Zwar sind laut Gerd Mainzer, zweiter Vorsitzender des unabhängigen Opferschutzvereins „Weisser Ring“, Senioren statistisch gesehen nicht so sehr von Straftaten betroffen wie jüngere Generationen, trotzdem tut Aufklärung Not. Denn der berühmte Enkeltrick, der falsche Kriminalbeamte, der angebliche Handwerker oder Mitarbeiter von Energieversorgern, Telefon- und Trickbetrügereien führen nach wie vor Tausende Menschen hinters Licht und bringen sie um ihr Geld. „Denn die Betrüger wollen alle nur ihr Bestes, und das ist ihr Geld“, erklärte der Kriminalhauptkommissar. Gemeinsam mit weiteren 13 Mitwirkenden betreut er auch die Außenstelle des Weissen Rings im Kreis Ahrweiler, die von Dorsel bis Burgbrohl zuständig ist.
„Passen sie einfach auf, es gibt viele Methoden, und die Kriminellen werden immer raffinierter und sorgfältiger.“
Andreas Geron, Stadtbürgermeister von Sinzig
Vielen der rund 40 Zuhörer, die auf Einladung der Senioreninformation um Sabine Schmitz in den Sinziger Rathaussaal gekommen waren, sind Betrug und auch gewaltsame Übergriffe von Kriminellen nicht fremd, wie sich zeigte. Deshalb verfolgten sie sehr aufmerksam, was Mainzer und Kriminalhauptkommissar Franz-Josef Hammes vom neuen Kriminalreferat der Polizeiinspektion Remagen in ihrem Vortrag zu sagen hatten. Auch Bürgermeister Andreas Geron gab eingangs mit auf den Weg: „Passen sie einfach auf, es gibt viele Methoden, und die Kriminellen werden immer raffinierter und sorgfältiger.“ Das konnten Mainzer und Hammes nur bestätigen.
Ein ganz wichtiger Faktor, wie man sich vor bösen Absichten schützen kann, ist der Kontakt und die Vernetzung mit anderen Mitmenschen. „Treffen sie sich regelmäßig mit anderen, zu zweit oder in einer Gruppe, tauschen sie sich über ihre Erlebnisse und Erfahrungen aus, dann lassen sie sich eher weniger in Geschehnisse verstricken, die ihnen übel mitspielen sollen“, regte Mainzer an. Denn bei einem solchen sozialen Rückhalt wäre etwa der Fall einer Dame nicht schlecht ausgegangen, die länger als eine Woche mehrmals täglich von einem vermeintlichen Kriminalbeamten kontaktiert wurde, der mit der Notrufnummer 110 oder der offiziellen Nummer der zuständigen Polizeiinspektion anrief. Der Mann baute Vertrauen auf und hielt die Seniorin so bei der Stange. Am Ende überantwortete die Frau dem falschen Polizisten ihr gesamtes Vermögen, nachdem sie mit einem ausgeklügelten Lügenkonstrukt davon überzeugt worden war, dass Mitarbeiter ihrer Bank verbrecherischen Hintermännern zuarbeiteten, die es noch zu fangen galt. „Die bekannten Telefonnummern werden auf ihr Display gespielt, aber die Polizei würde nie mit der 110 anrufen und niemals Wertgegenstände oder Geld entgegennehmen. Trotzdem fallen wöchentlich Menschen auf solche und ähnliche Betrügereien rein“, so Mainzer. Im Jahr 2023 gab es laut Mainzer 3729 Betrugsversuche, 152 davon von Erfolg gekrönt. 2024 war es ähnlich.

Grundsätzlich gelte, so wenig von sich Preis zu geben, wie es nur geht. Weder zu familiären noch zu finanziellen Hintergründen, weder im Internet noch am Telefon. Für Letzteres gilt: „Einfach auflegen, bleiben sie dran, haben sie schon verloren“, sind sich Mainzer und Hammes einig. Gleiches gilt für Schockanrufe von angeblichen Obrigkeiten wie Staatsanwälten, die etwa um eine Kaution für ein Familienmitglied des Angerufenen bitten oder sonstige abstruse Hintergründe, die angebliche Enkel, Kinder oder Schwiegerkinder anführen, um eine Geldanweisung zu erhaschen. Außerdem überbringe die Polizei niemals schlechte Nachrichten per Telefon, sondern käme persönlich. Wobei es dann auch angezeigt ist, sich den Ausweis zeigen zu lassen.
„Ein Sicherheitsriegel an der Eingangstür ist davon abgesehen eine wirklich gute Sache“, ergänzte Mainzer. Der Enkeltrick geht immer gleich. Der Anrufer fragt, weißt du, wer dran ist? Nein? Dann rat doch mal. Dann wird ein Name genannt und natürlich ist es dann der Vermutete am anderen Ende. „Es ist auch schon vorgekommen, dass der eigene Sohn vor der Haustüre stand und die Mutter meinte, das könnte nicht sein, sie hätte ihn doch gerade am Telefon“, erklärte Mainzer.
Tipp: Adressen im Internet genau ansehen
Und wer im Internet in sozialen Netzwerken seine Vorlieben wie etwa zu Musik oder anderem postet, der bietet schon für kriminelle Anrufer hinreichend Angriffs- und Verstrickungspotenzial. Werden im Netz etwa Medikamente bestellt, ist es ratsam, sich die Netzwerkadresse genau zu besehen. So weise der Anlauf https aufeine Seite aus Deutschland hin, ohne das „s“ am Ende könne sie von überall her stammen. Aber auch verdächtig kostengünstige Angebote seien oft auf Abzocke aus. Eine Villa am Gardasee für 400 Euro die Woche zu buchen, lässt schon vermuten, dass es diese gar nicht gibt.
Doch die Betrüger werden insgesamt immer perfider. „Wir hatten einen Anruf von unserer Kreissparkasse, die wussten alle unsere Daten, Konten und Nummern, am Ende waren Tausende Euro weg“, platzt es aus einer Dame heraus. In solchen Fällen raten die Experten, immer erst aufzulegen und bei den jeweiligen Unternehmen anzurufen, ob es sich auch tatsächlich so verhält, dass sie etwas von ihren Kunden wollen. Auch wenn offensichtlich der Bagger einer Baustelle vor dem Haus steht, lässt man Handwerker nicht ins Haus ohne bei den Firmen oder Stadtwerken anzurufen.
„Bei Fragen, wie man sich im Internet bewegt und damit umgeht, helfen auch unsere ehrenamtlichen Digitalbotschafter.“
Sabine Schmitz von der Senioreninfo
Bei Nachrichten auf dem Handy, wie „Ihre Push-Tan muss verlängert werden“, „Ihr bestelltes Paket braucht die Eingabe der Sendungsnummer etc.“ oder „Hallo Mama, hallo Papa, das ist meine neue Nummer“ oder ominöse Job-Angebote gilt es, sofort die Nummer zu blockieren. Auch bei den Telefonanbietern kann man Nummern sperren lassen. Einen wichtigen Hinweis gab auch Sabine Schmitz von der Senioreninfo: „Bei Fragen, wie man sich im Internet bewegt und damit umgeht, helfen auch unsere ehrenamtlichen Digitalbotschafter.“
Doch nicht nur Aufklärung ist ein zentrales Anliegen des Weissen Rings. „Wir kümmern uns in erster Linie um die Opfer, die an den tatbedingten Folgen leiden. Dabei leisten wir keinen Schadensersatz, aber kümmern uns etwa im Fall eines Einbruchs oder anderer Übergriffe um Betreuung und Nachsorge“, erklärte Gerd Mainzer.
Im Kreis Ahrweiler sind es im Schnitt 120 Fälle pro Jahr. So würde der Opferschutzverein, der sich ausschließlich aus Spenden, Nachlässen und Mitgliedsbeiträgen finanziert, auch Rehabilitationen bezahlen. „Das kann ich bestätigen“, sagt eine ältere Dame leise. Sie war vor langer Zeit einmal vor ihrem Haus überfallen worden und war kurz davor, vergewaltigt zu werden. Nur durch die Geistesgegenwart ihrer Mieterin ist sie vor Schlimmerem bewahrt worden. Das Erlebte hinterließ dennoch seine Spuren.
Das Opfertelefon des Weißen Rings ist täglich unter der Nummer 116 006 in der Zeit von 7 bis 22 Uhr zu erreichen. Weitere Informationen gibt es auf deren Internetseite www.weisser-ring.de/hilfe/onlineberatung Die Senioreninformation der Stadt Sinzig ist erreichbar unter der Telefonnummer 02642/994855 oder per E-Mail sis@sinzig.de