Soll es zukünftig so sein, dass Dächer von Neubauten, egal wie groß, grundsätzlich mit einer Fotovoltaikanlage versehen oder zumindest begrünt werden müssen? Soll das Auffangen von Regenwasser in einer Zisterne zur Pflicht werden? Soll ein Einfamilienhaus mindestens den Standard KfW-Effizienzhaus 55 erfüllen und Niedertemperatur-Wärmenetze in Neubaugebieten vorgeschrieben werden? Darf noch Schotter in den Beeten des Vorgartens verwendet werden? Wo und unter welchen Bedingungen dürfen noch neue Baugebiete ausgewiesen werden, und müssen diese zwingend an den ÖPNV angeschlossen sein? Diese und viele bis ins Detail gehende weitere Dinge, die nach Ansicht von Bündnis 90/Die Grünen aus ökologischer Sicht helfen, eine naturerhaltende Zukunftsgestaltung zu sichern und dem Klimawandel zu begegnen, wurden in dem Antrag der Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zum „Grundsatzbeschluss zum ökologischen Bauen“ zusammengefasst und festgeschrieben. Zukünftig soll dann nur noch nach diesen Richtlinien gebaut werden dürfen.
In der gemeinsamen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses sowie des Bau- und Planungsausschusses am Montag wurde das umfangreiche Antragswerk diskutiert, um es dann dem Stadtrat am 7. Juni zum Beschluss vorzulegen. Kommen die Vorstellungen zum ökologischen Bauen in der städtischen Bauleitplanung, bei städtischen Baumaßnahmen und städtischen Grundstücksverkäufen zum Tragen, so wird das Bauen in der Kreisstadt in wesentlichen Teilen ökologischer ausgerichtet werden müssen. Was aber auch bedeuten kann, dass Bauprojekte erheblich teurer werden. Zu teuer?
Obwohl man sich in der Zielsetzung aller Vorschläge fraktionsübergreifend einig zeigte, musste der Gesamtantrag bereits in der Ausschusssitzung erheblich Federn lassen. „Der Antrag beleuchtet mit der Ökologie leider nur eine Seite des Bauens. Die Auswirkungen auf wirtschaftliche und soziale Folgen werden nicht benannt“, kritisierte zum Beispiel Werner Kasel (SPD). Er fragte, ob man das durch die Umweltschutzregelungen ergänzte Baugesetzbuch des Landes mit seinen dezidierten Vorgaben unbedingt noch durch weitere generelle Vorgaben der Stadt ergänzen müsse. Es mache doch mehr Sinn, in jedem Einzelverfahren orientiert an den Gegebenheiten zu prüfen und umzusetzen. „Müssen wir den durch Gesetz vorgegebenen Rahmen zwangsweise überborden lassen?“ Ein Eigenheimbau müsse auch in Zukunft noch möglich sein, so Kasel.
Auch Rolf Deißler (FDP) schlug in diese Kerbe. „Man sollte beachten, was herauskommt, wenn man nur die Ökologie betrachtet.“ Wohnungsbau für junge Familien sei dann nicht mehr als nur ein Schlagwort. In der von der Verwaltung bearbeiteten Entscheidungsvorlage zur Sitzung werden viele Forderungen von Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt. „Wir haben in unserer Vorlage genau den Dreiklang Wirtschaftlichkeit-Soziales-Ökologie beachtet“, so Bürgermeister Guido Orthen, und im Übrigen seien viele Dinge in den laufenden Bauvorhaben längst beachtet und nicht neu.
Innerhalb der CDU-Fraktion ist der Antrag schon intensiv besprochen worden, und deshalb kamen nur kurze Wortbeiträge. „In den vielen Diskussionen haben wir genau die drei genannten Positionen beleuchtet und berücksichtigt“, so Christoph Kniel von den Christdemokraten kurz und knapp. Während am Montag alle unumstrittenen Punkte verabschiedet wurden, wird es in der Sitzung des Stadtrates am 7. Juni zu zahlreichen Einzelpunkten noch Diskussionen geben.