Lange war das Gelände des ehemaligen Autohauses Vornberger ein Schandfleck in Bad Neuenahr. Jetzt wird auf der Brachfläche ein komplett neues Stadtquartier mit Wohnungen und Geschäften entstehen. Ein Teil der riesigen Baugrube, der bereits ausgehoben ist, zieht neugierige Blicke auf sich. Die Arbeiten für den ersten Bauabschnitt haben begonnen. Die Fundamente für die Gründung werden gelegt. Doch bis dahin war es ein weiter Weg.
Geschäftsführer Dominic Bongart von der 4 L Projekt GmbH aus Gelsdorf, die das Vorhaben als Investor umsetzt, ist froh, dass es jetzt endlich losgehen kann. Lange Zeit hat sich nichts bewegt, was zum Teil schon für Gerüchte gesorgt habe, so Bongart. „Es geht weiter“, signalisiert er, um Spekulationen auszuräumen. Doch die für die gesamte Branche geltenden Genehmigungsverfahren mit zahlreichen Auflagen, die zu erfüllen sind, kosten wertvolle Zeit. Das gilt auch für das momentan größte private Neubauvorhaben in Bad Neuenahr. Geplant ist die Fertigstellung des ersten Bauabschnittes im zweiten Quartal 2026.

Auf dem Gelände sollen ein komplettes Nahversorgungszentrum sowie zwei Wohnkomplexe entstehen. Für Haus 1, das jetzt am Start ist, sind 29 Wohneinheiten, Eigentums- beziehungsweise Mietwohnungen, und zwei Gewerbeflächen im Erdgeschoss geplant. Mit Haus 2, für das noch kein Baurecht besteht und das Bebauungsplanverfahren bei der Stadt läuft, würden dann insgesamt 86 Wohnungen aller Größen und Preisklassen mit einer Wohnfläche von insgesamt rund 5850 Quadratmetern geschaffen, zudem entstehen Geschäftseinheiten für die Nahversorgung. Zum Objekt gehören rund 300 Pkw-Stellplätze, davon rund 120 oberirdisch und 180 weitere in zwei Tiefgaragen. Auch an Fahrradstellplätze ist gedacht.
Vor vier Jahren hat die Firma 4 L Projekt, die zur Lanzerath-Gruppe gehört, das Grundstück gekauft. Dass es dann so lange dauerte, bis dann auch die Bagger rollten, hat Folgen. „Die Zinsuhr tickt“, sagt Bongart. Das gelte für die Finanzierung des Grundstücks, für die man Geld auf dem Kapitalmarkt aufgenommen habe, ebenso wie für die Kosten der Fachplanungsleistungen, die bereits anfallen, bevor der erste Spatenstich gesetzt ist. „Das wird sich letztlich leider auch auf die Kauf- und Mietpreise niederschlagen“, so Bongart. Dass die Europäische Zentralbank das Zinsniveau angehoben hat, sei eine von vielen Hürden bei einem solchen Objekt. Die größte sei aber „die Nichtplanbarkeit durch langwierige Genehmigungsprozesse“. Das erschwere es beispielsweise, die entsprechenden Fachplaner an Bord zu haben, wenn es irgendwann in die Detailplanung geht.

Für das Flaggschiff Haus 1, also den ersten Bauabschnitt direkt an der Hauptstraße, gab es ein kürzeres Genehmigungsverfahren, weil hier bereits Baurecht besteht mit der Vorgabe, sich an der ortsüblichen Umgebungsbebauung zu orientieren. Statt sich, wie ursprünglich geplant, nur auf Eigentumswohnungen zu konzentrieren, ist man flexibler geworden und hat sich der Marktsituation angepasst. Und die sieht nach den Erfahrungen von Bongart aktuell so aus, „dass die Leute vorsichtig geworden sind.“ Bisher seien bereits zahlreiche Reservierungen und auch die ersten Verkäufe realisiert worden. Allerdings sei es oftmals auch so, dass erst dann gekauft werde, wenn der Rohbau stehe. Die von den Banken bei Finanzierungen verlangte Vorverkaufsquote sei inzwischen auf 40 Prozent verschärft worden. Diese sei unter Berücksichtigung der schleppenden Wohnungsverkäufe nur schwer zu erreichen.
„Wir tendieren dazu, einen Teil der Wohnungen nun selbst in den Bestand zu nehmen. Wir vermieten sie“, so Bongart und beschreibt die Rahmenbedingungen, auf die sich seine Branche einstellen muss. Dazu gehört aus seiner Sicht auch, dass viele Bürger es sich momentan überhaupt nicht leisten könnten, eine eigene Immobilie zu finanzieren: „0,9 Prozent-Finanzierungen gibt es zur Zeit nicht mehr.“ Hinzu kämen hohe Auflagen, die die Herstellungskosten und damit auch die Verkaufspreise in die Höhe treiben. Das gelte für den energetischen Bereich ebenso wie bei Vorgaben für Schallschutz oder der Vorschrift für nachhaltiges Bauen.

Die Projektgesellschaft setzt also auf einen interessanter werdenden Mietwohnungsmarkt, zumal das Angebot an Neubauobjekten bei großem Bedarf überschaubar sei. „Wir glauben an den Standort und das Projekt“, so Bongart, der mit einem breiten Portfolio, mit einem Mix an erschwinglichen Wohnungen verschiedener Größen und Luxuseinheiten in den oberen Geschossen, aufwarten will. Der innenstadtnahe Standort mit der Anbindung an eine gute Infrastruktur sei attraktiv – auch für jüngere Menschen. „Der Plan ist nach wie vor, auch bezahlbares Wohnen anbieten zu können“, so Bongart.

„Wir glauben an den Standort und das Projekt“
Dominic Bongart
Das gilt vor allem für den zweiten Komplex, der in U-Form auf dem hinteren Bereich des Vornberger-Geländes entstehen soll und ein Atrium enthalten wird. Hier stand von Anfang an günstigerer Wohnraum für junge Familien im Fokus. Und hier sollen dann auch die Nahversorgungseinheiten im Erdgeschoss untergebracht werden. Bongart hofft, dass das Bebauungsplanverfahren bald abgeschlossen ist und der Bauantrag gestellt werden kann. Allerdings könnte es hier passieren, dass die bei der KfW beantragten Fördermittel für Haus 2 nicht mehr abgerufen werden können. Zum Hintergrund: Das gesamte Projekt wird als KFW 55 Effizienzhaus im Gewerbe- und Wohnbereich entwickelt und deshalb teilweise durch den Bund gefördert. Da die Förderzusagen für das Abrufen der Mittel nach Fertigstellung jedoch zeitlich begrenzt sind, läuft man aufgrund der langen Entwicklungsphase Gefahr, die zeitlichen Vorgaben zur Umsetzung nicht einhalten zu können.