Es ist wahrscheinlich das erste Mal, dass eine Frau der altehrwürdigen Gerberzunft in Adenau seit deren Gründung 1647 vorsteht. Damit kommt der Wahl der promovierten Juristin Christine Beneke eine geradezu historische Bedeutung zu.
Sie freut sich sehr auf die Aufgabe und hat sich bereits intensiv mit der Geschichte der Zünfte befasst, erklärte die neue Zunftmeisterin. Ein paar Akzente will sie setzen, um die Aufgaben der Zunft zeitgerecht zu interpretieren – bei Wahrung der Tradition. Auf die Frage, was sie bewogen hat, die Aufgabe einer Zunftmeisterin anzustreben, antwortete die Juristin, dass die Geschichte der Zünfte auf sie eine ganz eigene Faszination ausübt.
„Soziales Engagement, die Struktur einer Wirtschaftsvereinigung im Mittelalter und ihre Auswirkungen in die heutige Zeit sind einfach spannend“, erklärte Christine Beneke. Sie begrüßt auch den verbindenden Charakter der Gemeinschaft, die Alt und Jung integriere.

Die Insignien der Zunft, den Zunftmeisterhut mit rot-weißem Federbesatz, die gleichfarbige Schärpe und die Zunftstandarte, übergab Zunftgemeinschaftsführer Herbert Fuzzy Bätz am Bauernmuseum der Veedelsgemeinschaft Säujass-Vehmaat an die neue Zunftmeisterin, bevor das Zunftgebet verlesen wurde. Der Jahresbericht schließlich ging auf die Verschönerungs- und Pflegearbeiten im Adenauer Stadtbild ein.
Jeder kann heute Mitglied der renommierten Gerberzunft werden; man muss nicht einen zunfttypischen Beruf ausüben. Die Zünfte möchten ihr ideelles historisches Erbe wahren. Althergebrachtes wird gepflegt, sogar der Verzehr der so genannten Schößchen – Doppelbrötchen aus Weizenmehl, authentisch mit Limburger Käse belegt – beim Konvent. Schutzpatron der Gerberzunft ist der heilige Blasius, Patronatstag ist der 2. Februar.
Die Zunft als solidarische Gemeinschaft
Zu ihrer Blütezeit nahmen die Zünfte wirtschafts- und sozialpolitische Aufgaben für ihre Mitglieder wahr. Die ökonomische Funktion der Vereinigungen bestand darin, durch kartellartige Zugangsbeschränkungen die wirtschaftliche Existenz der Mitglieder zu sichern. Solidarische Gemeinschaft wurde geschaffen, und auch die soziale Fürsorge für die Hinterbliebenen der Zunftmitglieder galt als Verpflichtung.
Die funktionale Bedeutung der Zünfte besteht nicht mehr. Gleichwohl sind die Mitglieder bemüht, den ideellen Geist, der für die Entwicklung in der Eifelmetropole nachhaltig von Nutzen war, zu erhalten. Neben den Arbeiten zum Wohl der Allgemeinheit ist die Repräsentation ein Anliegen, wie das Auftreten bei kirchlichen und weltlichen Festen zeigt. Traditionen werden aufrechterhalten und gepflegt, denn in der Würdigung des Althergebrachten sehen die Zunftbrüder auch eine Chance für die Zukunft.

Umso erfreulicher sei es, dass auch junge Menschen wieder Zugang finden, so die Gerberzunft. Die Verleihung des Ehrenamtspreises 2024 des Kreises Ahrweiler durch Landrätin Cornelia Weigand und die Einladung zum Ehrenamtstag durch Ministerpräsident Michael Schweitzer sind Würdigungen der Arbeit der Zünfte.