgender Adresse nachzulesen: www.netzausbau.de/vorhaben2-e

Von unserer Mitarbeiterin Judith Schumacher

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