„Für die Koordination braucht es einen Verantwortlichen“
Zunächst standen die Vorhaltungen der Fraktionsvorsitzenden im Raum, dass die Landrätin nicht ausreichend, nicht zeitlich oder gar nicht kommunizieren würde. Hinweise darauf gibt es aber nicht nur aus dem Kreisparlament, sondern allerorten: Meist hinter vorgehaltener Hand schildern Vertreter von Vereinen, Initiativen, Einrichtungen, Ortsbürgermeister und auch Privatleute ihre Erfahrungen mit einer angesichts der Unmenge an Eingaben, Aufträgen, Wünschen und Terminvorschlägen offenbar überlasteten Kreisverwaltung. Warum das Grummeln erst einmal ein Hintergrundrauschen bleibt? Etliche Kritiker wollen die Mitarbeiter in der Verwaltung nicht weiter verunsichern; andere befürchten, dass, wenn sie öffentlich ihre Meinung sagen, sie persönlich, ihr Ort, Verein oder Betrieb darunter leiden könnte. „Wir wollen noch was von ihr“, lautet dann der Standardsatz.
Einer, der sich darum nicht schert und sagt, was er denkt, ist Spitzengastronom Hans Stefan Steinheuer, der Koordination und Kommunikation vermisst. Die Kommunen würden zum Teil die Landesregierung schlichtweg nicht erreichen, so seine Sicht auf die Probleme im Ahrtal. „Es braucht aber einen Verantwortlichen. Und die Landrätin hat es offenbar bis jetzt nicht geschafft, das zu koordinieren.“ Es fehle einfach eine Ebene bei der Kommunikation zwischen Bundesregierung, Landesregierung, Kommunalpolitikern und Akteuren am Ort. Und es brauche dringend jemanden, „der immer wieder neu anspricht, was hier nicht läuft, was wir brauchen und wo wir hinwollen“.
Da ist Steinheuer nicht so ganz weit weg von CDU, SPD und FDP im Kreistag, die ja bemängeln, dass die für das Management notwendigen Prozesse und Strukturen von der Kreisspitze nicht abgearbeitet würden. Deren Fazit: „Bis heute gibt es im Kreishaus keine grundlegenden Strukturen, die der riesigen Aufgabe adäquat wären.“ Wenn diese Beobachtungen zutreffen, dann hat Cornelia Weigand gegenüber vor ihrer Wahl zur Landrätin bisher wenig ausrichten können. Damals schon zitierte unsere Zeitung einen Kenner der Verwaltungsinterna, der davon sprach, dass die starke Führung nach innen wie nach außen fehle. Es spricht zurzeit aber wenig dafür, dass sich daran Entscheidendes geändert hat. Ein Eindruck, den wohl auch der ein oder andere aus der regionalen Wirtschaft gewinnen musste. Im Gespräch mit unserer Zeitung stellte ein hoher Vertreter der Kammern mit Blick auf die Landrätin ernüchtert und ernüchternd fest: „Wir hängen völlig in der Luft.“
Klagen wurden schon vor der Wahl zur Landrätin laut
Nun ist Cornelia Weigand Kritik an ihrer Person und Amtsführung gewohnt. Das war schon so, als sie noch als Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr in Amt und Würden war. Damals opponierten sogar die eigenen Ortsbürgermeister gegen sie, spätestens als sie ihre Kandidatur für das Landratsamt bekannt gab. Ähnlich wie heute, da der nun wirklich seltene Fall eintritt, dass sich CDU, SPD und FDP in einem Kreistag zusammentun, gaben die Ortsbürgermeister damals eine Pressekonferenz 150 Tage nach der Flut – ohne ihre Bürgermeisterin.
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Den Blick ein Jahr zurück richtet nun auch Sigrid Dehmelt, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Verbandsgemeinderat Altenahr. Sie schreibt, die Berichterstattung unserer Zeitung treffe „die Situation, wie sie noch zur Amtszeit von Frau Weigand als Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr Normalität war“. Fakt sei, dass „unsere jetzige Landrätin, damalige Bürgermeisterin in Altenahr, bereits vor der Flut auf meine Mails als Ratsmitglied nicht geantwortet hat. Ihre Begründung war, dass meine E-Mails nicht händisch unterschrieben seien.“
Weiterhin habe der Verbandsgemeinderat nach der Flutkatastrophe von Juli bis Weihnachten 2021 nur dreimal auf Einladung der damaligen Bürgermeisterin getagt – „fast genau nach Sitzungsfahrplan, mit nur einer Dringlichkeitssitzung. Warum nur so selten in Anbetracht der Katastrophe? Gab es nichts zu besprechen?“, fragt Kommunalpolitikerin Dehmelt.
„Sogar die Schulträgerausschusssitzung im September 2021 wurde nach der Flut durch Frau Weigand abgesagt. Den Mitgliedern des Schulträgerausschusses war es dennoch wichtig, erstmalig über den Stand der drei sehr stark zerstörten Schulen informiert zu werden. Daher wurde aus den Ausschussmitgliedern heraus der Antrag an Frau Weigand gestellt, die Schulträgerausschusssitzung tagen zu lassen und diese letztendlich erzwungen. Nach meinem Empfinden sind wir in der Verbandsgemeinde Altenahr auf einem guten Weg in die Zukunft, seit Frau Weigand nicht mehr unserer Verbandsgemeinde vorsteht.“