Montags ist immer Ruhetag im Wildpark Rolandseck. Und allem Anschein nach wissen das die Schottischen Hochlandrinder ganz genau. Denn anstatt wie sonst so gerne am Zaunrand mit ihrer wilden Mähne zu posieren, verstecken sich die Vierbeiner – ohne die Aufmerksamkeit der Gäste – lieber im Wald. Auch Tiere gewöhnen sich an Routinen, erklärt von Lüdinghausen.
Die 35-Jährige schaut auf ein besonderes Jahr zurück. Die Corona-bedingten Schließungen und Öffnungen hätten den Wildtieren ihre Abläufe genommen. Die Wildtiere seien etwas verwildert – zurückhaltender geworden – und die Haustiere (Ziegen oder Esel) hätten die Menschen sehr vermisst. Auch in den Wintermonaten habe der Park zwar vier Monate geschlossen, doch dieses „Hin und Her von 2020“ habe sich stark bemerkbar gemacht.
Während ein flauschiges Alpakaduo wie ein Begrüßungskommando mit dem Wunsch auf Futter gleich eingangs des Parks vielen Gästen ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern weiß, braucht es schon Geduld, um die scheuen oder nachtaktiven Bewohner zu entdecken: Von Glück kann sprechen, wer dort Wildkaninchen, einen Dachs, Fuchs oder Eichhörnchen sieht. Das Gelände vom Naturpark ist weitgehend naturbelassen. „Bei uns ist es nicht wie im Kölner Zoo, vieles ist auch selbst gebastelt“, verrät von Lüdinghausen. Das handwerkliche Geschick, um einen kaputten Zaun zu reparieren, hat sie sich wie selbstverständlich angeeignet. Wie die Eierlegende Wollmilchsau ist sie Parkmanagerin, Tierpflegerin, Repräsentantin und vieles mehr in einem.
Die beliebte Anlaufstelle für Familien freut sich zu Hochzeiten über bis zu 700 Besucher, an Tagen mit schlechtem Wetter können es aber auch mal nur ein paar wenige sein. Dabei finanziert sich der Wildpark nur von den Eintrittsgeldern. Gerade während einer Pandemie erfordert das vorsichtiges Haushalten. „Wie in jeder Familie wird dann eben auf etwas gespart, bis es geht.“ Das kann ein neuer Eselsstall sein oder neue Zäune.
Und für von Lüdinghausen, da ist der Wildpark so etwas wie Familie, „es ist mein Zuhause“. Bereits als Kind half sie an der Kasse aus, als Studentin schrieb sie Rechnungen, und nun hat sie die Leitung inne – nachdem ihr Vater mit über 70 Jahren altersbedingt gerne die Nachfolge regeln wollte. Dafür kam die studierte Lehrerin dann auch gern aus Namibia zurück.
Mehrere Jahre und den Großteil ihrer Semesterferien verbrachte von Lüdinghausen regelmäßig in einem Auffanggehege für Wildtiere in Afrika. „Der Sternenhimmel, das Licht, alles ist dort intensiver. Das ist wie ein krasser Filter, der alles verstärkt“, schwärmt die gebürtige Rolandseckerin. Direkt nach Abschluss ihres 2. Staatsexamens habe sie ein Ticket nach Namibia gebucht. „Mein Herz hat stets mehr für Wald- und Wildtiere geschlagen als für den Schulalltag.“
Die Arbeit mit Raubtieren wie Geparden erfordere eine andere Vorsicht. Aber letztendlich brauche sowohl das Aufpäppeln eines Geparden als auch jenes eines Esels einfach Fürsorge und Aufmerksamkeit. „Die Verantwortung ist für jedes Lebewesen gleich.“ Die alte und neue Heimat, den Wildpark Rolandseck, empfindet sie als „Ort der Erholung“. Sie setze sich gern auf eine Bank und schalte einfach ab. „Wenn dann noch der Lieblingsmufflon vorbeikommt, dann hat man alles andere vergessen.“
Da noch unklar ist, wie sich die Pandemie weiterentwickelt, fällt von Lüdinghausen auch die Planung um eine Geburtstagsfeier für den Park schwer. Fest steht, dass es einen Film sowie ein Buch geben soll. Ob ein Waldfest möglich sein wird, lässt sie offen. Wiederum sicher ist sie sich mit ihrer Aufgabe als Leiterin des Wildparks. Auch wenn Namibia ein Sehnsuchtsort bleibe, und mancher Urlaub dort noch verbracht werden solle, hofft sie, den Park ebenso lange wie ihr Vater bis ins hohe Alter führen zu können.