Durch die Flutkatastrophe vom 14. auf den 15. Juli 2021 im Ahrtal hat die Region traurige Berühmtheit erreicht. Sogar in der New York Times konnte man ein Bild vom Friedhof Ahrweiler betrachten. Unzählige Freiwillige aus ganz Deutschland und darüber hinaus kamen, um den Bewohnern in ihrer Not zu helfen. Manche von ihnen kommen immer noch her und haben das Ahrtal und seine Menschen lieb gewonnen. Auch durch sie hat es an Bekanntheit gewonnen. In der Folge kommen zunehmend auch Familien mit ihren Kindern an die Ahr, auch um die Region touristisch zu unterstützen. Andreas Lambeck, Chef des Ahrtal-Tourismus, setzt nun zunehmend auf diese Zielgruppe. Doch noch läuft der Wiederaufbau und es gibt auch Kritik an der Werbung des Ahrtal-Tourismus. Wir haben noch einmal mit Andreas Lambeck über das Thema gesprochen.
Herr Lambeck, Sie haben betont, dass das Ahrtal zunehmend auch von Familien besucht wird. Ihr Ziel ist es, die Region familienfreundlicher zu gestalten. Welche konkreten Maßnahmen könnten dabei umgesetzt werden?
Lambeck: „Das Ahrtal ist zwar keine klassische Familiendestination, bietet aber dennoch zahlreiche Möglichkeiten für Familien, insbesondere für diejenigen, die gern aktiv in der Natur unterwegs sind. Es gibt bereits viele Maßnahmen, die familienfreundlich wirken – auch wenn sie nicht ausschließlich auf Familien ausgerichtet sind.

Warum sich das Ahrtal über ein Luxushotel freuen würde
Das Ahrtal hat kein Luxushotel. Im Kloster Calvarienberg soll dieser Traum von Projektentwickler Roland Breunig Wirklichkeit werden. Dafür bekommt er viel Beifall und noch mehr Respekt angesichts der Aufgabe, einen Betreiber und Investor zu finden.
Ein gutes Beispiel ist der Ahrradweg, der aktuell wiederaufgebaut wird. Er verläuft weitgehend ohne größere Steigungen und eignet sich daher ideal für entspannte Radtouren mit Kindern. Auch im Rahmen des neuen Tourismuskonzepts werden die Wanderwege deutlich aufgewertet. Am Rotweinwanderweg entstehen beispielsweise neue Rastplätze und Attraktionen wie Weinbergsschaukeln, die für alle Generationen reizvoll sind.
Im Kurpark von Bad Neuenahr-Ahrweiler wird derzeit die Konzerthalle mit integrierter Stadtbibliothek neu gebaut – auch hier liegt der Fokus unter anderem auf familienfreundlichen Veranstaltungen. Neue Attraktionen wie eine Hängeseilbrücke oder ein Skywalk wären ebenfalls für Familien interessant.“

Ahr-Radweg bleibt wohl noch Jahre ein Flickenteppich
Geduld beim Wiederaufbau ist für die Bürger im Ahrtal nichts Neues. Doch mancher Tourist dürfte fast vier Jahre nach der Flut erstaunt sein, wie viel noch zu tun ist. Ein Blick auf den Ahr-Radweg, dessen erste Brücken nun erneuert sind.
Welche familienfreundlichen Angebote gibt es bereits – und wo besteht noch Nachholbedarf?
„Schon jetzt bietet das Ahrtal viele Freizeitmöglichkeiten für Familien: ein Freibad, einen Waldkletterpark, eine Sommerrodelbahn, spezielle Kinderwanderwege, eine neue Waldentdeckertour, Kinderführungen, einen Mountainbike-Trail, einen Skaterpark, den ehemaligen Regierungsbunker, die Römervilla und eine Jugendherberge. Auch Veranstaltungen wie das Ahrtaler Gipfelfest, die Klangwelle, die Tour de Ahrtal oder die Uferlichter mit Eisbahn ziehen Familien an. Das zeigt: Wir haben bereits ein gutes Angebot.

Immer mehr junge Familien zieht es im Urlaub ins Ahrtal
Mehr als drei Jahre sind seit der Flutkatastrophe vergangen. Der Wiederaufbau ist vielerorts in vollem Gange. Doch wie ist es eigentlich um den Tourismus im Ahrtal bestellt? Unsere Zeitung hat mit Experten des Ahrtal-Tourismus gesprochen.
Dennoch ist eines der zentralen Ziele des Tourismuskonzepts, die Region insgesamt familienfreundlicher aufzustellen – nicht, um das Ahrtal zur reinen Familiendestination zu machen, sondern um Familien künftig ergänzende Angebote zur Verfügung stellen zu können. Vor allem in den Sommerferien – insbesondere unter der Woche – sehen wir hier ein großes Potenzial, zusätzliche Übernachtungen zu generieren.
Ein noch offener Wunsch ist beispielsweise ein Hallenbad. Hier könnte das geplante TWIN-Projekt Abhilfe schaffen. Auch der Ausbau des Radwegenetzes und weiterer Mountainbike-Angebote stehen auf der Agenda.
Wichtig ist mir, zu betonen: Familienfreundlichkeit ergibt sich aus vielen einzelnen Bausteinen. Ziel ist es, durch zahlreiche kleine Maßnahmen das Ahrtal für Familien noch attraktiver zu machen – ohne den Charakter der Region grundlegend zu verändern.“
Welche Projekte oder Veranstaltungen in naher Zukunft könnten dazu beitragen, die Familienfreundlichkeit weiter zu stärken?
„Neben dem Wiederaufbau des Ahrradwegs und der Aufwertung der Wanderwege zählen auch neue Formate in der Veranstaltungsplanung dazu, die gezielt familiengeeignet konzipiert werden. Kulturelle Events, Outdoor-Aktivitäten, Erlebnisführungen oder auch Naturerlebnisse für Kinder könnten hier eine Rolle spielen. Alles, was generationenübergreifend funktioniert, trägt letztlich zur Attraktivität für Familien bei. Und auch die Einwohner des Ahrtals profitieren davon, denn die Angebote erhöhen die Freizeitmöglichkeiten.“

Das Ahrtal muss mehr für Familienfreundlichkeit tun
Das Ahrtal als Ziel für junge Familien – darauf wollen die Touristiker aus dem Kreis setzen. Doch es fehlt an Freizeitangeboten für Eltern mit Kindern. Was Hoteliers aus dem Kreis zum Vorstoß der Touristiker sagen.
Und was könnten Hotel- und Gastronomiebetriebe tun, um familienfreundlicher zu werden?
„Denkbar wären spezielle Ferienangebote für Familien, etwa Pauschalpakete, die neben der Übernachtung auch Erlebnisse wie Familienführungen oder einen Besuch im Waldkletterpark beinhalten. Wichtig wäre außerdem, dass Betriebe stärker auf ihren Plattformen kommunizieren, welche Angebote besonders familienfreundlich sind – etwa kindgerechte Menüs, Spielbereiche oder Ausflugstipps für die ganze Familie. Nicht zu vergessen ist bei dem Thema, dass Kinder und Jugendliche auch wieder die nächsten erwachsenen Gäste sein könnten, die mit guten Erinnerungen an Kindheitserlebnisse dann später vielleicht zu Weinevents oder Wanderausflügen ins Ahrtal kommen. Uns ist bewusst, dass wir aktuell noch nicht die idealen Voraussetzungen für Familien aufweisen können, aber es muss unser Anspruch für die Zukunft sein, uns hier noch mehr passende Angebote zu entwickeln.“