Deutsche Stiftung Denkmalschutz überreicht Gutachten in Dernau - Kritik am genehmigten Abriss in Rech wird laut
Die Brücken im Ahrtal: Denkmalschützer kämpfen um ihre Zukunft
Hoffen auf eine Zukunft für die Steinbergsbrücke (von links): Restaurator Dr. Ulrich Eltgen, Gutachter Gregor Stolarski, Diplom-Ingenieurin AnnetteLiebeskind (Deutsche Stiftung Denkmalschutz) und Alfred Sebastian, Bürgermeister von Dernau. Foto: Claudia Voß
Claudia Voß

Dernau. Seit mehr als 300 Jahren prägt die Steinbergsbrücke das Ortsbild von Dernau mit und hat dabei so manche Ahrflut überstanden. Auch der Flutkatastrophe im vergangen Jahr hielt die steinerne Brücke stand. Dennoch könnte ihr, ebenso wie der Nepomukbrücke in Rech und den Brücken in Schuld und Dümpelfeld, der Abriss drohen. Den Abriss der Dernauer Brücke zu verhindern, hat sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz zur Aufgabe gemacht.

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Hoffen auf eine Zukunft für die Steinbergsbrücke (von links): Restaurator Dr. Ulrich Eltgen, Gutachter Gregor Stolarski, Diplom-Ingenieurin AnnetteLiebeskind (Deutsche Stiftung Denkmalschutz) und Alfred Sebastian, Bürgermeister von Dernau. Foto: Claudia Voß
Claudia Voß

Die Denkmalschützer haben ein Gutachten zum Zustand des Bauwerks in Auftrag gegeben, welches jüngst an Alfred Sebastian, Bürgermeister von Dernau, überreicht wurde. „Die Brücke ist in einem hervorragenden technischen Zustand“, beschied Gutachter Gregor Stolarski während der Übergabe des angefertigten Dokuments der 1717 gebauten Brücke. Gemeinsam mit Kunsthistoriker und Restaurator, Dr. Ulrich Eltgen, hat der Diplom-Ingenieur die Brücke geprüft und für nutzbar befunden.

Ahrbrücken ein Teil der Geschichte

„Die Brücke ist auch nach der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr im guten Zustand und für bis zu 30 Tonnen ausgelegt“, erklärte Stolarski. Sie abzureißen kommt für ihn nicht in Betracht. „Im Gegenteil: Diese Brücke ist wie auch die anderen Ahrbrücken ein Teil Geschichte, der unbedingt erhalten werden sollte. Diese Brücken sind aus historischer Sicht wichtige Bauwerke, an denen sich die Geschichte des Ahrtals nachvollziehen lässt.“ „Das Ahrtal ist mit seinen kulturellen Gütern und Brücken einzigartig in Deutschland“, erklärte auch Dr. Ulrich Eltgen. Die Steinbergsbrücke zu erhalten, ist für den Restaurator, der sich ehrenamtlich bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz engagiert, ein Zeichen zukunftsorientierter Denkmalpflege.

Gegen einen Abriss der Brücke sprach sich auch Annette Liebeskind von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz aus. „Steinbogenbrücken wie die Steinbergsbrücke sind prägend für das Ahrtal“, erklärte die Diplom-Ingenieurin. „Die Nachricht, dass der Brücke der Abriss droht, hat uns bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz beunruhigt.“ Denn obgleich es durchaus nachvollziehbar sei, dass die Brücken von vielen Menschen im Ahrtal mit schlimmen Schicksalen verbunden seien, dürfe eine Entscheidung zur Zukunft der Bauwerke nicht übereilt getroffen werden.

Hochwasserschutz muss grundsätzlich überdacht werden

„Diese alten Steinbogenbrücken sind Beleg für eine wechselvolle Geschichte, die sich im Ahrtal ereignet hat. Reißt man sie ab, verliert man auch immer ein Stück kulturelles Gedächtnis“, mahnte Liebeskind und spielte damit auch auf die Nepomukbrücke in Rech an, deren Abriss die Kreisverwaltung jüngst genehmigt hatte (unsere Zeitung berichtete).

Dass die Steinbergsbrücke darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zum künftigen Hochwasserschutz im Ahrtal leisten könne, dieser Ansicht sind sowohl die Mitglieder der Deutschen Stiftung Denkmalschutz wie auch Gutachter Stolarski. So sei insbesondere die Aufstauwirkung an der Brücke für ahrabwärts liegende Orte nicht zu unterschätzen, betonte Stolarski. „Wenn sich das Hochwasser hier an der Brücke aufstaut, weil es nicht abfließen kann, dann ist das nicht unbedingt als nachteilig zu sehen. Ganz im Gegenteil: Das verschafft den Menschen in den stromabwärtsgelegenen Orten Zeit, die im Notfall überlebenswichtig sein kann.“

Auch müsse der Hochwasserschutz grundsätzlich überdacht werden, fügte Liebeskind hinzu. „Dieser Schutz beginnt viel weiter oben in den Wäldern, wo das Regenwasser runterkommt“, betonte sie. Für einen erfolgreichen künftigen Hochwasserschutz sei es daher notwendig, geeignete Schutzmaßnahmen für das gesamte Tal zu ergreifen. „Wir müssen Hochwasserschutz global denken“, bekräftigte Liebeskind.

„Ein Brückenabriss wäre unverzeihbar“

Die Steinbergsbrücke im Zeichen des Hochwasserschutzes abzureißen, hält auch Alfred Sebastian, Bürgermeister von Dernau, für falsch. „Diese Brücke ist eine von wenigen noch erhaltenen Steinbogenbrücken in Deutschland und damit etwas Besonderes“, erklärte Sebastian während der Überreichung des Gutachtens und betonte, ein Abriss sei nicht zwingend notwendig.

Zwar liege die Brücke an einem Nadelöhr, an welchem sich Wasser stauen könne, jedoch gebe es bereits entsprechende bauliche Möglichkeiten, diese Aufstaugefahr zu mindern, etwa in der Errichtung einer Vorlandbrücke. „Auch der Bahndamm kann zum Hochwasserschutz werden“, so der Bürgermeister, „Ein Brückenabriss wäre unverzeihbar.“

Reaktionen auf Brückenabriss

Die jüngst erteilte Genehmigung zum Abriss der Nepomukbrücke in Rech bereitet sowohl der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz als auch zwei Einwohnerinnen aus Rech Sorge. Wie Annette Liebeskind von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz mitteilte, habe die Nachricht über die Abrissgenehmigung Betroffenheit innerhalb der Stiftung ausgelöst. „Die Brücke war über Jahrzehnte Wahrzeichen des Ahrtals und zeugt von einzigartiger Baukunst“, so Liebeskind. Als Alternative zum Abriss schlägt die Stiftung vor, die Brücke „ruinös zu erhalten“. Auch müsse die Abrissgenehmigung vor dem Hintergrund des für die Steinbergsbrücke erstellten Gutachtens neu bewertet werden.

Sie wollen mit einer Unterschriftenaktion ihre Brücke in Rech retten: Elfriede Mittag (links) und Gisela Rech. Foto: Claudia Voß
Claudia Voß

Betroffenheit haben die Abrisspläne auch bei Elfriede Mittag und Gisela Rech ausgelöst. „Die Brücke ist ein Wahrzeichen von Rech. Sie ist auf jedem Foto zu sehen“, erklärten die beiden Frauen gegenüber unserer Zeitung. Anstatt die Brücke abzureißen, schlagen die beiden engagierten Einwohnerinnen aus Rech vor, die Brücke an anderer Stelle aufzubauen und als Denkmal zu erhalten.

„Gerade vor dem Hintergrund des für die Steinbergsbrücke erstellten Gutachtens hoffen wir, dass die Verantwortlichen noch einmal nachdenken“. Aufgeschreckt von den Informationen zur erteilten Abrissgenehmigung, haben die beiden Frauen einen offenen Brief an den Ortsbürgermeister von Rech verfasst, der unserer Redaktion vorliegt. In diesem Brief fordern sie, Alternativen zum Brückenabriss zu prüfen. Zusätzlich haben Elfriede Mittag und Gisela Rech eine Unterschriftenaktion für den Erhalt der Nepomukbrücke gestartet: „Wir gehen in Rech von Haus zu Haus und hoffen auf möglichst viele Unterstützer.“ clv

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