Premiere nach der Flut
Das erste Fest ist zurück im Kurhaus von Bad Neuenahr
Im Kurhaussaal von Bad Neuenahr ist alles vorbereitet für die erste Großveranstaltung nach der Flut.
Beate Au

Es ist so weit: Die erste Veranstaltung nach der Flut im Kurhaus von Bad Neuenahr steht bevor. Ein närrischer Klassiker ist zurück auf der Bühne. 800 Gäste werden erwartet. Unsere Zeitung hat vorher in den großen Saal geschaut und gestaunt.

Wer die Zerstörungen im historischen Kurviertel nach der Flut im Juli 2021 gesehen hat, war entsetzt über das Ausmaß. Der Wiederaufbau war und ist eine Mammutaufgabe für die Eigentümerin, die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr. Jetzt steht am 18. Februar die erste Großveranstaltung bevor. Der Karneval und damit das gesellschaftliche Leben werden wieder in das närrische Kurhaus einziehen – und das exakt 1315 Tage nach der Katastrophe. Erwartet wird auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer.

Endspurt für die Handwerker

Der Architekt Gerd Bungarten und die Projektplanerin Sibylle Thor mussten den Einsatz unzähliger Handwerker koordinieren.
Beate Au

Unzählige Handwerker wirbeln rund um das Kurhaus in Bad Neuenahr in einem rasanten Arbeitstempo derzeit den letzten Baustaub auf. Bis Dienstag, 18. Februar, soll im großen Kurhaus- und auch im Barocksaal alles glänzen. Denn dann wird hier die erste, bereits seit Sommer ausgebuchte Großveranstaltung mit 800 Gästen nach der Flut stattfinden. Die Elferrat Kurhaus Bad Neuenahr GbR lädt dazu ein. Die vor Jahrzehnten vom langjährigen Sitzungspräsidenten, dem gebürtigen Kölner Oskar Hauger, an die Ahr geholte Veranstaltung mit Spitzenkräften aus dem Kölner Karneval findet in der Regel traditionell am Dienstag in der Woche vor Weiberfastnacht statt. Bis dahin läuft der Endspurt im Kurhaus. Unsere Zeitung durfte mit dem zuständigen Architekten Gerd Bungarten aus Gelsdorf und der Projektleiterin Sibylle Thor schon einmal hinter die Kulissen schauen.

Marmor, Eichenparkett und Kristalllüster

Die Marmorstufen am Eingang zum Foyer wurden zum Teil erneuert.
Beate Au

Zur Premiere soll das im Fischgrätmuster verlegte Eichenparkett noch geschont werden. Deshalb sind Handwerker dabei, es mit einem Bodenschutz abzudecken. Doch das schmälert den Effekt des ersten Eindrucks nicht beim Blick in den neuen, strahlend hell leuchtenden Kurhaussaal. Das gebrochene Weiß lässt Ornamente und Stuck mit ihren Schatten spielen. Die von einer Spezialfirma restaurierten Kronleuchter glitzern. „Jedes einzelne Kristallplättchen wurde poliert und auf Hochglanz gebracht“, so Bungarten, der auch beim Finale die Ruhe behält, denn der Rheinlandsaal und der Gartensaal sind noch Handwerkerzone. Der Vorplatz ist noch zu pflastern und zu asphaltieren, und auch der neue Glasfahrstuhl im freigelegten Treppenhaustrakt, der einen barrierefreien Zugang sichert, ist einen Tag vor der Premiere noch abzunehmen. „Es wird sportlich werden“, so Sibylle Thor. Doch der Mut zum Durchstarten überwiegt. „Wir wollen mit dieser Veranstaltung einen ersten Impuls setzen“, sagt Bungarten.

Stuck nach historischen Vorlagen

Nach historischen Vorlagen wurde der Stuck rekonstruiert, der an der Decke im Rheinlandsaal aufgebracht wird.
Beate Au

Stück für Stück weicht die Baustellenkulisse zurück und gibt das Ergebnis des Wiederaufbaus frei, der nach der Flut mit dem Rückbau begonnen hat. „Eine Herausforderung war es, dass das Planen und Bauen parallel laufen mussten“, so Sibylle Thor. Die Geländer für die Marmortreppen am Aufgang sind noch verpackt, ebenso die Sauberlaufmatten für den Eingangsbereich. Doch wer durch die Tür des Foyers schreitet, spürt die sorgfältig, nach historischen Vorbildern und in Abstimmung mit dem Denkmalschutz wiederbelebte Würde.

Im Barocksaal, der am 18. Februar ebenfalls schon genutzt wird, schützt eine Folie das kostbare Parkett.
Beate Au

Sprühnebel ist Teil des Brandschutzes

Doch um eines kommt das geschichtsträchtige Haus nicht herum: den Brandschutz. Derzeit seien Handwerker noch dabei, die Brandschutzmelder zu programmieren, berichtet Sibylle Thor. Zum Brandschutzkonzept für dieses als Sonderbau klassifizierte Gebäudeensemble gehört auch eine Sprühnebelanlage, die in den Dachstühlen über dem großen Kurhaussaal und im Barocksaal installiert ist. Das dafür notwendige Wasserbecken mit einem Rauminhalt von 22,6 Kubikmetern wird seinen Platz noch über einem Teil der Bühne im großen Kurhaussaal bekommen. Da es noch nicht eingebaut ist, wird es für die Veranstaltung am 18. Februar drei Brandwachen zur Vorsorge geben, die Dachstuhl, die Brandmeldezentrale und den Saal sowie Fluchtwege im Auge behalten. Außerdem wird es einen Bereitschaftsdienst für die Technik heben. „Wenn etwas ausfällt, muss jemand da sein, der sich auskennt“, so Thor.

Die Kristallleuchter strahlen nach der Aufarbeitung noch heller.
Beate Au

Wer den großen renovierten Kurhaussaal betritt, wird sich kaum noch daran erinnern, dass einem hier vor der Flut die Farben Gold, Weiß und Rot begegnet sind. Die von einer Restauratorin aus Köln mit Blick auf die historischen Vorbilder nun gewählte einfarbige Wandgestaltung lässt die gute Stube von Bad Neuenahr nicht nur heller wirken, sondern lenkt den Blick auch stärker auf die Kristalllüster. Weiß-beige Töne dominieren dagegen im Foyer und im Treppenhaus.

Küche mit Fenster zur Ahr

Eine neue Küche steht für die Bewirtung der Gäste ebenfalls zur Verfügung. Grundsätzlich gekocht wird aber in der Küche des Steigenberger Hotels.
Beate Au

Vorbei sind auch die Zeiten, in denen Fenster verdunkelt oder unsichtbar gemacht wurden. In der Küche ist der Blick nun frei auf die Ahr. Grundsätzlich gekocht wird allerdings in der Küche des Steigenberger Hotels, das über einen Verbindungsgang an das Kurhaus angeschlossen ist. In der Kurhausküche mit begrenztem Herdkontingent stehen vor allem Kombidämpfer, mit denen die vorbereiteten Speisen auf den Punkt gegart werden können. Außerdem gibt es hier Spülstraßen. Auch hier blitzt der Edelstahl und ist alles bereit für den ersten Einsatz.

Der Blick von der Empore auf den Saal ist ein besonderer. An der Decke sind die Lüftungsschächte zu sehen, wo die zirkulierende Raumluft abgesaugt wird. Beheizt wird das Haus mit Fernwärme.
Beate Au

Der künftige Rheinlandsaal ist allerdings noch Baustelle. „Im Frühjahr wird dieses Schmuckstück fertig“, so Architekt Bungarten. Vorher gab es hier eine Garderobe. Jetzt wird dieses Zimmer wieder in Szene gesetzt – inklusive der kleinen Kuppel, die unter der abgehängten Decke verborgen war. Hier wird künftig wieder das ursprüngliche Raumerlebnis zu spüren sein mit einer Stuckdecke, die nach den Vorlagen von Abdrücken rekonstruiert wird. Auf einem Gerüst sind die Stuckateure gerade dabei, ihr kunstvolles Werk an die Decke zu bringen. Und so wurden bei der Sanierung des altehrwürdigen Gebäudes aus der Gründerzeit des Heilbades auch einige Schätze gehoben, die vor der Flut ein Schattendasein führten.

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