Der Rettungsdienst des DRK-Kreisverbandes Ahrweiler hat während und insbesondere nach der Flutkatastrophe viele neue Erfahrungen gesammelt. Dem Leiter des DRK-Rettungsdienstes, Lothar Backes, und seinem Stellvertreter, Boris Linden, war es wichtig, ihren Kollegen aus Rheinland-Pfalz mitzuteilen, wie sich Katastrophen wie die Flut auf den Rettungsdienst und seine Führungskräfte auswirken.
Berichte aus der Flutnacht
Deshalb luden sie zu einer Fortbildung in die Kreisstadt ein. Als Dozenten standen neben ihnen der Organisatorische Leiter, Oliver Wodack, und Diplom-Psychologin Kim Bühler Rede und Antwort. DRK-Rettungsdienstleiter Lothar Backes, Stellvertreter Boris Linden und Polizeihauptkommissar Oliver Wodack, ehrenamtlicher Organisatorischer Leiter des Rettungsdienstes des Landkreises Ahrweiler, berichteten ihren Kollegen aus erster Hand, wie sie die Flut am 14. Juli 2021 erlebt und wie sie agiert haben.
Alle drei waren schon in der Flutnacht im Einsatz. Aufgrund der zerstörten Infrastruktur waren Informationsgewinnung und Kommunikation quasi unmöglich. „Wir hatten zu Beginn keine Übersicht über die Lage und konnten auch nicht ahnen, wie schlimm diese ist“, erinnerte sich Wodack. Schnell war klar, dass der öffentlich-rechtliche Rettungsdienst sich selbst führen muss. „Viele Menschen brauchten Hilfe, und das stellte uns vor ein großes Problem. Wir mussten aushalten, dass wir an manchen Orten nichts machen konnten, da wir zum Beispiel nicht dorthin kamen. Das war unheimlich schwer, und das macht auch etwas mit einem“, sagte Wodack.
Ziel: Ordnung ins Flutchaos bringen
Backes und Linden schilderten ihre eigenen Eindrücke, die Probleme und die immensen Herausforderungen. Mit den Rettungswachenleitern bildeten sie einen kleinen, internen Führungsstab und priorisierten ihre Maßnahmen. Ihre Sorge galt zunächst den Mitarbeitern, der Infrastruktur sowie den Rettungswachen und Rettungsfahrzeugen.
Erst nach sieben Tagen wussten sie, dass alle Kollegen unverletzt, einige aber betroffen waren. Relativ schnell war hingegen klar, dass bis auf ein Fahrzeug alle Rettungsmittel einsatzbereit waren und dass die Rettungswachen in Bad Neuenahr-Ahrweiler und Altenahr mit dem gesamten Equipment inklusive Dienstkleidung zerstört worden waren.
Räumlichkeiten und Dienstkleidung mussten organisiert werden
Es galt also, schnellstmöglich neue Unterkünfte und Dienstkleidung zu organisieren, was dank der guten Vernetzung mit wichtigen Partnern schnell geschafft wurde. Die Mitarbeiter aus Altenahr kamen zunächst in den Räumlichkeiten des DRK-Ortsvereins Grafschaft unter. Das Rettungsfachpersonal der Wache Bad Neuenahr betrieb den Rettungsdient zuerst aus den Räumlichkeiten des Krankenhauses Bad Neuenahr, kurze Zeit später aus der Klinik Niederrhein. „Ich empfinde noch heute große Dankbarkeit für die schnelle Hilfe, die wir damals erhalten haben“, sagte Backes.
Mit Unterstützung des DRK-Bundesverbandes wurde zwei Wochen nach der Flut für die völlig zerstörte Rettungswache Altenahr eine Containerwache mit elf Containern in Gelsdorf errichtet. Nach drei Monaten fand die teilzerstörte Wache Bad Neuenahr-Ahrweiler im Grafschafter Innovationspark in 46 Containern eine neue Bleibe. „Ohne die Gemeinde Grafschaft und die Firma Frutania hätten wir das niemals so schnell auf die Beine stellen können. Nur dank dieser Unterstützung konnten wir die rettungsdienstliche Versorgung im Kreis weiterhin gewährleisten“, so Backes.
Errichtung von Container-Rettungswachen
Aufgrund der Ortsveränderung der Rettungswache Bad Neuenahr wurde wegen der einzuhaltenden Hilfeleistungsfristen eine zusätzliche Container-Rettungswache innerhalb von vier Wochen in Kempenich errichtet. Unterstützt wurde der Kreisverband dabei von der Ortsgemeinde Kempenich und einem ansässigen Grundstückseigentümer, die unbürokratisch ein Grundstück zur Verfügung stellten.
Backes und Linden haben nach eigenem Bekunden in den Wochen nach der Flut einfach nur funktioniert und das getan, was getan werden musste: „Das war aber nur möglich, weil wir von unseren Mitarbeitenden auf den Rettungswachen die absolute Unterstützung hatten. Die Solidarität dort war riesig, und deshalb konnten wir vieles in die Wege leiten und umsetzen“, sagten beide. Schon unmittelbar nach der Flut bemerkten sie bei Gesprächen mit den ehren- und hauptamtlichen Helfern, dass sich diese durch die Grenzsituation überfordert und belastet fühlten, und organisierten schnell psychosoziale Notfallversorgung (PSNV).
Psychologische Hilfsangebote für Fluthelfer
Damit sich die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter auch weiterhin helfen lassen können, wurde vier Monate nach der Flut die Diplom-Psychologin Kim Bühler im Kreisverband eingestellt. Bei der Fortbildung stellte sie ihr psychosoziales Angebot vor, das neben vertraulichen Gesprächen mit Ratsuchenden unter anderem auch die supervisorische Begleitung von Teamprozessen, Coachings und Workshops für Führungskräfte sowie interne Fortbildungen umfasst. Der Leitungsebene steht sie zudem mit ihrem Know-how in Fragen der Organisationsentwicklung zur Verfügung.
Die Rettungsdienstleiter diskutierten angeregt, wie es um den Katastrophenschutz in Rheinland-Pfalz bestellt ist und wie er verbessert werden könnte. Um zu zeigen, welche Folgen die Flut auf den Kreis, die Menschen und den Rettungsdienst hatte, lud der DRK-Kreisverband Ahrweiler im Anschluss zu einer Erkundungsfahrt durch die betroffenen Gebiete ein. Die Rettungsdienstleiter besichtigten dabei auch die beschädigte Wache in Altenahr und die neu entstandenen Containerwachen. Backes ist froh, die Fachtagung organisiert zu haben: „Meinen Kollegen und mir ist bewusst geworden, dass wir uns gut vernetzen und uns ein persönliches Netzwerk aufbauen müssen, auf das wir im Ernstfall schnell zugreifen können, um so Hilfe zu erhalten.“ red