Ärger bei der FDP Ahrweiler
Doppelfunktion einer Kreisbeigeordneten stößt auf Unmut
Unruhige Zeiten sind im Kreistag Ahrweiler angebrochen. In den Reihen des FDP-Kreisverbands brodelt es derzeit.
Hilko Röttgers

Nicht nur auf Bundesebene ist die politische Situation in der FDP angespannt, auch im Kreis Ahrweiler brodelt es seit Längerem in den Reihen der politisch Engagierten. Nun sah sich ein Parteimitglied zum Austritt gezwungen, weitere könnten folgen.

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Was ist nur los bei der FDP? Diese Frage dürfte sich in diesen Zeiten so mancher stellen. Und dies nicht nur in Zeiten des Ampel-Aus. Vielmehr ist die Stimmung auch auf Kreisebene derzeit angespannt. Unter vorgehaltener Hand ist von großer Missstimmung unter den Parteimitgliedern die Rede, insbesondere das kommunikative Gebaren des FDP-Kreisverbandvorstands sorgt für Unmut.

Eine, die jüngst Konsequenzen aus den derzeitigen parteiinternen Zuständen bei der FDP im Kreis Ahrweiler gezogen hat, ist Daniela Thiesen. Einst, am 6. Februar 2015, hatte sich die politisch engagierte Adenauerin der FDP im Kreis Ahrweiler angeschlossen und war seitdem im Ortsverband Adenau tätig. Während der konstituierenden Sitzung des frisch gewählten Kreistags am 12. Juli 2024 gab sie ihren Parteiaustritt bekannt. Ihr politisches Engagement führt Thiesen seitdem als Fraktionslose im Adenauer Stadtrat fort. Im Verbandsgemeinderat bildet Daniela Thiesen gemeinsam mit Ulrike Nett (FDP) eine Fraktion.

Viele Jahre war Daniela Thiesen Mitglied der Ortsgruppe der FDP in Adenau, im Juli dieses Jahres ist sie aus der Partei ausgetreten.
Claudia Voß

„Einsetzen möchte ich mich trotz meines Parteiaustritts auch weiterhin für meine Heimatstadt. Mein Ziel ist es, weiterhin eine faire und bürgernahe Sachpolitik in Adenau zu machen, damit wir die Chance haben, bei der nächsten Wahl der allgemeinen Politikverdrossenheit entgegenzuwirken“, betont sie einige Wochen nach dieser öffentlichen Vorstellung ihrer Stadtratsposition im Gespräch mit unserer Zeitung. „Mein Austritt hat nichts mit der Arbeit im Adenauer Stadtrat zu tun – und auch nichts mit der Arbeit in der Adenauer Ortsgruppe der FDP. Vielmehr habe ich die Arbeit in der FDP-Ortsgruppe, ebenso wie die mit den weiteren Stadtratsmitgliedern, immer sehr gern gemacht und die Zusammenarbeit als sehr positiv und fair empfunden und hoffe, dass wir dieses gute Miteinander im Stadtrat auch weiter fortsetzen.“

Doppelfunktion stößt auf Unverständnis

Doch warum dann der Parteiaustritt? Auf diese Frage hat Daniela Thiesen eine klare Antwort. Das Vorgehen des FDP-Kreisvorstands bei der Besetzung der Kreistagsfraktion und die parteiinterne Kommunikation, gibt sie als Stichworte.

Was war passiert bei der konstituierenden Kreistagssitzung im Juli? Aufgrund des Abstimmungsergebnisses von insgesamt 5,7 Prozent bei der Kommunalwahl im Juni hat die FDP drei der insgesamt 46 Kreistagsmandate errungen. Besetzt wurden diese mit Ulrich van Bebber, FDP-Kreisvorsitzender, der die FDP-Fraktion im Kreistag vertritt (insgesamt 6414 Stimmen), sowie mit Christina Steinhausen, stellvertretende FDP-Kreisvorsitzende (7600 Stimmen), die zugleich in diesem Kreistag das Amt der zweiten Kreisbeigeordneten ehrenamtlich übernimmt, außerdem mit Dominik Graf von Spee (5105 Stimmen). Mit einem Wahlergebnis von 4219 Stimmen landete Daniela Thiesen auf Platz vier der FDP-Kreistagsliste. Alles gut soweit, wäre da nur nicht das Verhalten Christina Steinhausens rund um ihre Doppelfunktion im Kreistag, das einigen FDP-Mitgliedern im Kreisverband sauer aufstößt.

„Im Kreis Ahrweiler ist es unüblich, dass ein Kreistagsmitglied zugleich Kreisbeigeordneter oder Kreisbeigeordnete, also Vertreterin oder Vertreter der Landrätin ist.“
Brigitte Schmickler, FDP Remagen

Nach den Normen der rheinland-pfälzischen Landkreisordnung ist es grundsätzlich zulässig, dass Kreistagsmitglieder neben ihrem Kreistagsmandat auch das Amt eines ehrenamtlichen Kreisbeigeordneten übernehmen. „Im Kreis Ahrweiler ist es aber unüblich, dass ein Kreistagsmitglied zugleich Kreisbeigeordneter oder Kreisbeigeordnete, also Vertreterin oder Vertreter der Landrätin ist“, bringt Brigitte Schmickler, Mitglied des FDP-Ortsverbands Remagen das Problem auf den Punkt.

Fest steht: Bereits bei der konstituierenden Sitzung nach der Kommunalwahl 2019 hatte Christina Steinhausen ein Kreistagsmandat errungen und war auch ins Amt einer Kreisbeigeordneten gewählt worden. „Damals gab sie das Kreistagsmandat aber auf mit dem Hinweis, dass sie nicht beide Ämter gewissenhaft ausüben könne“, erinnert sich Brigitte Schmickler. Die FDP-Fraktion setzte sich nach der Aufgabe des Kreistagsmandats von Christina Steinhausen aus Ulrich van Bebber, Dominik Graf von Spee und David Jacobs zusammen, der für Steinhausen nachgerückt war. Bei der Kommunalwahl 2024 landete Jacobs auf Platz fünf.

Dass Steinhausen bei der erneuten Ernennung zur Kreisbeigeordneten im Juli nicht wieder auf ihr Kreistagsmandat verzichtete und damit den Weg für Daniela Thiesen als Nachrückerin in den Kreistag freimachte, habe noch während der konstituierenden Kreistagssitzung zu lautstarken Auseinandersetzungen in der FDP geführt, erinnern sich Schmickler und Thiesen. Denn, dass Christina Steinhausen, anders als 2019, nicht von ihrem Kreistagsmandat zurücktreten wollte, sei vorab nicht in der Partei kommuniziert worden. Viele Mitglieder seien daher von der Entscheidung der Kreisbeigeordneten überrascht worden.

„Es ging mir allerdings nie darum, Kreistagsmitglied zu werden. Vielmehr hätte es mich gefreut, wenn auch einmal jemand aus der Verbandsgemeinde Adenau im Kreistag sitzen würde.“
Daniela Thiesen, Adenau

Auch in der Kreisverwaltung sei man vor der konstituierenden Sitzung davon ausgegangen, dass die frisch gewählte Kreisbeigeordnete den Weg für Thiesen frei geben könnte. „Ich habe vor der Sitzung ein Schreiben von der Kreisverwaltung bekommen, dass ich eventuell nachrücken würde“, erinnert sich selbige noch gut an den Brief, betont aber auch: „Es ging mir allerdings nie darum, Kreistagsmitglied zu werden. Vielmehr hätte es mich gefreut, wenn auch einmal jemand aus der Verbandsgemeinde Adenau im Kreistag sitzen würde. Denn die ist schwach im Kreistag vertreten.“

Und nicht nur im Kreistag sieht Thiesen die Verbandsgemeinde Adenau unterrepräsentiert, auch FDP-intern werde Adenau seit mehreren Jahren gemieden. „Wir werden hier oben nicht in Veranstaltungen einbezogen, auf interne Anfragen von uns wird nicht reagiert“, sagt sie und bilanziert: „Es gibt keine Kommunikation zwischen dem Kreisverbandsvorstand und der Ortsgruppe Adenau. Wir haben in den vergangenen Monaten Stammtische veranstaltet und hierzu auch immer den Kreisverbandsvorstand eingeladen. Aber nie war jemand da“, gibt Thiesen ein Beispiel für die Misskommuniaktion zwischen Ortsgruppe und Kreisverband, bevor sie nachschiebt: „Wir erfahren aber auch nicht, wenn Parteimitglieder austreten. Es ist schon mehrfach passiert, dass wir diese Menschen dann angeschrieben und zu Treffen eingeladen haben. Das ist für uns als Ortsgruppe mehr als peinlich und wirkt einfach nur unprofessionell.“

Interne Kommunikation gestört

Ähnliche Erfahrungen hat auch Brigitte Schmickler, Mitglied in der FDP-Ortsgruppe Remagen gemacht. „Ich bin seit 1993 FDP-Mitglied und habe schon viel erlebt. Aber solche Querelen, wie es sie seit einiger Zeit in der FDP im Kreis Ahrweiler gibt, hatte ich bis dahin noch nicht erlebt. Auf Bundesebene mag so etwas normal sein, aber nicht hier“, sagt die Remagenerin empört. „Wir haben all die Jahre sehr gut zusammengearbeitet im Kreisverband. Wir haben uns regelmäßig ortsgruppenübergreifend ausgetauscht.“ Geändert habe sich diese Form der Zusammenarbeit nach der Kommunalwahl 2019. „Seitdem gibt es keine ortsgruppenübergreifenden Einladungen mehr“, so Schmickler und betont: „Wenn die Formation an der Vorstandsspitze so bleibt, dann sehe ich schwarz für die FDP. Dann wird es noch weitere Austritte geben.“

Wie sehr beide Frauen die derzeitigen Entwicklungen in der FDP im Kreis Ahrweiler bedauern, ist ihnen anzumerken. „Als ich in die FDP eingetreten bin, habe ich es aus Überzeugung getan. Mir gefällt der liberale Gedanke“, sagt Daniela Thiesen und schiebt nach einem kurzen Moment hinterher: „Dass es einmal mit der FDP so endet, hätte ich mir nie vorstellen können, denn ich habe viel Zeit in der Partei verbracht.“ Auf die Frage, ob sie sich vorstellen könne, in eine andere Partei einzutreten, schüttelt sie den Kopf: „Es ist nicht schön, als Fraktionslose immer allein zu sein. Aber einer Partei würde ich mich heute nicht mehr anschließen.“

„Der Verzicht auf ein Kreistagsmandat ist eine persönliche Entscheidung des jeweiligen Kreistagsmitglieds. Dazu kann die Kreisverwaltung Ahrweiler keine Stellungnahme abgeben.“
Statement der Kreisverwaltung Ahrweiler zur Doppelfunktion ihrer Kreisbeigeordneten

Landrätin Cornelia Weigand war in ihrer Funktion als Kreischefin gegenüber unserer Zeitung nicht zu einer persönlichen Stellungnahme zum FDP-Debakel rund um die Doppelfunktion von Christina Steinhausen im Kreistag bereit. Über ihre Pressestelle teilte die Kreisverwaltung jedoch mit:

„Christina Steinhausen wurde bei den Kommunalwahlen 2024 am 9. Juni 2024 in den Kreistag des Landkreises Ahrweiler gewählt und in der konstituierenden Sitzung am 12. Juli 2024 als Kreisbeigeordnete gewählt.“ Diese Doppelfunktion sei zulässig, so die Kreisverwaltung und führte begründend aus: „§ 47 Landkreisordnung listet in Absatz 2 abschließend die Fälle auf, in denen eine Unvereinbarkeit von Amt und Mandat vorliegt. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Von daher ist es zulässig, dass die oder der Kreisbeigeordnete gleichzeitig Mitglied des Kreistages ist.“

Zudem sei die Kreisverwaltung Ahrweiler sicher, dass die Kreisbeigeordnete Steinhausen ihr Amt auch weiterhin im Wohle des Kreises ausführen werde und betonte in diesem Zusammenhang: „Der Verzicht auf ein Kreistagsmandat ist eine persönliche Entscheidung des jeweiligen Kreistagsmitglieds. Dazu kann die Kreisverwaltung Ahrweiler keine Stellungnahme abgeben.“

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