Die RZ sprach mit Betreibern an der Ahr und am Rhein - Die Erfahrungen sind sehr unterschiedlich
Corona, Flut, Krieg: Wie gebeutelt ist die Gastronomie im Kreis Ahrweiler?
Die Gastronomie hat es derzeit nicht leicht. Corona, Flut und dann auch noch der Ukraine-Krieg erschweren in vielerlei Hinsicht den Betrieb. Damit geht jeder anders um. Die RZ sprach unter anderem mit Norbert Senk vom Brauhaus in Bad Neuenahr-Ahrweiler ...
Mirjam Hagebölling

Die Lage in den Gastronomiebetrieben insbesondere an der Ahr ist nicht gerade rosig. Allein in Bad Neuenahr-Ahrweiler haben laut Kreis-Dehoga-Chef Günther Uhl 80 Prozent der Betriebe nicht wieder aufgemacht. Nach Corona und der Ahrflut werden sie jetzt durch gestiegene Lebensmittel- und Energiepreise auch aufgrund des Russland-Ukraine-Krieges gebeutelt. Die Preissteigerung wird an die Gäste weitergegeben. Kommen deshalb weniger, oder haben sie Verständnis? Die RZ hat sich umgehört.

Die Gastronomie hat es derzeit nicht leicht. Corona, Flut und dann auch noch der Ukraine-Krieg erschweren in vielerlei Hinsicht den Betrieb. Damit geht jeder anders um. Die RZ sprach unter anderem mit Norbert Senk vom Brauhaus in Bad Neuenahr-Ahrweiler ...
Mirjam Hagebölling

Einer der wenigen Betriebe in Bad Neuenahr-Ahrweiler, der schon seit vergangenem Jahr geöffnet hat, ist das Brauhaus von Norbert Senk. „Bei uns hat es so gut geklappt, weil sowohl unsere ganzen Mitarbeiter von Anfang an nach der Katastrophe mitgeholfen haben als auch die Handwerker, die schon lange für uns arbeiten, sofort präsent waren. Es sind einige Gastronomen, die, obwohl sie nicht vom Ahrhochwasser betroffen waren, weggegangen sind. Ich bin seit 40 Jahren hier als Selbstständiger ansässig und habe für die Leute und Helfer hier nach der Katastrophe gekocht, ebenso wie Hans Stefan Steinheuer für die Leute in Heppingen, da hat man eine andere Einstellung, weil man eine Verpflichtung gegenüber den Leuten empfindet. Auch deshalb sind uns trotz Preissteigerungen, die wir deutlich auf der Speisekarte deklariert haben, die Gäste treu. Es ist eine Win-win-Situation. Die Leute sind froh, dass es uns hier gibt, und wir sind froh, dass die Gäste kommen. Sie haben aufgrund der extremen Energie- und Einkaufspreise, aber auch der Lohnkosten Verständnis dafür. Es wird aber künftig ein Umdenken geben müssen. So werden wohl Gäste dafür Verständnis haben müssen, wenn etwa ein Betrieb statt einem zwei Ruhetage einlegt, einfach weil er kein Personal hat.“

Es sei keinem aus dem Gewerbe zu verdenken, wenn er mittlerweile irgendwo an der Kasse sitzt, und dann denkt, das geht doch auch, und er zudem an den Wochenenden freihat. Senk stellt auch fest, dass bereits wieder eine Belebung durch den Tourismus erfolgt. Sie könnten etwa in den Weinbergen wandern, da die Winzer wieder einige Aktionen durchführen, und auch wenn im Kurpark etwas los sei, kämen wieder Leute von auswärts.

... mit Linda Kleber (rechts) vom „Kleber's“ in Sinzig - hier bei der Betriebsübernahme mit Jean-Marie Dumaine, ...
Vollrath

„Der Besuch ist rückläufig, ja es kommen definitiv weniger Gäste“, hat Linda Kleber von „Kleber’s“ im ehemaligen Vieux Sinzig registriert. Eigentlich hätten sie einen für Januar ungewöhnlich guten Monat gehabt, dann aber hätten sie im Februar Urlaub gemacht, auch weil ihr Verpächter Jean-Marie Dumaine die Küche für die Herstellung seiner Manufakturprodukte gebraucht habe. Indes sei bereits der Krieg losgegangen.

„Dann kam im März durch die Ukraine-Krise der Einbruch, wir haben unsere Preise anpassen müssen, weil nicht nur die Lebensmittel- sondern auch die Transportkosten deutlich gestiegen sind. 5 Euro für einen Liter Öl ist ja schon deftig, auch Butter ist teurer. So haben wir dann beim Spargelessen eine Crème Fraîche angeboten. Wer Sauce Hollandaise haben wollte, musste eben 2,40 Euro extra zahlen. Wir sehen schon, dass wir die Lichter eher ausmachen, nur einen Gasherd betreiben und im wahren Wortsinn alles auf reduzierter Flamme fahren“, so Linda Kleber.

Corona ist noch nicht vorbei

Die Gastronomin, die mit ihrem Mann nach ihrem überfluteten Betrieb in Ahrweiler gerade erst Ende des vergangenen Jahres wieder neu in Sinzig gestartet ist, beschreibt die Stimmung als nicht besonders gut. „Corona, Flut und jetzt auch noch der Krieg, die Gastronomie ist irgendwie immer betroffen, und wer weiß, ob denen im Herbst wieder einfällt, einen Lockdown zu machen – und Corona ist auch jetzt noch nicht vorbei. Gerade erst habe ich eine Absage von einem Verband bekommen. Wegen Corona hat sich die Gruppe von zwanzig auf neun Personen reduziert“, erklärt die Gastronomin.

Auch hätten sie aufgrund der gestiegenen Betriebskosten ihr Personal von acht auf fünf reduziert. „Essen gehen ist ein Luxus geworden, deshalb sind wir von unserer Gourmetschiene etwas abgewichen und bieten nun auch einfache regionale Gerichte wie Rouladen oder Kotelett an, es muss niemand ein Menü für 60 Euro bestellen.

Zulauf in Remagen spürbar

Nicht bestätigen kann diese Erfahrungen Kristina Zuber, Geschäftsführerin von Schroeders Wacht am Rhein an der Remagener Promenade, an der sich ihr Betrieb seit 16 Jahren hält. Sie verzeichnet weder beim Publikum noch beim Personal einen Rücklauf. „Durch die Ahrflut und aufgrund des Umstands, dass ganz viele Betriebe geschlossen haben und wohl auch nicht mehr öffnen werden, habe ich einen spürbaren Zulauf aus dem Ahrgebiet“, so die Gastronomin.

Hinsichtlich der Preissteigerungen sagt sie: „Eigentlich war das ganz lustig zu beobachten, anfangs habe ich die Preise nämlich gar nicht erhöht, und die Leute haben sich trotzdem beschwert, dass es zu teuer ist, das war wohl psychologisch – mittlerweile musste auch ich die Preise moderat anheben, hier mal 20 Cent, da mal 30 Cent, dort mal einen Euro. Die Kosten haben sich teilweise verdoppelt und verdreifacht, so kosten zehn Liter Öl nun nicht mehr 10, sondern 30 Euro, dann gibt es neuerdings einen Aufschlag von den Lieferfirmen für den Transport.“ Sie glaubt allerdings, dass es für die Gastronomie insgesamt noch schwieriger werden könnte.

... und mit Sternekoch Hans Stefan Steinheuer vom Landgasthof „Zur alten Post“ in Heppingen
Vollrath

Auch Sternekoch Hans Stefan Steinheuer, der in Heppingen seinen Landgasthof „Zur alten Post“ betreibt, ist trotz angehobener Kosten zuversichtlich: „Die Preise haben sich generell erhöht etwa bei Butter, Sahne, Milch. Wir haben aber auch 20 Prozent höhere Personalkosten. Seit dem 1. April bekommen die Azubis mehr, der Mindestlohn liegt über 12 Euro. Aber auch Fisch, sogar Lachs ist teuer wie nie zuvor.

Wir steigen jedoch nicht wie manche Kunden im Einzelhandel auf Billigprodukte um, sondern liefern nach wie vor das Beste, auch wenn es aufgrund von Corona-Spätfolgen so ist, dass es einen täglichen Kampf ums Produkt gibt, da die Märkte noch nicht wieder so funktionieren. Einzelne Produkte sind auch aufgrund des Brexits nicht mehr so gut verfügbar wie etwa Fisch aus irischen und britischen Gewässern. In anderen Bereichen haben sich die Preise zwischen 30 und 100 Prozent erhöht. Natürlich schlägt sich dies auch auf die Abgabepreise bei uns nieder. Doch wir haben nicht einen Gast weniger.“

Nach der Flut hätten sich die Gäste erst nicht getraut zu kommen, weil es den Menschen rings rum nicht gut geht. Doch nach einer gewissen Zeit seien sie wieder gekommen. „Der Name Steinheuer funktioniert, durch 38 Jahre Selbstständigkeit sind wir autark, und letztlich geht es darum, dass die Wirtschaft hier vor Ort weitergeht, was dann schließlich allen hier zugutekommt“, so der Sternekoch.

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