Meisterschaften erstmals im Kreis Ahrweiler - Eine RZ-Reportage
Besondere Premiere: E-Darts-Meisterschaft lockt 416 Mannschaften an den Nürburgring
Noch einmal tief durchatmen und dann voller Konzentration: Für Christian Soethe und das Team der Demolition Darts geht es bei der Deutschen Liga Mannschafts-Meisterschaft (DLMM) am Nürburgring um viel. Neben Ruhm und Ehre locken Reisen in die USA.
Claudia Voß

Einer ganz besondere Premiere konnten Interessierte am Wochenende auf dem Ringboulevard des Nürburgrings beiwohnen. Denn zum ersten Mal überhaupt fand dort die Deutsche Liga Mannschafts-Meisterschaft im E-Darts statt. Eine Veranstaltungen, die viele Sportler und Schaulustige anzog  – auch die RZ war vor Ort.

Lesezeit 6 Minuten

Noch 20 Punkte, 481 sind schon geschafft, der Gegner liegt mit 170 Punkten weit zurück. Der Sieg sollte so gut wie sicher sein. Der erste der drei Pfeile fliegt. Eine Zehn, dann eine Vier und schließlich: Ein Pfeil ins Aus. Christian Soethe zuckt mit den Schultern und gibt das Bord für seinen Gegner frei. Um die elektronische Dartscheibe, das Bord wie es im E-Darts heißt, ist es vollkommen still. Die Anspannung unter den beiden gegeneinander antretenden Teams ist spürbar. Der mehrfache Europa- und Weltmeister im E-Darts beobachtet aufmerksam jede Bewegung seines Kontrahenten.

Mehrere Hundert Kilometer haben die Spieler zurückgelegt, um bei den Deutschen Liga Mannschaftsmeisterschaften (DLMM) im E-Darts am vergangenen Wochenende gegeneinander anzutreten. Ausgetragen wurden diese in diesem Jahr erstmals auf dem Areal des Nürburgrings auf dem Ringboulevard. Von Freitagmittag bis zum frühen Montagmorgen hieß es für die 416 angemeldeten Mannschaften an 202 elektronischen Dartbords Ruhe bewahren, das Bord anvisieren und möglichst schnell den Ausgangspunktestand von 501 Punkten auf null Punkte reduzieren.

416 Mannschaften, 202 Sportgeräte

Insgesamt sechs Sieger wurden im Rahmen dieser dreitägigen Meisterschaft ermittelt. Neben den begehrten Siegerpokalen, fünf Teamreisen zum Worldcup, vier Teamreisen zum Eurocup und den insgesamt für 231 Platzierungen ausgelobten Sportförderpreisen mit einer Gesamtsumme von 44.425 Euro, gab es in diesem Jahr am Ende der Meisterschaft zusätzlich zwei Teamreisen nach Las Vegas sowie eine Mannschaftsreise nach Bratislava zu gewinnen.

Auf dem gesamten Ringboulevard herrscht trotz dieser verlockenden Preise eine entspannte Atmosphäre. Wer gerade nicht selbst im Turnier ist, gönnt sich bei einem Kaltgetränk eine Pause und beobachtet andere Teams bei ihrem Spiel. Auch um das Dartbord 34, wo gerade die Mitglieder der Demolition Darts gegen das Team Checkpoint Darmstadt um einen Sieg ringen, hat sich mittlerweile eine Zuschauertraube formiert. Jeder Wurf wird mit Applaus kommentiert.

Hoffen auf eine Sieg bei der DLMM und eine Reise in die USA: Die Mitglieder des Teams Demolition Darts. Seit vielen Jahren sind die Sportler bereits im E-Darts aktiv.
Claudia Voß

Doch die scheinen Dartspieler Soethe nicht so wirklich zum notwendigen Erfolg zu verhelfen. Im Gegenteil. Was vor Minuten noch undenkbar gewesen wäre, tritt plötzlich ein. Der Gegner, der erst noch mit großem Abstand hinten gelegen hatte, hat seinen Punktestand mittlerweile auf vier Punkte reduziert – und ist damit gleichauf mit Soethe. Voller Konzentration setzt er zum nächsten Wurf an, der Pfeil landet treffsicher auf dem Bord. Zehn Punkte. Gewonnen.

Für Christian Soethe und die weiteren Mitglieder der Demolition Darts ist das Spiel verloren. Ihre Enttäuschung über die Niederlage behalten die routinierten Dartspieler jedoch für sich. Souverän gratulieren sie den Gewinnern und wissen gleichzeitig: Mit dieser Niederlage ist die Meisterschaft noch nicht verloren. „Wir sind ja erst in der Aufwärmphase“, lachen sie.

Die Teamreise nach Las Vegas lockt auch sie. „Wir waren letztes Jahr schon einmal dort. Es war überwältigend zu sehen, welche Bedeutung E-Darts in den USA hat“, erinnert sich Soethes Teamkollege Andreas von der Heyde und schiebt hinterher: „Unser größter Traum wäre es auch in diesem Jahr, dass wir wieder eine Reise dorthin gewönnen. LA ist ein Ort, da kommt man sonst nicht einfach so hin.“

Durch einen Zufall zum Dartsport

Einmal über den großen Teich fliegen, davon träumt auch Marene Westermann. Aus diesem Grund hat die Dartspielerin den Weg zum Nürburgring auf sich genommen – und nicht nur das. „Ich kämpfe das ganze Jahr, um hier teilzunehmen und dann eventuell Meister zu werden“, sagt die 46-Jährige und kann dabei wie Sportkollege Soethe auf eine erfolgreiche Karriere im E-Darts zurückblicken.

1998 hat Westermann mit dem Dartspiel angefangen. „Ich habe immer gern Billard in einer Kneipe gespielt, aber eines Tages war da plötzlich ein Dartautomat und ich dachte: Probiere ich ihn mal aus“, blickt sie auf die Anfänge ihrer Dartkarriere zurück. „Anfangs war ich gar nicht gut. Die ersten drei Pfeile gingen daneben und sind auf dem Billardtisch gelandet. Aber weil dann einige Männer so gelacht haben über meinen Misserfolg, habe ich gedacht, denen zeige ich es. Und ab da habe ich geübt und geübt und geübt“, lacht sie und hat allen Grund dazu.

Ehrgeiz zahlte sich schnell aus

Denn die Mühen brachten schnell erste Erfolge ein. „Nach einem halben Jahr war ich Europameisterin im E-Darts. Mittlerweile habe ich schon so viele Titel gewonnen, ich habe inzwischen aufgehört zu zählen“, sagt Westermann lächelnd und wirkt dabei alles anderes als angeberisch. Vielmehr fügt sie bescheiden hinzu: „Der Dartsport ist trotz allem nur ein Hobby. Von ihm kann ich nicht leben. Und auch eine Reise nach Los Angeles kann ich mir selbst nicht leisten.“

Ähnlich wie Marene Westermann gehe es vielen Dartspielern, ist Bernd Molkenthin, Organisator der DLMM, überzeugt und erklärt: „E-Darts ist ein Volkssport. Es ist kein Sport für eine Elite, er wird von ganz normalen Menschen ausgeübt. In der Kneipe, im Verein oder auch daheim. Viele der Spieler waren wahrscheinlich noch nie in den USA, von daher üben die Reisen dieses Jahr eine große Faszination aus.“ Und nicht nur beim Thema Reisen mache sich das Thema Finanzen bemerkbar.

Freuen sich über eine gelungene Premiere am Nürburgring: Bernd Molkenthin, Organisator der DLMM, und Norbert Schiffer vom Deutschen Sportautomatenbund DSAB/VFS (rechts).
Claudia Voß

So hätten die DLMM rund 20 Jahre auf einem Autohof in Geiselwind stattgefunden. Da die Wettkampfbedingungen allerdings dort nicht optimal gewesen seien, hätten viele Mannschaften den Wunsch nach einer Optimierung geäußert. „Aber als wir dann bekannt gaben, dass es in diesem Jahr zum Nürburgring geht, war eine sehr große Sorge vieler Mannschaften, dass die Kosten für Unterkunft und Verpflegung hier viel zu teuer sind“, sagt Molkenthin.

Eine Mischung aus Sport und Vergnügen

Doch bewahrheitet hätten sich derartige Sorgen nicht, ist er sich sicher und blickt dabei in Richtung der Getränkestände, wo sich viele Menschen eingefunden haben, um sich an diesem warmen Nachmittag mit einem kühlen Getränk zu versorgen. „Das Bier kostet hier fünf Euro, die Currywurst mit Pommes zehn. Klar sind die Preise gestiegen, aber bei so manchem Fußballspiel sind sie noch höher.“

Obgleich dieses Bierpreisvergleichs, dass die DLMM ein Grund sein könnten, um sich zu betrinken, dieses Argument weißt Molkenthin zurück und erklärt: „Auch wenn E-Darts ein Volkssport ist, bei uns geht es nicht ums Bier trinken. Es ist ein Sport, bei dem es um Gemeinschaft geht, bei dem man Spaß hat und den man ohne große Anforderungen ausüben kann. Es ist eine Mischung aus Sport und Vergnügen.“

Sportliche Gleichberechtigung

Rund 70.000 Aktive zählt der Verband der E-Dartsspieler, das Durchschnittsalter liegt zwischen 25 und 45 Jahren. „Es ist ein gelichberechtigter Sport“, so Molkenthin weiter und erläutert: „Im E-Darts gibt es keine Trennung zwischen Damen- und Herrenmannschaften. Bei und ist es normal, dass Männer mit Frauen in einem Team spielen.“ Auch bei den Meisterschaften am Nürburgring sei das so, betont Molkenthin und sagt: „Wir haben hier ausschließlich Ligateams. Und auch bei diesen ist eine Selbstverständlichkeit, dass Frauen und Männer in einer Mannschaft spielen.“

Wer nicht gerade selbt im Turnier sein Können unter Beweis stellt, feuert andere Teams an. Bei den DLMM ist dieses Vorgehen an der Tagesordnung.
Claudia Voß

In der Tat, ein reiner Männersport und ein Sport ohne Gemeinschaftssinn ist E-Darts nicht, wie sich beim Blick über den Ringboulevard feststellen lässt. Bunt durcheinander gemischt stehen die Teams in kleinen Gruppen zusammen, fiebern vereint um Punkte und Treffer und feiern gemeinsam Siege. Auch bei den Männern der Demolition Darts ist das so. Nur wenige Minuten nach ihrer Niederlage stehen sie mit ihren Kontrahenten aus Darmstadt zusammen und stoßen auf deren Erfolg an.

Und nicht nur Erwachsene mischen sich unter das Publikum. Am Tisch vor den Siegerpokalen stehen Ben und Lasse mit ihren Eltern Simone und Thomas Schomisch. Andächtig bewundern die Vier die goldenen Trophäen.

Meisterschaft als Ort, um Freunde zu treffen

Beheimatet im nahen Herschbroich hat es sich die Familie nicht nehmen lassen, bei der DLMM vorbei zu schauen. „Ich spiele selbst seit über 20 Jahren E-Darts“, erzählt Familienvater Schomisch und schiebt hinterher, während er Söhnchen Lasse auf den Arm nimmt: „Aber im Moment mache ich eine Babypause.“ Trotz Babypause, die DLMM sei ein besonderes Event.

Einmal Meisterschaftsluft schnuppern: Für Ben und Lasse ist der Besuch der DLMM ein großes Abenteuer, für Vater Thomas Schomisch ist die Meisterschaft der ideale Ort, um Freunde wieder zu treffen.
Claudia Voß

„Hier trifft man viele Freunde wieder. Und das ist toll“, lacht Schomisch. Und während er sich mit seiner Familie, kaum dass er diese Worte ausgesprochen hat, auf den Weg in Richtung alter Bekannter macht, ist auch für die Demolition Darts die Erholungspause vorbei. „Das Team bitte zu Bord 2“, tönt es aus den Lautsprechern in der Halle. Auf geht's. Das nächste Turnier beginnt. Die USA-Reise lockt.

Top-News aus der Region