Ärger für Ahrweilers Händler
Baustellen fressen sich weiter durch die Niederhut
Eine Baubesprechung am Morgen in der Nähe des Katharinenplatzes. Damit jeder Mitarbeiter weiß, was er zu tun hat.
Jochen Tarrach

In Ahrweiler gehen die Bauarbeiten für die Wiederherstellung der Innenstadt weiter. Besonders geplagt sind die Einzelhändler der Niederhut. Sie halten stoisch durch, weil sie wissen, es geht nicht anders. Ein Laden hat sogar neu eröffnet.

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Am 9. November 2024 rollten in Ahrweiler in der Niederhutstraße die Bagger an und mit der Ruhe war es vorerst vorbei. In fünf Bauabschnitten, beginnend am Niedertor, begannen die Arbeiten zur Sanierung der bei der Flut im Juli 2021 arg ramponierten Straße. Bis zum Jahresende sollen die Arbeiten am anderen Ende der Straße auf dem Marktplatz angekommen sein. Ob der Terminplan eingehalten werden kann? Man wird es sehen. Es ist noch viel zu tun.

Geschäfte nur über schmale Fußwege erreichbar

Anfang der Woche waren die Handwerker eifrig bei der Arbeit und es ratterte und knatterte in der engen Straße mit den schönen Fachwerkhäusern. An mehreren Orten hörte man das Klopfen beim Legen der Pflastersteine. Bis zum Katharinenplatz ist die Straße fertig und der Platz selbst zeigt auch bereits seine neuen Konturen. Sieht doch schon prima aus. Dann aber geht es los.

„Das geht jetzt bereits acht Monate so.“
Ein Händler aus Ahrweiler über die Widrigkeiten der Baustellensituation

Nur über enge und sich ständig verschiebende, schmale Fußwege sind die Geschäfte zu erreichen. Arbeiter tragen die Absperrungen hin und her. „Das geht jetzt bereits acht Monate so“, erklärte ein Geschäftsmann, der aus dem Eingang seines Geschäftes nahe des Katharinenplatzes die Arbeiten beobachtete. Er hat zwar etwas übertrieben, denn die Arbeiten haben erst vor sechs Monaten am Niedertor begonnen, doch der Ärger der Händler bleibt nachvollziehbar. Denn nach Kunden Ausschau zu halten ist im Augenblick vergebene Liebesmüh.

Pflaster weist noch deutliche Schäden auf

Besonders am Straßenpflaster sind die Spuren der Flut noch deutlich zu erkennen und auch unter der Oberfläche sind die verlegten Rohre und Kabel noch nicht wieder optimal funktionstüchtig. Aber das soll sich bald ändern. Das offene Stück des Mühlenteiches ist vollgepackt mit Baumaterial, es staubt und ab hier ist die Straße auch erst einmal gesperrt bis auf die engen Fußwege.

„Wir hatten schon Angst, aber das Lokal war frei und wir wollten die Chance nutzen.“
Mery Gungör und ihr Vater Ferdun haben im April einen Blumenladen in Ahrweiler eröffnet – trotz Baustellen.

Mittendrin, an der Niederhut 26, steht wie ein bunter Punkt Mery Gungör und schaut überraschend freundlich drein. Ihr Vater Ferdun aus Bonn hat hier im April einen bezaubernden Blumenladen eröffnet, den sie nun führt. Tatsächlich, eine Kundin hat sich bis zum Geschäft durchgearbeitet und bekommt einen tollen Blumenstrauß gebunden. Das war es dann aber auch erst einmal.

Bunte Blumen mitten in der Baustelle der Niederhut. Blumenverkäuferin Mery setzt darauf, dass die treue Kundschaft trotz Absperrungen zu ihr findet.
Jochen Tarrach

Da kommt die Frage auf, was macht Mery bei Ladenschluss wohl mit den vielen schönen Blumen? Warum macht man hier im April, wo doch die Arbeiten in diesem Abschnitt gerade begonnen haben, einen Blumenladen auf? „Wir hatten schon Angst, aber das Lokal war frei und wir wollten die Chance nutzen“, sagt Mery. Sie ist sicher, dass die Lage Potenzial hat, denn irgendwann sei die Straße ja auch mal fertig. „Wir vertrauen auf die Kundschaft“, sagt sie.

Kritik an der Unterstützung seitens der Stadt

Etwas weniger gute Laune hat sie, als die Sprache auf die Stadt kommt. „Ich hätte mir da doch mehr Hilfe versprochen“, sagt sie. Da gebe es ein 70-Prozent-Förderprogramm gegen Leerstände in der Stadt, aber wenn man versuche, die Förderung zu beantragen, sei das derart kompliziert, dass man lieber doch darauf verzichte. Niemand habe versucht zu helfen. Zur Begrüßung sei lediglich ein Mann vom Ordnungsamt gekommen und der habe einen Zettel abgegeben, wann das Geschäft geöffnet werden darf.

Für Fußgänger frei: Über schmale Wege müssen sich die Bürger an der Baustelle vorbeihangeln.
Jochen Tarrach. Jochen Tarrarch

Auffallend ist, dass die Niederhut längst nicht so quirlig ist, wie man sie sonst so gewohnt ist. Auch an den sonst so „guten“, also lukrativen Wochenenden lässt die Kundschaft in der Niederhut auf sich warten. Einige Geschäfte haben ganz geschlossen, andere bieten lediglich verkürzte Öffnungszeiten. Aber jedem ist bewusst: Da müssen wir durch.

„Wenn einmal alles fertig ist, wird unsere Stadt schöner als jemals zuvor sein“, ist sich ein anderer Einzelhändler sicher. Eine Ahnung davon bekommt man, wenn man sich die zahlreichen hervorragend restaurierten Privathäuser anschaut. Natürlich wird viel geschimpft und gemeckert, aber jeder erkennt auch an, dass es eben gerade nicht anders geht.

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