Weinort an der Ahr wird drei Tage lang zur großen Festmeile und feiert zum 75. Mal
Die Sonne lacht zum Jubiläumszug: Dernau feiert 75. Winzerfest
Höhepunkt des Jubiläumswinzerfestes in Dernau war zweifellos der Umzug am Sonntagnachmittag. 38 Zugnummern schlängelten sich durch die von Menschenmassen gefüllten Gassen des Ortes mit Weinkönigin Alina Riske und ihren Prinzessinnen als krönendem Abschluss.
Hans-Jürgen Vollrath

Dernau. Der große Zug durch Dernau zum 75-Jahr-Jubiläum mit dem neuen Prunkwagen der Weinkönigin Alina Riske sowie 38 Zugnummern war der Höhepunkt des Jubiläumswinzerfestes. Das hat am Wochenende drei Tage lang Gäste aus einem großen Umkreis, ja der gesamten Republik sowie aus Belgien und den Niederlanden an die Ahr gelockt.

Bei morgens kühlem, dann aber bedeckt-sonnigem Herbstwetter herrschte beim Jubiläumszug großartige Stimmung. Wegen erhöhter TÜV-Sicherheitsauflagen mit mehr Aufwand und Kosten gab es weniger selbst gebaute Fahrzeuge. Außer dem neuen Königinnenwagen rollten Wagen der Jubiläumsköniginnen, der Junggesellen und der mit Bacchus Frank durch den Ort. Kleinere Motivwagen mit Anspielungen auf die aktuelle Wiederaufbaulage gab es vom Skiklub und der Leichtathletik sowie von der Tennisabteilung. Zwei Pferdekutschen erhielten Applaus. Die übrigen zwölf Gruppen, vom Kindergarten über den Eifelverein bis hin zu einer Abordnung der Wiederaufbaufirma Weiß, waren bunt und fantasievoll kostümiert zu Fuß unterwegs.

Neben Ortsweinköniginnen von der Ahr und heimischen Musikkapellen aus Bengen, Hönningen, Lantershofen und Niederheckenbach waren drei Kapellen aus Elshout, Brakel und Heer in Holland dabei. Sie haben schon in früheren Jahren in Dernau musiziert und wollten nun nach der Flutkatastrophe den Weinort beim Fest unterstützen.

Beim Umzug am Sonntag hatten auch die Mitglieder der Kolpingsfamilie (rechts) ihre Freude.
Hans-Jürgen Vollrath

Am Samstag dominierten auf den gut ausgelasteten Parkplätzen und dem Wohnmobil-Stellplatz an der Ahr die NRW-Kennzeichen, und die Reisebusse für größere Gruppen, auf dem Parkplatz zwischen Dernau und Rech geparkt, kamen aus unterschiedlichsten Regionen der Republik. Beispiel: Weil es ihr 2023 so gut gefallen hatte, wollte die Frauengemeinschaft Oidtweiler-Bettendorf (nördlich von Aachen) mit 150 Frauen anreisen.

Es war nicht die einzige größere Gruppe, die im Dorf in den gut 20 Gasthäusern, Vinotheken, Straußwirtschaften und an den Ständen zu sehen war. Überall saßen oder standen die Gäste in kleinen oder größeren Grüppchen mit Weingläsern zusammen. Wein von den Dernauer Weingütern ging meist nur in ganzen Flaschen unters feierlustige Volk. Außer einer großen Weinkarte gab es eine reiche Auswahl an Essensangeboten von der Bratwurst über Reibekuchen bis zur Winzerplatte, zum Teil mit Hinweis auf die Lieferung aus regionaler und vor allem nachhaltiger Landwirtschaft wie beim Spießbraten im Martinshof.

Bereits zur Proklamation der Weinmajestäten (links) war der Festplatz in Dernau gut gefüllt. Anna Thiel , Alina Riske und Carla Poppelreuter genossen das erste Bad in der Menge.
Hans-Jürgen Vollrath

Mit dem Ortsplan in der Hand galt es, auch kleine Straußwirtschaften in den Höfen zu entdecken, wie etwa die Wilde Ahr, Em Höttche oder die FlutbAHR. In der Festzone zwischen Ahrufer, dominiert von der Großbaustelle des Bahnwiederaufbaus, dem Festplatz Schulhof, der Pfarrkirche St. Apostel mit Dagernova-Eventhalle und der Eselslounge sorgten DJs für kölsche Stimmungs- und Partymusik. Sie heizten den Gästen ein, die fröhlich mitmachten und „Ballermann“-Feeling erlebten. Dazwischen war Livemusik in den Straßen und Höfen zu hören, vor allem von niederländischen Musikkapellen, die zu spontanen Ständchen aufspielten und dann weiter zogen. Abends seien sogar Wein, Würstchen und Wechselgeld an vielen Stellen knapp geworden, so Ingrid Näkel-Surges vom Verkehrsverein.

Am Samstag- und Sonntagnachmittag kamen zum Abschluss viele Wanderer bei gutem Weinwanderwetter vom Weinherbst Mittelahr mit seinen Weinständen zwischen Marienthal und Altenahr vom Rotweinwanderweg zu Fuß herab in den Ort. Zur Rückfahrt aus dem Ahrtal sehr gefragt waren die roten Doppellinienbusse im Schienenersatzverkehr.

Spuren der Flut noch immer sichtbar

Bei aller Feierfreude konnten die Besucher im Winzerdorf sehen, dass die Folgen der Flutkatastrophe noch nicht beseitigt sind. Hier und da waren ehemalige Fluthelfer unterwegs, an ihren T-Shirts mit entsprechendem Aufdruck zu erkennen. Es gab einige Aushänge an Ständen, nach denen Verkaufserlöse vom Fest in die Fluthilfe gehen. „Ohne besondere Vorkommnisse“ sei das Fest bislang verlaufen, hieß es auf RZ-Anfrage kurz vor Redaktionsschluss vom Veranstalter.

In dem Fest steckt Herzblut

Das Winzerfest in Dernau verspreche schon immer guten Wein, nette Geselligkeit, Musik und Tanz, sagte David Fuhrmann, der als Nachfolger von Fred Sebastian nach 15 Jahren zum ersten Mal als Ortsbürgermeister das Winzerfest eröffnete. Es stehe für die Gastfreundlichkeit des Weindorfes, zeige aber auch mit seinem Jubiläumsfest drei Jahre nach der Flutkatastrophe den Aufbruch und die Widerstandsfähigkeit der Dernauer.

Besonders begrüßte er während seiner launigen Moderation im von der Musikkapelle Fronhofen angeführten Königinnenzug eine Abordnung der Bundeswehr vom Standort Gelsdorf, zu der seit der Fluthilfe enge Kontakte bestehen. In einem Fest dieser Größenordnung stecke viel Arbeit, aber die Dernauer seien mit Herz dabei, um für ein „Highlight im Veranstaltungskalender des Kreises zu sorgen“, bedankte sich Kreisbeigeordnete Christina Steinhausen für den Landkreis bei den Dernauern und überreichte den Majestäten Urkunden als Dank fürs ehrenamtliche Engagement. fbu

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