Gelsdorfer Unternehmen Assfinet bietet mehr Lehrstellen an als in den Vorjahren - Bewerber und Stellenangebote bei Arbeitsagentur zurückgegangen
Es geht: Ausbildungsplatz trotz Corona-Pandemie
Bei Assfinet werden die Azubis mithilfe eines hauptsächlich digitalen Mentorenprogramms angelernt. Foto: Celina de Cuveland
Celina de Cuveland

Kreis Ahrweiler. Zugegeben, in der Corona-Krise gibt es viele Verlierer. Doch wo es Verlierer gibt, muss es auch Gewinner geben. Einer von ihnen ist das IT-Unternehmen Assfinet in der Grafschaft.

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Die Firma konnte im vergangenen Jahr nicht nur ihren Umsatz steigern, sondern bietet 2021 auch zwei Lehrstellen mehr an als in den Vorjahren. Und das mitten in einer Pandemie, in der viele Arbeitgeber ganz andere Sorgen haben als das Einstellen von Azubis.

Was also läuft richtig bei Assfinet? „Man muss wirklich sagen, dass wir Glück gehabt haben, eben weil wir ein Unternehmen in der IT-Branche sind“, sagt Erik Heneka, Pressesprecher der Firma. Rund 100 Mitarbeiter arbeiten bei Assfinet täglich an digitalen Verwaltungs- und Vertriebslösungen für den Versicherungsmarkt.

Gebraucht werden dabei vor allem Programmierer. „Wir profitieren von der Krise, weil jetzt nahezu jedes Unternehmen auf digitale Lösungen setzen muss“, berichtet Heneka. „Im vergangenen Jahr sind neue Berufswege in der IT-Branche geschaffen worden, etwa der sogenannte Fachinformatiker für Daten- und Prozessanalyse. Da ist es naheliegend, dass wir zusätzliche Lehrstellen in diesen neuen Bereichen anbieten“, ergänzt er. Statt wie bisher sechs, gibt es bei Assfinet jetzt acht Ausbildungsplätze – und das in fünf Berufen. Drei der acht Lehrstellen sind bereits vergeben. Für die anderen laufen die Bewerbungsgespräche noch. Auch die Zahl der Bewerber sei gestiegen, meint Heneka. „Durch die Krise hat sich der Berufswunsch vieler Bewerber verändert. Plötzlich ist es wichtig, auch in Krisenzeiten einen sicheren Job zu haben“, berichtet er. Da würden die Kandidaten aus anderen Branchen regelrecht in die IT-Sparte abwandern. „Tatsächlich bewerben sich gerade beispielsweise auch Fachinformatikstudenten auf eine Ausbildung bei uns, die ihr Studium abgebrochen haben, weil es ihnen zu wenig Praxiselemente enthält“, erzählt Heneka. Die Bewerbungsgespräche laufen per Videokonferenz. Der Bewerber wird erst einmal telefonisch kontaktiert, dann ein Termin für einen Videoanruf abgemacht.

Für viele andere Firmen ist die Azubisuche und auch das Angebot von Ausbildungsplätzen dagegen zurzeit ein unliebsames Thema. Häufig ist unklar, wie sich die Situation in der Corona-Pandemie entwickelt, ob das Unternehmen überhaupt überleben kann und wie man die Festangestellten bezahlen soll. Wer hat da schon Zeit, sich um Azubis Gedanken zu machen? Wohl die Wenigsten. Das bestätigt auch die Arbeitsagentur im Kreis Ahrweiler. Nach ihren Angaben suchten bis Monatsende 371 Ausbildungssuchende Rat bei den Berufsberatern der Agentur. 222 von ihnen haben bislang noch keinen Job gefunden. Ihnen stehen 309 unbesetzte Stellen gegenüber.

Sowohl Bewerber als auch Stellenangebote seien gegenüber dem Vorjahr deutlich zurückgegangen, sagt Arbeitsagenturleiter Frank Schmidt. „Das bestätigt unseren Eindruck aus vielen Gesprächen. Während junge Leute sich schwertun, sich angesichts von Schulschließungen und nur telefonisch erreichbaren Berufsberatern überhaupt über ihre Möglichkeiten zu informieren, halten sich viele Arbeitgeber wegen der unklaren Gesamtsituation mit der Ausbildung zurück“, sagt er. Andererseits sei den meisten Betrieben klar, dass von rechtzeitiger Nachwuchsförderung die Nach-Corona-Zukunft ihres Unternehmens abhängen könnte. „Wir hoffen deshalb, dass wir bis zum Ausbildungsstart im Spätsommer trotz der schwierigen Rahmenbedingungen möglichst viele Arbeitgeber und junge Leute zusammenbringen werden“, so Schmidt. Hürden gibt es allerdings noch viele zu überwinden. Das sind etwa die rein digitalen Vorstellungsgespräche, das Arbeiten im Homeoffice – auch für Azubis – und auch Teamveranstaltungen online stoßen in einigen Betrieben auf wenig Verständnis.

Bei Assfinet ist all das längst normal. Die Azubis werden mithilfe eines hauptsächlich digitalen Mentorenprogramms angelernt. „Wir haben die Hoffnung aber auch noch nicht aufgegeben, dass sich die Lage bis zum Ausbildungsstart am 1. August etwas entspannt hat und die Azubis öfter auch ins Büro kommen können“, sagt Heneka. In Teamtreffen werden online Spiele gespielt. Dafür sind die Kicker und Dartscheiben auf den Fluren des Unternehmens seit März 2020 etwas eingemottet. Und es gibt sogar eine digitale Sportgruppe der Mitarbeiter. Jeder macht für sich Sport und kann sich dabei vom Unternehmen sponsoren lassen – der Betrag geht an eine gemeinnützige Organisation.

Laut Erik Heneka sind auch die meisten Bewerber von den digitalen Kennenlerngesprächen positiv überrascht. Gerade die Schüler aus den Abschlussklassen würden sich freuen, wie reibungslos die Technik und Software funktioniert. „Viele sagen, das seien sie aus dem Homeschooling anders gewöhnt“, sagt Heneka und lacht. Und noch eine erfreuliche Nachricht hat er auf Lager: Der Anteil an Frauen unter den Programmierern wächst. Langsamer als in anderen Berufsgruppen, aber er wächst. Heneka: „Wir freuen uns auch wirklich über jede Frau, die sich bei uns bewirbt.“

Von unserer Mitarbeiterin Celina de Cuveland

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