1 In welchen Großstädten rund um den Kreis Ahrweiler herum dürfte es für bestimmte Dieselfahrer schwierig werden? 40 Mikrogramm an Stickoxiden pro Kubikmeter Luft ist der Grenzwert, der nicht überschritten werden darf – Bonn, Köln und Düsseldorf schaffen das nicht. Dort wird das Limit überschritten und mittelfristig, frühestens in sechs Monaten, drohen in diesen Städten ganz, zeit- oder streckenweise Fahrverbote für Dieselfahrzeuge. Die Stadt Koblenz liegt genau bei diesem Grenzwert. Auch dort sind Fahrverbote also nicht unwahrscheinlich. 1719 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte aus dem Kreis Ahrweiler (IHK-Studie, Stand: 30. Juni 2016) pendeln regelmäßig in diese Städte aus. Und auch wenn einige von ihnen öffentliche Verkehrsmittel oder Benziner nutzen dürften, bleibt dich sicherlich eine Zahl von mehreren Hundert Berufspendlern übrig, die ihren Arbeitsplatz in einer der betroffenen Großstädte bislang mit ihrem Dieselfahrzeug erreichen – und für die bald das Aus kommen könnte.
2 Lässt sich ein Dieselfahrverbot kontrollieren? Wenn Tausende illegal die Städte fluten, wird es für die Polizei eng. Konsequente Kontrollen eines Fahrverbots wären, so Benno Langenberger, „bis auf gelegentliche Stichproben nicht möglich“. Der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft fordert personelle Aufrüstung: An Polizisten müsste es 10.000 Vollzeitstellen in Rheinland-Pfalz mehr geben, „dafür reichen 500 Einstellungen im Jahr nicht aus“. Außerdem sei es nicht die vordringliche Aufgabe der Polizei, Fahrverbote in den Städten wie Mainz oder Ludwigshafen zu kontrollieren. Und die Dieselautos der Polizei selbst? Dürfen die in die Städte? Genaue Zahlen kennt der Gewerkschafter nicht. Nur so viel: „Da die Motoren der Dienstfahrzeuge von der Stange sind, halten sie genauso oder genauso wenig die Grenzwerte ein wie Privatautos.“
3Wie reagiert das Handwerk, das auspendeln muss? „Was sollen wir denn machen, wenn das Fahrverbot kommt? Sollen wir denn dann unseren Kunden in Bad Godesberg oder Bonn sagen, zu euch kommen wir nicht, eure Heizung reparieren wir nicht, weil ihr in einer Dieselfahrverbotszone wohnt“, fragt Kreishandwerksmeister Frank Wershofen. Und er stellt sich die Frage, ob und wie ein solches Fahrverbot überhaupt kontrolliert werden könnte. Dazu kommt: Eine Alternative zu Dieselfahrzeugen bietet die Autoindustrie so gut wie gar nicht an. „Für die Lieferwagen und Transporter, die wir benötigen, gibt es so gut wie gar keine Benzinmotoren, wir können gar nicht ausweichen“, so der Kreishandwerksmeister. Seine Haltung daher: Erst einmal abwarten, was da wirklich kommt und wie es umgesetzt wird. Überhaupt zweifelt der Sanitär- und Heizungstechniker an der Sinnhaftigkeit dieser ganzen Debatte „Wenn ich mit meinem modernen Diesel zu den Kunden gerade in den Großstädten fahre und sehe die ganzen 40 Jahre und noch älteren Ölkessel in den Häusern, dann frage ich mich schon, wer denn da mehr Schadstoffe in die Luft bläst.“
4 Wie sehr muss sich das Transportgewerbe Sorgen machen? Zum Beispiel Transport Express Schmidt aus Koblenz: Diese Firma zählt zu den führenden Unternehmen der Branche im Rheinland. Tag und Nacht sind mehr als 100 eigene Fahrzeuge unterwegs, im Verbund mit Partnern sogar 2000 bundesweit. Die Transportfirma mit Sitz in Koblenz fährt jede Nacht in jede Commerzbank-Filiale, um Belege zu transportieren. Ferner werden Güter aus der Human- und Veterinärmedizin, aus den Bereich Automotive, Technik und Medien befördert. Aus der Sicht von Harald Lahn, leitender Angestellter, lässt sich die Politik von Lobbyisten statt von unabhängigen Wissenschaftlern beraten. „Und die Bürger, kleine und mittlere Unternehmen müssen am Ende wohl dafür die Zeche zahlen.“ Dass VW in seiner jüngsten Bilanz trotz Manipulation den höchsten Gewinn seiner Geschichte ausweist, sei grotesk. Lahn: „Die Hardwarenachrüstung könnten die Automobilkonzerne problemlos finanzieren.“
5 Gibt es Lösungsansätze für Dieselfahrer? Für mehr Gelassenheit plädiert Hans Werner Norren, der Präsident des Kraftfahrzeuggewerbes im Land. „Jeden Tag wird mit falschen Zahlen und Zusammenhängen operiert, dabei sind die Halbwahrheiten unerträglich. Wir müssen eine sachliche Diskussion führen, mit wirklichen Experten. Wichtig ist die Nachrüstlösung der Hardware, die kann bis zu 80 Prozent der Stickoxide eliminieren. Und die Politik muss den Rahmen vorgeben, zum Beispiel: Umgerüstete Euro-5-Diesel müssen Euro 6 gleichgestellt sein, damit sie in die Umweltzone fahren dürfen“, so sein Vorschlag. Der Unternehmer aus Weißenthurm hat dem Kfz-Landesverband einen Vorschlag vorgelegt, bei dem die Lasten einer Umrüstung, im Schnitt 2000 Euro, auf vier Schultern verteilt werden können. Wenn sich Handel, Hersteller, Staat und die Kunden mit jeweils 25 Prozent an den Kosten beteiligen, wäre eine Lösung möglich, so die Ansicht des Präsidenten des Kfz-Landesverbandes.
Christian Koniecki/Thomas Brost