Umweltausschuss der Gemeinde Grafschaft diskutiert, wie man den sich häufenden, lang anhaltenden Dürreperioden begegnen kann
Brunnen reaktivieren: Tropfen auf den heißen Stein?
Die Trockenheit wird auch für die Landwirtschaft in der Grafschaft zum Problem. Foto: dpa
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Grafschaft. Klimawandel und lang anhaltende Dürreperioden sind längst im Alltag angekommen. Vor allem die enorme Trockenheit wie in den letzten Dürresommern macht der gesamten Landwirtschaft arg zu schaffen. Der Ruf der Bauern nach Wasser in den Außenbereichen der Grafschaft wird lauter. Strategien für die Wasserversorgung müssen gefunden werden, um den Ackerfrüchten und dem Obst das Überleben zu sichern. Ist jetzt eine Lösung in Sicht?

In seiner jüngsten Sitzung beschäftigte sich der Grafschafter Umweltausschuss mit dem Thema Nutzung von Brunnenanlagen bei anhaltenden Trockenphasen. Nach langer und kontrovers geführten Diskussion sprachen sich die Ausschussmitglieder einstimmig dafür aus, dass der Nutzungsbedarf der Altbrunnenanlagen auf der Grafschaft mit dem Beregnungsverband Rheinland-Pfalz Nord abzustimmen ist. Daneben soll unter anderem auch ein Kostenangebot für eine längerfristig angelegte Studie zu geologischen Gegebenheiten und der Wasserversickerung beziehungsweise -vorhaltung durch einen Geohydrologen oder entsprechenden Fachexperten eingeholt werden.

Derzeit bestehen auf der Grafschaft 18 Grundwasserförderbrunnen, von denen an vier Brunnen in Lantershofen, Bölingen und Gelsdorf aktiv Wasserförderungen erfolgen. Bei den 13 inaktiven Brunnen in Lantershofen (3), Alteheck (3), Bengen (3), Vettelhoven (1), Nierendorf (1), Birresdorf (1), Eckendorf (1) und Oeverich (1), die vor mehr als 20 Jahren stillgelegt wurden, sind die Entnahmerechte erloschen. Seither bezieht die Gemeinde das Wasser von der Wahnbachtalsperre. Neben den aufzubringenden Instandhaltungskosten sei damals die hohe Nitratbelastung des Wassers der eigenen Brunnen ausschlaggebend ge- wesen.

Nach Angaben des Ministeriums für Umwelt werden die höchsten Nitratgehalte des oberflächennahen Grundwassers mit 200 bis 350 Milligramm pro Liter an Messstellen in den Gemüseanbaugebieten um Frankenthal und Ludwigshafen gemessen. Ebenfalls deutlich erhöhte Nitratwerte sind in den Wein- und Obstbaugebieten am Haardt-rand und in der rheinhessischen Rheinniederung festzustellen. Das rheinhessische Plateau, die südliche Vorderpfalz, das untere Nahetal, das Moseltal, Teile des Bitburger Landes, das Pellenzer Feld und das Maifeld westlich von Koblenz sowie das Neuwieder Becken bilden weitere Schwerpunkte der Nitratbelastungen. „Die Altbrunnen der Grafschaft werden hinsichtlich der Nitratbelastung nicht beprobt. Dies würde nur Sinn machen, wenn die Brunnen in Betrieb wären und somit das Grundwasser in Bewegung. So steht das Wasser in den Brunnenschächten. Verweildauer dort ist uns nicht bekannt“, erklärte Bürgermeister Achim Juchem. Er hielt fest: Beprobt würden somit nur die Altbrunnen, „die aktuell durch den Beregnungsverband genutzt werden“.

Die Kosten für die Beprobungen und Analytik beliefen sich auf rund 600 Euro. Die Bildung des Grundwassers in Rheinland-Pfalz war auch im Winterhalbjahr 2020/201 landesweit unterdurchschnittlich. Im Durchschnitt der letzten 18 Jahre ist die Grundwasserneubildungsrate um rund 25 Prozent gegenüber den Jahren 1951 bis 2002 zurückgegangen. Die Umstellungen der landwirtschaftlichen Produktionsprozesse durch eigene Brauchwasserversorgung kann nach Angaben von regionalen Landwirten der Grafschaft dazu führen, dass Grundwasser führende Schichten erst in bis zu 80 Metern Tiefe zu erschließen wären. Wäre der Aufwand gerechtfertigt?

„Unser Betrieb hat einen Brunnen von der Gemeinde gekauft. Er ist einer der aktivsten Brunnen der Grafschaft. Gefördert werden können aber nur rund vier Kubikmeter Wasser in der Stunde“, stellte Stephan Müller (FDP) trocken fest. Seiner Meinung nach wäre die Grafschaft besser beraten, über eine zusätzlich Leitung Wasser für die Landwirtschaft von der Wahnbachtalsperre oder einem anderen Anbieter zu beziehen, meint er mit Blick auf das spärlich sprudelnde Wasser aus seiner Brunnenanlage: „Keine Sinnhaftigkeit, eher ein Tropfen auf den heißen Stein.“

Margret Nelles-Lawnik (CDU), selbst Landwirtin, schloss sich der Meinung ihres Kollegen an: „Ich weiß nicht, welchen Sinn es haben sollte, die alten Brunnen für die Landwirtschaft wieder zu aktivieren.“ Hingegen konstatierte Günter Bach (SPD) mit Blick auf die Anpassung an den Klimawandel: „Wir sind froh, dass wir die alten Brunnen haben.“ Zumal bei einer Reaktivierung dieser inaktiven Brunnen die Wasserrechte erneut beantragt werden müssten. Die Brunnen der Gemeinde werden durch die Regionalwerke Grafschaft optisch inspiziert und über eine Lotmessung der aktuelle Wasserstand sowie die Brunnentiefe bestimmt. Das Angebot an Wasser in den jeweiligen Brunnen könne erst durch einen kostenintensiven Leistungstest ermittelt werden. Ein solcher Leistungstest sei dann auch eine Voraussetzung zur Beantragung des Wasserrechts.

Für die Nutzung der Brunnen zur Deckung des Brauchwasserbedarfes der Landwirte befinden sich die Regionalwerke Grafschaft derzeit im engen Austausch mit dem Beregnungsverband Rheinland-Pfalz Nord. Für zwei weitere Brunnen in der Gemarkungen Alteheck und Birresdorf sei bereits Interesse bekundet worden. Aufgrund der Problematik des „stehenden Wassers“ in den Brunnenanlagen könne kein aktueller Wasserqualitätswert vorgelegt werden. Die Kosten für den laufenden Betrieb eines intakten Brauchwasserbrunnen seien „überschaubar“, meint die Verwaltung. Die Vorlaufkosten, um einen Brunnen in einen betriebsfähigen Zustand zu versetzen, seien signifikant von dem Zustand der Entnahmestelle abhängig und könnten nur nach individueller Prüfung durch ein Fachingenieurbüro ermittelt werden.

Von unserem Mitarbeiter Horst Bach

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