Karneval und Bundestagswahl – ob das in Einklang zu bringen ist? Im Vorfeld der Wahlen zum 21. Deutschen Bundestag stand bei vielen Jecken und Narren diese bange Frage im Raum. Nicht aber in Adenau. Dort steht der 23. Februar nicht nur im Zeichen der Bundestagswahl, sondern auch im Zeichen der Jecken und Narren: Ab 14.11 Uhr findet in der Hocheifelhalle die Kindersitzung des KG Rot-Weiß Adenau statt.
„Karneval und Wahlen? Das stresst hier in der Eifel keinen. Wir sind da ganz flexibel. Das ist bei uns so ein typisches Eifel-Ding“, ist die einhellige Meinung von Passanten, Jecken und Wählern, die am Wahlsonntag vorherrscht. Und tatsächlich: Bereits seit den frühen Vormittagsstunden sind bei strahlendem Sonnenschein viele Menschen in der Stadt am Nürburgring zu beobachten, die zielstrebig auf die beiden Wahllokale zusteuern, die in diesem Jahr in der Adenauer Grundschule eingerichtet worden sind. Neben den grauen Umschlägen mit den Wahlbenachrichtigungen haben viele von ihnen große Körbe dabei aus denen vielfach verführerische Kuchen und Muffins hervorschauen – für das große Kuchenbuffet später beim Kinderkarneval, heißt es vielfach. Im Schlepptau dieser Passanten: Einhörner, Rehe, Prinzessinnen und Magier. Auch eine Abordnung der Jedi-Ritter wird in Höhe der Hocheifelhalle gesichtet.

„Erst wählen gehen, dann feiern“, lachen viele von ihnen, bevor sie fröhlich in einem der beiden Wahllokale im Inneren der Grundschule verschwinden. Unter ihnen diesen gut gelaunten Wählern ist auch Familie Wiesner.
Fröhlich schieben die Eltern gemeinsam einen Kinderwagen in Richtung Grundschule, während ihr Söhnchen munter vorweg läuft und den Weg weist. Wählen zu gehen, ist den Eltern wichtig, verraten sie. Wen sie wählen wollen, diese Entscheidung sei allerdings im Vorfeld schwierig gewesen. Die neuen Bestimmungen im Bundeswahlgesetz insbesondere nach Wegfall der Überhangmandate-Regelung bereiten ihnen Sorge. „Einerseits möchte man die großen Parteien von ihrem hohen Ross herunterstoßen, andererseits ist die Angst natürlich groß, dass wenn man kleine Parteien wählt und diese an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, die Stimmen dann verschenkt sind“, bringen sie das Dilemma auf den Punkt.

Mit dieser Sorge sind die beiden Eltern, die sich von der künftigen Bundesregierung eine familienfreundlichere Politik wünschen, nicht. Auch Manuela Henn hat sich die Stimmabgabe nicht leicht gemacht. „Ich habe nicht mehr das Gefühl, dass die Parteien zum Wohle des Volkes agieren“, sagt die Alleinerziehende, während sie mit Sohn Louis vor der nahen Hocheifelhalle steht. Nur noch wenige Minuten, dann heißt es für den jungen Jeck, seinen Platz im Elferrat einzunehmen. „Der Frust über die Regierung ist in der Gesellschaft deutlich zu spüren“, so Henn weiter und betont, während sie noch einmal zur nahen Grundschule hinüberschaut und dann ihrem Sohn aufmunternd zulächelt und ihm bedeutet, in die Halle zu gehen: „Aber nicht zu wählen, ist auch keine Option. Denn dann verändert sich nichts.“
Nicht zu wählen, das ist nicht nur für Manuela Henn keine Option. „Wir haben bei dieser Bundestagswahl eine sehr hohe Wahlbeteiligung“, lautet vielmehr das Fazit aus den beiden Wahllokalen. Gut die Hälfte der Wahlberechtigten in Adenau hat bereits am Vormittag ihre Stimmen abgegeben. Für Frank Wisniewski, Stadtbürgermeister von Adenau, ein gutes Zeichen. „Es läuft alles sehr gut“, lächelt er, während er gemeinsam mit weiteren Mitarbeitern Wahlunterlagen an Wähler ausgibt und darauf achtet, dass die Stimmzettel auch ordnungsgemäß in die Urnen geworfen werden.

Dass gleichzeitig mit der Bundestagswahl eine Karnevalsveranstaltung stattfindet, bewerten die Wahlhelfer nicht als Widerspruch. „Karneval und Wahlen – da gibt es keine Konkurrenz“, bringt es Thomas Sebastian aus Sicht des Wahlhelferteams auf den Punkt. Und auch Marcel Bitten lacht. „Nein, da gibt es keine Probleme“, sagt er während er zu seinen beiden Kindern, Mats und Lotte, blickt. Mit beiden wird er gleich zur Hocheifelhalle hinübergehen und dabei zusehen, wie Mats und Lotte als Mitglieder des Elferrats für gute Stimmung unter den jungen Jecken sorgen werden.

Dass sich närrisches Treiben sich nicht negativ auf die Bundestagswahl in der Verbandsgemeinde Adenau auswirkt, bestätigt auch Bernhard Jüngling. „Karneval ist keine Konkurrenz für die Wahl“, sagt der Leiter des Fachbereichs Organisation und Verwaltungssteuerung in der Verbandsgemeinde Adenau. „Wer weiß, dass er es heute nicht zum Wählen schafft, hatte die Möglichkeit, per Briefwahl seine Stimmen abzugeben“, sagt er. Während er dies sagt, blickt Jüngling auf einen großen Berg roter Umschläge, die sich auf einem Tisch in seinem Büro stapeln. „Das sind die Briefwahlstimmen, die seit heute Morgen abgeben wurden“, erklärt er und schiebt lächelnd nach: „Aber das sind natürlich nicht alle Briefwahlstimmen. Die vielen weiteren haben wir bereits in viele Kisten gestapelt und sind bereit, sie nach Schließung der Wahllokale auszuzählen.“

10.266 Wahlberechtigte gibt es in der Verbandsgemeinde Adenau, knapp die Hälfte von ihnen hat sich für eine Abstimmung per Briefwahl entschieden. „Nach derzeitigem Stand liegt die Beteiligung per Briefwahl bei rund 42 Prozent“, bilanziert Jüngling und schiebt sogleich hinterher, in der Stadt Adenau hätte rund die Hälfte der gut 1000 Wahlberechtigten ihre Stimmen per Briefwahl abgegeben. Auch mit der sonstigen Wahlbeteiligung ist der Fachbereichsleiter zufrieden. „Es ist zwar ruhiger als bei einer Kommunalwahl. Aber das ist normal. Dennoch merken wir bei dieser Bundestagswahl sehr deutlich, dass es vielen Menschen ein Anliegen ist, zu wählen.“

Wie die Wahl wohl ausgehen mag – bei dieser Frage können sowohl die Helfer in den Wahllokalen und im Briefwahllokal ebenso nur spekulieren wie die kleinen und großen Jecken und Narren in der Hocheifelhalle. „Wir hoffen das Beste“, ist das überwiegende Credo der Letzteren und sagen mit einer großen Portion Eifeler Gelassenheit: „Nach 18 Uhr wissen wir mehr.“ Wie die Welt dann künftig aussieht, darüber wollen sie sich am Sonntagmittag noch keine Gedanken machen. Hastig strömen auch die letzten Jecken in die bereits voll besetzte Hocheifelhalle. Wenige Augenblicke brechen Jubelstürme im Saal aus: Der Elferrat zieht unter tosendem Beifall ein und begrüßt alle, die sich an diesem besonderen Sonntag in die Halle aufgemacht haben, mit einen dreifachen „Adde Alaaf!“