40 Menschen wohnen hier, eine ausgewogene demografische Mischung aus Jung und Alt. Das einzige Restaurant mit Ferienwohnung ist seit Corona leider geschlossen. „Traumhaft“ nennt Ortsbürgermeister Werner Zavelberg die Lage. Ruhig ist es, geradezu friedlich. Doch das kann an den Wochenenden auch durchaus mal anders sein: „Wenn die vielen Motorradfahrer die Serpentinen rauf- und unterfahren, dann ist hier die Hölle los. Das hallt durchs ganze Tal, das ist kaum zum Aushalten“, klagt Zavelberg.
Wasser in zwei Dritteln der Häuser
Doch bis auf die lauten Biker haben die Oblierser kaum Grund zum Klagen, obwohl der einzige im Tal gelegene Ortsteil der Gemeinde Lind bei der Flut vor mehr als einem Jahr auch hart getroffen wurde. In zwei Dritteln der Häuser stand das Wasser teils bis ins Erdgeschoss, doch glücklicherweise hat der Ort keine Toten und keine Verletzten zu beklagen. Auch Tiere sind nicht zu Schaden gekommen. Einzig das Gemeindehaus, das über dem Lierser Bach gebaut war, wurde durch die Flut zerstört und lag am nächsten Tag in Bruchstücken im angeschwollenen Fluss. Ob es einen Ersatzbau geben wird, ist noch nicht geklärt. Fest steht lediglich: Wenn, dann nicht mehr an derselben Stelle über dem Lierser Bach.
Schaut man sich das kleine Rinnsal an, kann man kaum glauben, dass es am Fluttag auf zwei Meter angestiegen ist. Videos vom 14. Juli 2021 zeigen einen reißenden Strom, der sowohl aus dem Lierser Bach als auch aus Hangwasser und gestiegenem Grundwasser gespeist wurde.
Glück im Unglück
Bis zu 200 Meter breit machte sich das Wasser auf seinen Weg durch den Ort. Doch die Bewohner hatten Glück im Unglück: Jeder kennt jeden, man kümmert sich umeinander, kein Haus muss evakuiert werden und es ist immer noch hell, als die Flut den kleinen Ort heimsucht. Der Höchststand des Hochwassers wird gegen 23 Uhr gemessen, erst am Nachmittag des folgenden Tages geht das Wasser zurück. Ein paar Tage lang hat der Ort keinen Strom und kein Wasser.
Neben der Kapelle in der Talstraße zeugt eine braune Linie von einer Wassermarke in etwa zwei Metern Höhe. Ein paar Häuser weiter zeigt eine Anwohnerin auf die Oberkante ihres Mäuerchens. „Bis hierhin stand das Wasser. Der ganzen Keller war voll und auch das Wohnzimmer.“
Tonnenweise angeschwemmte Geröll
Wie die meisten Einwohner der 40-Seelen-Gemeinde hat auch sie trotz Flutschaden weiter in ihrem Haus gewohnt. Lediglich ein älterer Mann sei ein paar Tage bei Familie untergekommen, doch inzwischen ist die Dorfgemeinschaft wieder komplett, freut sich der Ortschef, der am Fluttag selbst noch nachmittags in Obliers war. „Gegen 17 Uhr haben wir noch versucht, uns mit Sandsäcken zu schützen, aber vergeblich.“ Bereits ab 18 Uhr war der Ort nicht mehr zu erreichen, abgeschnitten von der Außenwelt. Die beiden anderen Ortsteile, Lind und Plittersdorf, hatten mehr Glück und kommen mit gefluteten Kellern durch Hang- und Grundwasser glimpflicher davon.
Trotz eines gut voranschreitenden Wiederaufbaus ist ein Wermutstropfen das tonnenweise angeschwemmte Geröll, dass eine Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen teils unmöglich macht, zeigt Zavelberg auf eine brachliegende Wiese, während er durch die Gemarkung Richtung Liers fährt. Vorbei an üppigen Waldflächen und idyllischen Hängen. Traumhaft, die Lage.