Übungs- und Demonstrationstag zur Unterstützung von Einsatzkräften mit vier Stationen im Flutgebiet
Drohnen fliegen für die Katastrophenhilfe: Demonstrationstag im Ahrtal
Auf dem ehemaligen Seilbahn-Parkplatz in Altenahr steuern Mitglieder der Bergwacht Rhön-Spessart eine Drohne. Foto: dpa
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Hätten schneller vorliegende Fotos und Daten von der Hochwasserentwicklung an der Ahr, genauere Prognosen und intensivere Kommunikation die Einsätze der Feuerwehren, die Entscheidungen der Leitstellen, der politisch Verantwortlichen sowie auch jedes einzelnen schließlich betroffenen Bürgers verändert und das Ausmaß der Flutkatastrophe mit Milliardenschäden und 134 Todesopfern mildern können?

Auf dem ehemaligen Seilbahn-Parkplatz in Altenahr steuern Mitglieder der Bergwacht Rhön-Spessart eine Drohne. Foto: dpa
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Prof. Dr. Ing. Christian Wiefeld und sein Forscherteam der TU Dortmund beschäftigen sich mit dem Datentransport und der Kommunikation im Einsatzfall.
Frank Bugge
In den Rechnern in den Einsatzfahrzeugen laufen die Fotos und Daten der Drohnen ein und werden für die Lagebeurteilung und gemäß den Erfordernissen der Einsatzkräfte aufgearbeitet.
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Pierre Ulfig (rechts) von der Firma Quantum Systems und Projektleiter von MEDin Time stellt bei Laach eine Drohne vor, die von einem Fahrzeug aus senkrecht starten und unter anderem Medikamente transportieren kann.
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Lukas Angermann und Magdalena Halbgewachs vom ZKI zeigen, wie bei ihnen die Drohnenfotos aufgeabeitet werden um etwa Gebäude, Autos und Personen schneller erkennen zu können.
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Auf dem ehemaligen Seilbahn-Parkplatz in Altenahr steuern Drohnenpiloten der Bergwacht Rhön-Spessart eine Quadrocopter-Drohne, die Fotos und Daten für die Lagekarten liefert.
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Auf dem ehemaligen Seilbahn-Parkplatz in Altenahr steuern Drohnenpiloten der Bergwacht Rhön-Spessart eine Quadrocopter-Drohne, die Fotos und Daten für Lagekarten liefert.
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Eine Frage, die niemand von den Veranstaltern und den gut 60 Katastrophenschutzexperten annehmen will, die an diesem Samstagmorgen zum Auftakt eines Übungs- und Demonstrationstages im Feuerwehrhaus in Adenau zusammengekommen sind. Dabei liegt diese Frage beim deutsch-österreichischen Forschungsprojekt „Aifer“ auf der Hand: Die Abkürzung steht für „Artificial Intelligence for Emergency Response“ und Ziel ist es, Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) zu entwickeln, die Informationen aus Satelliten-, Luftbild- und Drohnendaten sowie aus sozialen Netzwerken automatisiert erkennen und der „Blaulichtfamilie“ zur Verfügung stellt.

Es gehe, wie Dr. Marc Wieland vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) erläuterte, nicht nur darum, im akuten Einsatzfall selbst aktuelle Infos vor Ort abzuholen, sondern auch automatisiert auf vorliegende Daten bis hin zu Handyinformationen von Bürgern in Sozialen Netzwerken zuzugreifen. Die Datenflut müsse gefiltert und in Lagekarten abgebildet werden.

Grundlage für Entscheidungen

In einem zweiten Schritt können Gefährdungsgebiete (zum Beispiel Hochwasserflächen), exponierte Objekte (zum Beispiel Gebäude oder Fahrzeuge) oder Personen sowie Veränderungen (zum Beispiel Gebäudeschäden) automatisch dargestellt werden. „Dieses Lagebild bildet eine Grundlage für Entscheidungen von Behörden und Rettungskräften vor Ort“, so Dr. Konstanze Lechner vom Zentrum für satellitengestützte Krisenkommunikation (ZKI), das unmittelbar nach der Flut bereits Ahrtalkarten geliefert hat.

Diese Luft- und Drohnenaufnahmen stehen als Material zur Verfügung; auch das „Aifer“-Projekt war bereits von einem Jahr schon einmal im Tal unterwegs. Jetzt gab es eine neuerliche Befliegung als teilrealistische Übung, basierend auf vier Forschungsprojekten von Wissenschaftlern, Entwicklungsfirmen und „Anwendern“ von der Seenotrettung über die Bergrettung bis hin zur Feuerwehr Dortmund. Es ging um die richtige Drohnenaufnahme an sich, die „robuste“ Datenübermittlung in den Einsatzgebieten, die Entwicklung von Methoden zur automatischen Bildauswertung und schließlich auch die Rückmeldung von den Einsatzkräften darüber, ob die gelieferten Daten gebraucht werden und „einsatztauglich“ sind.

Pierre Ulfig (rechts) von der Firma Quantum Systems und Projektleiter von MEDin Time stellt bei Laach eine Drohne vor, die von einem Fahrzeug aus senkrecht starten und unter anderem Medikamente transportieren kann.
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Fürs Ahrtal wurden konkret aus den Fotos der erneuten Befliegung lagegenaue, verzerrungsfreie, digitale Fotos und 3-D-Oberflächenmodelle erstellt, die für den Wiederaufbau und den Hochwasserschutz genutzt werden können.

Vom ehemaligen Seilbahn-Parkplatz in Altenburg aus machten Tobias Meindl und sein Team von der Bergwacht Rhön-Spessart mit ihrem Quadrocopter vom Typ DJI M 300 RTK, ausgerüstet mit einem zoomfähigen Fotomodul mit Infrarotmöglichkeit, neue Aufnahmen von Altenahr und Altenburg. Die wurden unmittelbar vor Ort am PC von Lukas Angermann und Magdalena Halbgewachs vom ZKI übernommen und bearbeitet. Sie standen bereits zum Ende des Tages für die Lagebewertung zur Verfügung.

Transport von Medikamenten möglich

An der Ahrtalstraße bei Laach präsentierte Pierre Ulfig von der Firma Quantum Systems eine Drohne samt Einsatz- und Startfahrzeug und Software aus dem Forschungsprojekt „MEDinTime“. Mit der automatisiert per Missionsplanungsoftware fliegenden Drohne wird der Transport von Medikamenten und aller möglichen Proben in schwer zugänglichen Gebieten geprobt.

Um Erkundungen an gefährlichen Einsatzorten ging es auch in Rech. Das Deutsche Robotik-Zentrum zeigte einen mit Laserscanner und unterschiedlichen Sensoren ausgestatteten ferngesteuerten, sehr mobilen und robusten Roboter, der etwa Daten aus Räumen für 3-D-Darstellungen liefert kann. Eine Drohne über Rech wurde nebenan gesteuert von der Drohneneinheit der Feuerwehr Dortmund, die quasi für das Robotik-Zentrum die Praxiserprobung liefert.

Das Deutsche Rettungsrobotik-Zentrum (DRZ) aus Dortmund stellt in Rech den Bodenroboter „ANYmal“ vor Foto: Frank Bugge
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Als sehr „einsatznah“ bezeichnete Thomas Lübcke vom Seenotrettungsdienst die Unterstützung durch unbemannte Luftfahrsysteme, die zum Abschluss des Tages oberhalb von Dernau mit dem Projekt „Larus“ vorgestellt wurde. Das bayrische DRK, das eine Abteilung Rettungsdienst- und Sicherheitsforschung hat, hatte hier im Einsatzleitwagen der Feuerwehr Bad Neuenahr-Ahrweiler zum einen die Koordinationsstelle für die vier unterschiedlich langen Drohnenbefliegungen im Ahrtal aufgebaut und geleitet, zum anderen den Flug einer Großdrohne überwacht, die bis zu sieben Stunden in der Luft bleiben und so große Gebiete erkunden oder lange Lageunterstützung liefern kann.

Bei „Larus“ geht es darum, „Innovationen in den Einsatz zu bringen“, wie es Lübcke ausdrückte. Außer den Seenotrettern nutzen THW und DRK dieses Drohnensystem. Unterstützung gab es für den Bereich „Datentransport und Kommunikation“ von Forschern der TU Dortmund unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Christian Wietfeld und der TH Aachen.

Sieben Einsatzdrohnen im Ahrkreis

Für Einsätze von Feuerwehren und Rettungsdiensten gibt es im Kreis Ahrweiler sieben Drohnen. Drei Drohnen inklusive der Bedientrupps sind für alle Wehren im Kreis bei der Feuerwehr in Bad Bodendorf abrufbar, wie Brand- und Katastrophenschutzinspekteur Michael Zimmermann erläuterte. Die Wehren in Wassenach, Dernau und Ahrbrück haben sich eigene Quadrocopter angeschafft, berichteten Jannis Klaes und Anna-Lina Helbing von der „Drohneneinheit“ Ahrbrück. Während des Hochwassers war eine der Kreis-Drohnen in Schuld im Einsatz. Informationen von den Drohen kamen zur Unterstützung der Wehren bei den Großbränden Kurhaus Bad Neuenahr oder Abfallwirtschaftsbetrieb auf der Scheid. Mithilfe der Dernauer und Ahrbrücker Drohne endete zuletzt eine Vermisstensuche in den Weinbergen von Dernau erfolgreich. Die siebte Drohne im Kreis ist laut Zimmermann beim DRK Grafschaft stationiert.

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