Weiter Unmut über die geplanten Renaturierungsarbeiten am Unkelbach - Feuersalamanderpopulation in Gefahr?
Etikettenschwindel beim Naturschutz? Weiter Unmut über die geplanten Renaturierungsarbeiten am Unkelbach
Dieses Bild entstand bei Sanierungsarbeiten an der Uferbefestigung in Unkelbach im Jahr 2017. Die nun geplanten Renaturierungsarbeiten sind weitaus umfangreicher – und mit weit mehr als 1000 Tonnen an Blocksteinen, die dort eingebaut werden sollen, ein schwerer Eingriff in das Biotop, wie viele befürchten. Archivfoto: Walter Jung
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Unkelbach/Remagen. Die Aufregung in Remagens Ortsteil Unkelbach rund um das gleichnamige Gewässer bleibt groß. Wie aufgeheizt die Stimmung zwischen der Stadtverwaltung und den Unkelbachern ist, wurde in der jüngsten Stadtratssitzung offensichtlich. Als Unkelbachs Ortsvorsteher Egmond Eich sichtlich erregt und um Fassung ringend um eine Stellungnahme des Bürgermeisters zu den geplanten Arbeiten am Bach bat, antwortete ihm Bürgermeister Björn Ingendahl nicht ohne Schärfe, dass er in Unkelbach „keine Fackeln und Mistgabeln sehen wolle, auch keine verbalen“. Aber warum regen sich viele Unkelbacher über die von der Stadt eingeleiteten Arbeiten am Unkelbach so auf, obwohl sie selbst diese doch schon seit Jahren fordern?

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Ein Grund ist die offenbar mangelhafte Kommunikation zwischen dem Rathaus und den Unkelbachern samt ihrem Ortsbeirat. „Wir haben selbst nur per Zufall aus dem Amtsblatt erfahren, dass die Stadt die Sanierungsarbeiten am Unkelbach bereits ausgeschrieben hat und uns damit vor vollendete Tatsachen setzt“, so Ortsvorsteher Egmond Eich. Immerhin hat die Stadt nun reagiert und für den 29. Juni zu einer Informationsveranstaltung über die geplanten Arbeiten eingeladen. Doch das wird von einigen aufgebrachten Unkelbachern eher als zusätzliche Provokation wahrgenommen, denn die Arbeiten sind bereits offiziell ausgeschrieben, das Verfahren somit kaum noch aufzuhalten oder abzuändern. Man fühlt sich in Unkelbach hingehalten und übergangen – wieder einmal.

Die Aufregung speist sich aus echter Angst. Mehrfach ist der Ort in den vergangenen Jahren nach Gewittersturzfluten überschwemmt worden, zuletzt im Sommer 2016. Damals entlud sich eine Gewitterzelle mit Starkregen über der Grafschaft und Oedingen und führte zu Katastrophenszenen: Straßen, Häuser und Keller wurden überflutet, Brücken ebenso fortgerissen wie einige Autos, der Unkelbach, meist ein kleines Rinnsal, verwandelte sich in Minutenschnelle in einen reißenden Gebirgsbach. Danach forderten die Anwohner vehement Abhilfe. Doch während in der benachbarten Grafschaft schnell Pläne zum Hochwasserschutz etwa mit dem Bau von Rückhaltebecken umgesetzt wurden, ging es in Remagen nach Ansicht vieler Anwohner viel zu langsam. Als Sofortmaßnahmen wurden hier und da ein paar Holzpflöcke in die Bachläufe eingeschlagen, um die Wucht des Wassers zu bremsen. Und ein langwieriges und seitenstarkes Hochwasserschutzkonzept wurde in Auftrag gegeben.

Als es endlich fertig war, enttäuschte es viele der betroffenen Anwohner, denn die vorgeschlagenen Rezepte gegen neue Fluten blieben weit hinter den Erwartungen zurück. Eine der vielen kleinen Maßnahmen des Konzeptpapiers war auch, das Bachbett des Unkelbachs in einem Teilbereich anzuheben, um dort dem Bach ein breiteres Bett zu schaffen und damit die Fließgeschwindigkeit und die Gefahr von Uferabbrüchen zu verringern.

Dieser Teil des Konzepts soll jetzt umgesetzt werden – jedoch nun plötzlich nicht mehr als Hochwasserschutzprojekt, sondern als Naturschutzmaßnahme im Rahmen der Renaturierung. Das versteht man in Unkelbach auch nicht..

Einer der Kritiker ist Walter Jung, Unkelbacher und selbst als Beamter im Bundesumweltministerium in der Materie nicht ganz unerfahren. „Aus Sicht des Naturschutzes ist der Bereich, der nun naturiert werden soll, schon jetzt extrem wertvoll“, so seine Einschätzung. Er selbst hat dort unter anderem immer wieder Larven und ausgewachsene Exemplare des streng geschützten Feuersalamanders beobachtet. Dort nun eine ursprünglich als Hochwasserschutzmaßnahme geplante und nun als Renaturierungsprojekt gelabelte Anhebung des Bachbetts mit vielen Hundert Tonnen Steinschüttungen, die mit Baggern und Schwerlastern zudem mitten im Sommer dort eingebaut werden sollen, zu veranlassen, kann er nicht verstehen. Oder kann es gar sein, dass die Stadt Remagen hier Fördermittel des Landes, die als „Aktion blau“ eigentlich für den Naturschutz in Fließgewässern vorgesehen sind, auf diese nicht ganz saubere Weise einfach für den Hochwasserschutz einsetzen will, so ein Verdacht von Walter Jung. Und wie ist dabei eigentlich die Rolle der unteren und oberen Naturschutzbehörden im Kreis und bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord? Diese haben nach Aussagen von Bauamtsleiter Gisbert Bachem für die geplanten Arbeiten grünes Licht gegeben. Und welche Rolle spielt eigentlich das jüngste Neubaugebiet in Oedingen in diesem Zusammenhang?, fragt Jung. Wohin fließt eigentlich das Niederschlagswasser, das dort jetzt nicht mehr auf den Wiesen versickern kann – etwa auch in den Unkelbach?

Es gibt viele unbeantwortete Fragen im Ort und noch mehr Misstrauen gegenüber der Stadt. Walter Jung etwa würde es begrüßen, wenn in der Informationsveranstaltung der Stadt auch die Sorgen, Bedenken und die Kritik aus Unkelbach gehört würden und in die Planungen der Stadt und der beteiligten Fachbüros einfließen könnten. Doch die Zweifel daran sind in Unkelbach groß: Zu weit scheint das Verfahren fortgeschritten. Die Entscheidungen scheinen längst gefallen – über die Köpfe der Anwohner und des Ortsbeirates hinweg.

Von unserem Redakteur Christian Koniecki

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