In Brohl trifft die Brohltal-Schmalspurbahn vor ihrem Güter- und Umladebahnhof mit dem Hafengleis auf die viel befahrene zweigleisige DB-Hauptstrecke Köln-Koblenz. Die muss überbrückt werden. Gleichzeitig ist hier ein Knoten für den Straßenverkehr. Von der Bundesstraße B 9 Koblenz-Bonn zweigt kreuzungsfrei via Brücke die Bundesstraße 412 ab, die über die Bahnhofstraße und alle Gleise durchs Brohltal zum Nürburgring führt. Andererseits queren Züge zum Hafen wiederum die B 9 per Bedarfsbahnübergang. Schließlich verläuft der Brohlbach quer durch und mündet in den Rhein. Noch etwas Besonderes: Die Brohltalbahn hat eine „Meterspur“ oder „Schmalspur“ (1000 mm), die DB-Gleise (1435 mm) gelten als „Normalspur“. Am Umladebahnhof gibt es ein „Dreischienengleis“, das einen Übergang ermöglicht.
Im Mittelpunkt der aktuell laufenden Arbeiten steht die historische Stahlfachwerkbrücke, über die die aus dem Tal und von ihrem Bahnhof kommende Brohltalbahn die DB-Strecke überbrückt. Über eine lange Rampe hinunter und in sogenannten „Sägefahrten“ hin und zurück rangierend geht es zum Umladebahnhof und zum Rheinhafen.
Rostschäden an der alten Brücke
Die imposante, genietete Stahlfachwerkbrücke stammt aus dem Jahr 1901, dem Jahr der Eröffnung der Strecke. 1957, als die zweigleisige DB-Linie elektrifiziert wurde, musste das Brückenbauwerk mit einem Stahlunterbau um 93 Zentimeter angehoben werden, damit die Fahrdrähte für die E-Loks darunter passten.
Nach 120 Jahren haben Korrosionsschäden der Brücke gerade an den tragenden Teilen zugesetzt. Die „Auflaschungen“ von 2015 sind stark angegriffen. Dort, wo die elektrischen Drähte mit hoher Stromspannung vorbeilaufen, gibt es deutliche Abnutzungsspuren. Bauwerksprüfingenieur Manfred Schlich aus Kempenich, für die Sicherheit der Brohltalbahn zuständig, konnte die Brücke für die weitere Befahrung nicht mehr zulassen.
Der Sanierungsplan wurde zusammen mit allen Beteiligten von Bahn- und Straßenverkehr aufgestellt. Zwei Mobilkräne haben den 78 Tonnen schweren Stahlkoloss „aus der Strecke gehoben“ und am Bahnhof abgesetzt. Unter einem vorm Wetter schützenden Zeltdach laufen die Reinigungs- und Sanierungsarbeiten mit Abstrahlen, fachlichem Begutachten, schließlich Ausbessern. Eine Eisenbahn-Fachfirma aus dem Saarland wird der Fachwerkkonstruktion zu alter Stärke und neuem Glanz verhelfen, wie Manfred Schlich im RZ-Gespräch berichtete. Zugleich werden am Brückendamm nebenan die Widerlager erneuert.
Das zum Umladebahnhof hinab führende Rampengleis wird mit Betonmauern und Stahlankern saniert sowie stabilisiert. Hier ist es laut Schlich wichtig, die Betriebssicherheit auf der direkt nebenan verlaufenen DB-Strecke Köln-Koblenz zu verbessern, sodass von kreuzenden und rangierenden Brohltalzügen und ihrer Fracht keine Gefahr für den regen Zugverkehr auf der Rheintallinie ausgeht. Gerade diese Nachbarschaft bringt hohe Sicherheitsanforderungen.
Wie für das „Ausheben“ muss für das „Einheben“ der dann sanierten Brücke via Mobilkräne eine „Sperrpause“ mit der DB abgesprochen werden, in der kein DB-Zug auf der Rheinstrecke fahren darf. Es gibt schon ein „Rückkehrdatum“: am 19. Juli hat Schlich eine „Sperrpause“ zum Einheben gebucht.
Am Güterbahnhof in Brohl wird das Rampengleis hoch über der DB-Bahnlinie (links im Bild) saniert und gesichert.
Wenn die Stahlfachwerkbrücke wieder sitzt und die Strecke für den Verkehr freigeben werden kann, dann ist die Sanierung der Brohltalbahn noch lange nicht zu Ende. Alexander Bell als Geschäftsführer der Brohltal-Eisenbahn GmbH, Projektleiter Schlich und Bauüberwacher Frank Muth wissen: „Es sind noch weitere sechs Stahlbrücken, drei Gewölbebrücken, vier Stützwände und zwei Streckenabschnitte zu sanieren. Wegen der ungewöhnlich hohen Kostensteigerungen in den vergangenen zwei Jahren sind noch große finanzielle Kraftanstrengungen erforderlich.“
Die aktuelle Baustelle ist mit Kosten von 3,1 Millionen Euro veranschlagt. 85 Prozent davon übernimmt das Land Rheinland-Pfalz, das bereits für den ersten Bauabschnitt 4,69 Millionen Euro gewährt hatte. Da ging es um Tunnel und Brücken auf der 17 Kilometer langen Bahnstrecke zwischen Bahnhof Brohl und Engeln.
Größtes Projekt in der VG Brohltal
Die Sanierung der Brohltalbahn wurde als erstes Projekt aus dem Fördertopf des Landes für „nichtbundeseigene Eisenbahninfrastrukturen ohne täglichen Personenverkehr“ bezuschusst. Die restlichen 15 Prozent trägt die Verbandsgemeinde Brohltal. Denn die ist über die Brohltal-Eisenbahn GmbH der Eigentümer der Bahnanlagen mit Gleisen, Brücken und Tunneln bis hin zu den Bahnhöfen.
Der Eigenanteil sei „jeweils ohne Diskussion fraktionsübergreifend“ im Haushalt der Verbandsgemeinde eingestellt worden, berichtete Bürgermeister Johannes Bell. Er bezeichnete die Bahn-Sanierung als „das mit Abstand größte und umfangreichste Projekt, welches je in der Verbandsgemeinde Brohltal initiiert wurde“.
Einmalig in Deutschland
Die Verbandsgemeinde hat 1995 die Brohltal-Eisenbahn GmbH übernommen und ist seither „Infrastrukturbetreiberin“. Für Betrieb und Personal ist seit 1. April 1992 die Brohltal-Schmalspureisenbahn Betriebs-GmbH zuständig. Es ist ein einmaliges Bahn-Konstrukt in Deutschland: Denn sie wird von der „Interessengemeinschaft Brohltal-Schmalspureisenbahn“ (IBS) getragen, die 100 Eisenbahnbegeisterte am 2. September 1987 gründeten, um den Fortbestand des Personen- und Güterverkehrs zu sichern.
Ursprünglich war der Gütertransport aus dem Brohltal bis hin zum Rheinhafen das Hauptgeschäft. Das kriselte. Die Lösung: Bereits am 25. März 1977 startete unter dem Markenzeichen „Vulkan-Express“ ein für Eisenbahnfreunde und Touristen attraktiver Ausflugsverkehr mit schmucken Oldtimer-Dampf- oder Dieselloks auf der interessanten Bahnstrecke mit Hocheifel-Panorama und Blick auf die Burg Olbrück bis in die Region der Vulkankegel bei Engeln.
Der Vulkan-Express ist aber aus wirtschaftlicher Sicht bei Weitem nicht ausreichend.
Stefan Raab, Geschäftsführer der Brohltal-Schmalspureisenbahn Betriebs-GmbH
Die Bahn sei „vorbildlich in die touristische Servicekette eingebunden“, lobte der Verkehrsminister, als er den Millionenzuschuss für die Bahnsanierung brachte. Die Brohltalbahn habe sich nicht nur für die Region als touristisches Aushängeschild entwickelt, auch die Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe profitierten als Ausflugsziel für ihre Gäste von der historischen Bahn. Regelmäßig legt das Rhein-Fahrgastschiff MS Beethoven mit Gästen aus Bonn und Linz im Hafen Brohl an.
Die Bahner haben vor rund 20 Jahren den Rheinanleger gekauft, halten diesen instand und zahlen „Wasserpacht“. Der Vulkan-Express kommt über die Hafenbahnlinie und holt dort die Fahrgäste zur Weiterfahrt ab. „Eine Kombination, welche so einzigartig in Deutschland und ein Alleinstellungsmerkmal ist“, formuliert Schlich nicht ohne Stolz.
Durchs Brohltal selbst gibt es feste Wander- und Abendfahrten, im Sommer auch als besondere „PmG“ (Personenzug mit Güterbeförderung), zudem Winter-, Nikolaus- und Silvesterfahrten. Wegen einer Straßenbaustelle mit Vollsperrung wurde die Bahn zwischen dem 4. April und dem 20. Mai 2022 an Schultagen für den Schülerverkehr genutzt. Mehr als 74.000 Fahrgäste kommen pro Jahr zusammen.
„Der Vulkan-Express ist aber aus wirtschaftlicher Sicht bei Weitem nicht ausreichend“, erläutert Stefan Raab, Geschäftsführer der Brohltal-Schmalspureisenbahn Betriebs-GmbH. Deshalb verdienen seine 35 Brohltalbahn-Mitarbeiter zusätzlich Geld mit anderen Dienstleistungen unter anderem für die Deutsche Bahn. Dafür wurden zwei kleine Loks, eine Streckendiesellok sowie acht Rangiermaschinen angeschafft.
„Wir fahren unter anderem für den Hafen Bendorf, für Rasselstein und für den Aluminiumkonzern Novelis.“ Die GmbH unterhält einen weiteren Lokschuppen in Neuwied – im Bahnhof Brohl sind in erster Linie die alten Schätzchen für die touristischen Vulkan-Express-Touren untergebracht, die nebenher mit großem Engagement und viel Geld zusammen mit Ehrenamtlichen hergerichtet werden.
Fürs Geschäft werden die Brohler Bahnanlagen gebraucht, die gerade saniert werden. Im Umladebahnhof an der B 9 werden alle aus dem Brohltal per Bahn beförderten Güter (zu fast 100 Prozent Waren der AG für Steinindustrie) mittels „Reachstacker“ oder Stapler (bei BigBags) auf Lkw für den Straßentransport umgeschlagen. Die leeren Container „werden nach dem Lkw-Nachlauf dort auch wieder auf die Containertragwagen gesetzt. Der Standort für diese Arbeiten ist für die Durchführung dieser Verkehre technisch bedingt alternativlos“, erklärt Manfred Schlich.
Fahrzeuge für den Schulbetrieb
Im Normalspurbereich, also auf den DB-Gleisanlagen, werden von Raabs Mitarbeitern immer wieder unterschiedlichste Güter aus dem Hafengelände abgefahren. So wurden die Baustoffe für die Bahnhofssanierung der Bahnsteiganlagen Remagen, Stammholzganzzüge und immer wieder Schüttgüter (oftmals Gleisschotter für DB-Gleisbaustellen) im Hafen Brohl umgeschlagen.
Bleibt noch als wirtschaftliches Standbein die Fahrzeug- und Anlagenvermietung für Schulungen. Für die Ausbildung von Triebfahrzeugführern, Rangierbegleiter und auch Wagenprüfer/Wagenmeister sind zwei der normalspurigen Triebfahrzeuge sowie sechs Güterwagen an einen Schulungsträger vermietet. „Dieser führt auf den Gleisanlagen im Umladebahnhof und der Hafenbahn seine Ausbildungsmaßnahmen durch, womit nahezu an jedem Werktag dort Betrieb zu beobachten ist“, erläutert Stefan Raab.