Helfershuttle macht Pause - Angebote für Flutbetroffene gehen weiter - Begegnungsmöglichkeiten auch an Weihnachten
Die Hilfe im Ahrtal geht auch im Winter weiter: Angebote für Flutbetroffene bleiben
Das Wir zählt bei den Dachzeltnomaden auch im Winter. Bis auf die Feiertage wird weiterhin durchgearbeitet.
Sandra Fischer

Ahrtal. Mit der angekündigten Winterpause des Helfer-Shuttles stellt sich die Frage: Wird es im Winter im Ahrtal noch Helfer geben? Wir haben uns bei einigen repräsentativen Helferorganisationen umgehört.

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„Auf jeden Fall, wir machen weiter“, so die frohe Botschaft der Dachzeltnomaden. „Es ist nach wie vor genug Arbeit da, und wir brauchen weiter Helfer.“ An den Weihnachtsfeiertagen selbst (24. bis 26.) sowie an Silvester und Neujahr wird zwar nicht gestemmt, verputzt oder entkernt, zwischen den Jahren packen die Dachzeltnomaden allerdings wieder tatkräftig mit an.

Um auch weiterhin zukunftsfähig aufgestellt zu sein, wird gerade mit Hochdruck an der Realisierung eines fünf Hektar großen Camps 2.0 auf dem alten Sportplatz in Rupperath gearbeitet. „Bis Weihnachten soll der Umzug erledigt sein“, so Thilo, Basti und Dennis vom Orgateam.

Nach einer mündlichen Zusage des Bauantrags haben die Nomaden schon mit den ersten Arbeiten begonnen. In mehreren Phasen soll ein komplett autarkes Camp mit Langzeitstellplätzen, Lagerzelt, Küche, Schlafzelt, Dusche, WC, Versorgungszelt et cetera entstehen. Das Ganze ist erst einmal für ein halbes Jahr – bis Sommer – geplant. Wer also auch im Winter Teil der Dachzeltnomaden-Hilfsaktion sein möchte, kann sich auf deren Internetseite (siehe Infokasten) anmelden.

Währenddessen ist die Helferinitiative „You Ahr not alone“ seit dem vorvergangenen Wochenende, an welchem noch Restarbeiten erledigt wurden, in der Winterpause. „Wir sind aber bei Notfällen immer noch erreichbar. Wenn irgendetwas organisiert werden muss, tun wir das natürlich gern“, betont Olli Thiel, einer der Gründer der Initiative. Der Neustart ist je nach Wetter auf Februar terminiert: „Dann sind wir auf jeden Fall wieder draußen“, verspricht Thiel.

Die „AHRche“ ist in den vergangenen Monaten seit der verheerenden Flutkatastrophe ein wichtiger Ansprechpartner für Betroffene geworden und betreibt auf dem ehemaligen Ahrweiler Campingplatz auf der Südseite der Stadt an der früheren Ahrtorbrücke ein Dienstleistungszentrum mit Verpflegungsstation, einer Sachspendenausgabe, einem Werkzeug- und Arbeitsmaterialverleih, einem Waschsalon, einem medizinisch-therapeutischen Grundangebot sowie seelsorgerischen Möglichkeiten.

„Der Verein AHRche für Katastrophenhilfe und Wiederaufbau, legt seinen Fokus auf Hilfsangebote für Anwohner. Deshalb machen wir keine Winterpause und bleiben auch zwischen den Jahren geöffnet“, betont der Vorsitzende Lucas Bonschlegl. Allerdings pausiere die SchraubbAHR, also der Werkzeugverleih von Heiligabend bis zum zweiten Weihnachtsfeiertag sowie an Silvester und an Neujahr. „Wir gehen in einen reduzierten Betrieb über, fahren aber nur geringfügig unser Engagement herunter. Das Kernangebot der AHRche auf dem großen Dorfplatz, das Versorgungszelt und die Turnhalle bleiben weiterhin geöffnet und nutzbar.“

Jüngst wurde auf dem Gelände ein 180 Quadratmeter großes Rundbogenzelt aufgebaut, das den örtlichen Sportvereinen als Turnhalle dient. Sie wird rege genutzt von einer Ballettschule, der offenen Kinder- und Jugendarbeit, einem Karateverein, den örtlichen Tanzvereinen und Reha-sportgruppen. Dadurch solle wieder Normalität einkehren und der soziale Austausch ermöglicht werden.

Des Weiteren betreibt die AHRche ein Wärmeprojekt und installiert kostenlos Luft-Luft-Wärmepumpen in Häusern oder Wohnungen, die nicht anders beheizt werden können. Diese Geräte sind energetisch besser als Heizlüfter oder andere Elektroheizungen. „Anfang Dezember waren alle Anfragen abgearbeitet, sodass wir jetzt in einer kurzen Winterpause bis Januar sind“, erläutert Bornschlegl.

Die gemeinnützige Hilfsorganisation Hoffnungswerk ist im Ahrtal mit niedrigschwelligen Angeboten unterwegs und möchte den Betroffenen einfach zuhören. Verschiedene Kaffeeteams mit jeweils zwei bis drei Helfern laufen mit ihren Bollerwagen feste Routen ab und verteilen dabei Kaffee, heiße Getränke und Kuchen. Das Erkennungszeichen sind ihre blauen T-Shirts. Was zunächst profan klingt, ist in den vergangenen fünf Monaten eine wichtige Anlaufstelle für psychosoziale Unterstützung geworden. „Die Not der Menschen ist wirklich groß – insbesondere die seelischen Nöte“, erklärt das Hoffnungswerk.

Doch genauso groß und ungebrochen seien die Mitmenschlichkeit und Hilfsbereitschaft. „Wir wollen mit diesem Angebot die Hoffnung hinaustragen“, sagt Sascha Neudorf, einer der Initiatoren des Projektes. „Die Betroffenen haben noch immer unglaublich viel zu erzählen und sind sehr dankbar, wenn sie jemandem das Herz ausschütten können“, ergänzt Projektleiter Ralf Beyer. „Der Bedarf an psychotherapeutischen Angeboten ist riesig. Uns ist es wichtig, die Menschen dort abzuholen, wo sie sind“, so Beyer. Dazu gehöre auch bei Bedarf die Vermittlung an Psychotherapeuten oder speziell geschulte Traumatherapeuten. Bereits vor ein paar Wochen habe man entschieden, es irgendwie möglich zu machen, auch während der Weihnachtsfeiertage und zwischen den Jahren für die Betroffenen vor Ort da zu sein. „Bei uns haben sich Helfer gemeldet, die explizit zwischen Weihnachten und Neujahr helfen möchten. Weihnachten ist für die meisten Menschen das Fest der der Liebe, und daher ist es für uns ein Ausdruck der Nächstenliebe, gerade in dieser Zeit für die Menschen da zu sein und ihnen ein möglichst schönes Weihnachtsfest zu bereiten“, betont Neudorf.

In Altenburg steht neben dem Versorgungszelt seit einigen Wochen ein Kaffeebus, und jüngst wurde in Altenahr ein weiterer eingeweiht. Diese sind jeweils auch am Heiligen Abend und am zweiten Weihnachtsfeiertag geöffnet. „Damit sollen die Menschen vor Ort die Möglichkeit der Begegnung haben und sich nicht allein gelassen fühlen“, betont Ralf Beyer. Die Kaffeeteams laufen auch zwischen den Jahren wieder mit ihren Bollerwagen die festen Routen ab.

Auch im Januar und Februar, in den dunklen, tristen und kalten Wintermonaten, werde das Hoffnungswerk weiterhin im Ahrtal unterwegs sein. An den Weihnachtsfeiertagen selbst und zwischen den Jahren bietet das Hoffnungswerk keine handwerklichen Unterstützungsarbeiten an, denn in in der Weihnachtszeit sei es wichtig, dass Ruhe ins Tal einkehre.

Das Hoffnungswerk ist als gemeinnütziger Verein anerkannt, weltanschaulich neutral und finanziert seine Arbeit ausschließlich aus Spenden. Die Initiatoren haben einen christlichen Hintergrund, ohne dabei missionieren zu wollen.

Von unseren Reporterinnen Sandra Fischer und Mirjam Hagebölling

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