Was wäre der ultimative Saison-Höhepunkt am Nürburgring, was wäre die Mega-PS-Party in der „Grünen Hölle“, was wäre das ADAC-24-Stunden-Rennen ohne die Tausenden PS-Enthusiasten rund um die mehr als 20,8 Kilometer lange Nordschleife? Ohne ihre Fans. Ohne die – im positiven Sinn – Motorsport-Verrückten, die für eine Woche die ansonsten so beschaulichen Eifelwälder in Zelt-Kleinstädte verwandeln? Wir haben eine Gruppe der Höllengäste besucht.
„Shalala, lalalalala, wir sind nur zum Saufen da.“ Die dumpfen Ballermann-Bässe aus irgendeinem der mit viel Fantasie für ein paar Tage zusammengezimmerten Unterkünfte wummern schon am frühen Morgen über die Campingplätze in der Hatzenbach. In die Schar der vielen PS-Freaks kommt nach einer meist langen Nacht allmählich Bewegung. Das gilt auch für die Jungs, mit denen wir uns verabredet haben. Irgendwo zwischen Hatzenbach, Hocheichen und Anstieg zur Quiddelbacher Höhe haben sie ihr Lager aufgeschlagen.
Wenn morgens gegen 13 Uhr ist
„Komm am besten morgens“, hatten sie uns gesagt. Morgens, das ist ein dehnbarer Begriff an Tagen wie diesen. Wenn die Nächte lang sind und oft genug der Morgen graut, wenn das letzte Bier geschmeckt hat. Wir treffen uns also „morgens“ irgendwann zwischen 12 und 13 Uhr. Eine Gruppe junge Leute aus dem Hunsrücker Hochwald und direkt gegenüber die 24h-Freunde aus Kreuzberg.
Seit vielen Jahren sind sie dort Nachbarn, haben so was wie eine Fan-Freundschaft geschlossen. Die gemeinsame Leidenschaft, der Motorsport, das „wilde“ ungezwungene Leben, scheinbar fernab jeglicher Zivilisation für ein paar Tage, treibt sie immer wieder aufs Neue an diesen Ort. „Das ist die schönste Woche im ganzen Jahr. Da freut man sich schon aufs nächste Mal, wenn man sonntags abbaut“, sagt Johannes von den 24h-Freunden aus Kreuzberg.
„Wenn du hier aufwächst, wirst du zwangsläufig zum Motorsport-Fan. Und bist vom Nürburgring infiziert.“
Johannes von den 24h-Freunden
Seine Mütze weist ihn als „Geißbock“ aus, als Fan des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln. Johannes, Christoph, Lukas, Jan-Luca, Fabian, Dennis und ihre Freunde, alles junge Männer aus dem Ortsteil Altenahrs, waren schon am Sonntagabend vor Ort. Damit sie am Montag, wenn die Campingplätze aufgemacht werden, möglichst früh reinkamen, um sich ihren gewohnten Platz zu sichern. „Wenn du hier aufwächst, wirst du zwangsläufig zum Motorsport-Fan. Und bist vom Nürburgring infiziert“, erzählt Johannes lachend. „Wir waren schon als Kinder mit den Eltern da. Damals noch in Metzgesfeld.“

Die Dusche Marke Eigenbau wird geteilt
Alles Jungs aus dem Dorf, die die Liebe zur Nordschleife, zu diesem ultimativen Rennen mit seiner unvergleichlichen Atmosphäre für ein paar Tage zusammengeschweißt hat. Die Gruppe aus dem Hunsrück haben sie vor Jahren auf einem Parkplatz kennengelernt, und beide Seiten haben festgestellt, dass man zueinander passt. „Das ist wie eine riesengroße Familie hier. Jeder kennt jeden. Jeder hilft jedem, wenn was fehlt oder nicht funktioniert.“ So wie mit der Dusche. „Die haben sich eine eigene Dusche gebaut mit zwei übereinanderliegenden 1000-Liter-Fässern.“ Also: Wasser marsch für beide Seiten.

Ein paar ausgediente alte Sofas haben sie mitgeschleppt, die bilden jetzt die „Lounge“. Auf einem davon sitzen wir und unterhalten uns, den Blick über das sonnige Nordschleifen-Teilstück der abfallenden Senke am Hatzenbach gerichtet. Die ganze Landschaft scheinbar eine einzige riesige Zeltstadt mit wehenden Fahnen. Sonntags nach dem Rennen werde wieder abgebaut, erzählt Johannes. Der 27-Jährige ist Video-Cutter und Kameramann. Montag sei Ruhetag, erst Dienstag gehe er wieder arbeiten. Zum Schluss steckt er sich eine Kippe an. „Rauchen war nie ein Thema für mich. Ich habe erst während der Flutkatastrophe an der Ahr damit angefangen.“ Was zum Festhalten habe er gebraucht. Und wenn es nur eine Kippe sei.
Da ist es wieder. Das mitunter unerbittliche Leben, das mit der Hatzenbach-Lagerromantik so gar nichts gemein hat.
Samstags war plötzlich der Strom weg
Ein Kuriosum beim 24-Stunden-Klassiker auf dem Nürburgring meldet die Deutsche Presse Agentur (dpa): Das Rennen musste am frühen Samstagabend wegen eines Stromausfalls mit der Roten Flagge für mehr als zwei Stunden unterbrochen werden.
Betroffen waren laut dpa die komplette Infrastruktur inklusive Boxengasse und Tankanlagen. Ein sicheres und faires Racing bei der 53. Ausgabe sei deshalb nicht möglich gewesen, hieß es vom Veranstalter ADAC Nordrhein. Das Rennen konnte aber am Samstagabend fortgesetzt werden.
Grund für den Stromausfall war laut Veranstalter eine defekte Kälteanlage, die für die Steuerung und Kühlung der Klimageräte in weiten Teilen des Boxengebäudes zuständig war. Sie sei überhitzt gewesen, weil bei dem heißen Wetter außergewöhnlich viel Kühlleistung abgerufen worden sei. Die Anlage wurde den Angaben zufolge vom Netz genommen.
Schon im vergangenen Jahr war laut dpa der Langstreckenklassiker in der Eifel unterbrochen worden, damals wegen Nebels. Nach 14 Stunden Zwangspause musste damals das Rennen vorzeitig beendet werden.

Ehrenamtler sorgen bei 24-Stunden-Rennen für Sicherheit
Das 24-Stunden-Rennen lockt auch in diesem Jahr die Fans an den Nürburgring. Rund 200.000 Gäste werden bei bestem Sommerwetter erwartet. Doch wie ist es eigentlich um die medizinische Versorgung der vielen Besucher bestellt?