„Post- und Ahrstraße auf der Zielgeraden“, so lautete die Überschrift zu einer Pressemitteilung der Stadtverwaltung vor wenigen Tagen. Im Hinblick auf die Ahrstraße als Verbindung zwischen Platz an der Linde und Hauptstraße mag das stimmen, aber für die Poststraße, also die Fußgängerzone der Kurstadt, stimmt das auf keinen Fall.
„Die Straße ist schlimmer als ein Feldweg. Wer soll da langlaufen?“
Einzelhändler Lutz Elsig vom Geschäft „Lady Like“ in der Bad Neuenahrer Poststraße
Dort wird gebaggert und gewühlt wie selten zuvor. Bagger, Betonfahrzeuge und vor allem tiefe Ausschachtungen bestimmen das Bild. Die Einzelhändler, zumindest die, mit denen die Rhein-Zeitung gesprochen hat, sind verzweifelt. „Die Straße ist schlimmer als ein Feldweg. Wer soll da langlaufen?“, schimpft zum Beispiel Lutz Elsig. Und wie bestellt, bleibt inmitten der Straße eine ältere Dame mit ihrem Rollator im Schotter stecken. „Ich bin an der anderen Straßenseite auf dem schmalen Gehweg gekommen, musste nun aber hierher in dieses Geschäft“, erklärt sie.

Poststraße in Bad Neuenahr: Überleben zwischen Baggern
Bad Neuenahr-Ahrweiler wird wieder bunt. Das ist der Trost in schwierigen Zeiten für Einzelhändler in der Fußgängerzone von Bad Neuenahr, die derzeit Baustelle ist. Wie überwinden sie die Durststrecke?
Es lohnt sich kaum, die Läden zu öffnen
Bei drei Kunden am Tag rentiert es sich für Lutz Elsig nicht, den Laden überhaupt zu öffnen. Er betreibt das Geschäft „Lady Like“ mit einer großen Hutauswahl neben dem bekannten Kaffeehandel im nördlichen Teil der Poststraße. „Ich weiß nicht, ob ich das noch lange durchhalte, obwohl mir mein Vermieter mit der Miete schon erheblich entgegengekommen ist“, erklärt er.

Fenster zur Kunst zwischen Baustellen in Bad Neuenahr
Zwischen Baustellenschotter und Erdlöchern in der Poststraße Bad Neuenahr beschert die Galerie Kindhäuser in der Poststraße musische Momente. Wie die Galeristin mit diesem aktuell wenig einladenden Standort umgeht, erzählt sie unserer Zeitung.
Im ebenfalls von der Flut schwer getroffenen Bad Münstereifel hat Elsig noch ein zweites Geschäft. Dort sei der Wiederaufbau einfach schneller und geordneter abgelaufen als hier in Bad Neuenahr. Die Stadtverwaltung dagegen erklärt, dass in der Poststraße Nord bisher alles planmäßig gelaufen sei. Hier wurden bereits im ersten Schritt Trinkwasserleitungen inklusive der Hausanschlüsse erneuert. Jetzt habe der Kanalbau begonnen, sodass die Fußgängerzone in diesem Abschnitt voraussichtlich Ende Oktober fertiggestellt ist.

Szenerie neben dem Hutgeschäft lässt staunen
Kaum zu glauben ist die Szene direkt neben dem Hutgeschäft. Dort hat der Kaffeeladen Tchibo feinen Sand anfahren lassen, eine grüne Matte ausgelegt und Stühle und kleine Tische aufgestellt. Umgeben von Baggern und Staubwolken haben sich doch tatsächlich erste Gäste niedergelassen und trinken ihren Kaffee. „Dann kann ich wenigstens sehen, was genau los ist“, erklärt eine ältere Dame, die ihren Namen nicht geschrieben haben möchte. „Klar, dass die Arbeiten sein müssen, aber mit der Koordination der Abfolge scheint es durcheinander zu gehen. Hier im nördlichen Teil sollte es doch erst losgehen, wenn der südliche Teil zur Ahr hin fertig ist“, erklärt sie. Die Stadtverwaltung teilt dazu mit, es sei dort zu unvorhersehbaren Verzögerungen gekommen, da zahlreiche zusätzliche Maßnahmen durchgeführt werden mussten. Dazu zählten ein Trinkwasserstörfall, ein zu hoher Grundwasserstand in der Baugrube sowie die nachträglich eingeplante Fernwärmeversorgung.

Gaststätte ist von Bauzäunen umgeben
So richtig schlimm getroffen hat es im südlichen Teil Gastwirt Simon Templeton. Voller Optimismus hatte er zum 1. Juli 2024 seine Gaststätte „Templetons“ eröffnet und auch guten Zuspruch gefunden. Bisher hat auch er mit einer provisorischen Außengastronomie allem Unbill getrotzt. Nun aber ist das Lokal derart mit Bauzäunen und Baulöchern zugebaut, dass man vermuten könnte, es soll jeden Augenblick mit Beton ausgefüllt werden.

Auf jedem weiteren Abschnitt der Poststraße trifft man Menschen, die durch die Schotterflächen stolpern und dabei mit dem Kopf schütteln angesichts der Situation. Die Bauarbeiten mit all ihrem Lärm und Staub dauern schlichtweg an. Gegen Krankheitsfälle oder aufkommenden Personalmangel bei den ausführenden Baufirmen sind Stadtverwaltung oder die beauftragte Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft machtlos. Geduld ist hier das Motto.