Ausblick auf 2025
Aus Plänen werden Baustellen in Bad Neuenahr-Ahrweiler
Mit einer zuversichtlichen Grundstimmung sieht Bürgermeister Guido Orthen in das neue Jahr.
Beate Au

Das neue Jahr hat begonnen, und es ist noch viel zu tun in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Wo steht die Kurstadt heute, und mit welchen Erwartungen ist der Blick auf die Zukunft verbunden? Unsere Zeitung befragte Bürgermeister Guido Orthen.

Dreieinhalb Jahre nach der Flut sind viele Weichen für den Wiederaufbau in Bad Neuenahr-Ahrweiler gestellt. Doch es bleibt eine Mammutaufgabe. Dessen ist sich Bürgermeister Guido Orthen bewusst. Er hat die Kreisstadt bisher durch schwere Zeiten gesteuert. Sein Ausblick auf die Zukunft ist dennoch von Zuversicht geprägt.

Mit welchem Gefühl gehen Sie in das Jahr 2025? Und was ist Ihnen dabei als Bürgermeister und persönlich wichtig?

Wir können optimistisch ins neue Jahr gehen – zumindest, was den Wiederaufbau angeht. Ich persönlich gehe mit dem Gestaltungswillen ins neue Jahr, den es auch und gerade im Wiederaufbau braucht, damit Bad Neuenahr-Ahrweiler und die Menschen gestärkt aus der Katastrophe hervorgehen können. Ich glaube, dass wir vieles gestalten können, was den Lebenswert dieser Stadt und der Menschen positiv beeinflusst. Die anschließend komplett neue Infrastruktur – sowohl für die Bürger als auch für die Gäste – wird uns deutlich nach vorn bringen.

Dreieinhalb Jahre nach der Flut geht es von der Planungsphase endlich in die Umsetzung. Womit nicht nur Bürger, sondern auch die Kommune zu kämpfen hat, ist die Bürokratie.
Beate Au

Dreieinhalb Jahre sind seit der Flut vergangen. Sind Sie zufrieden mit dem, was bisher in Sachen Wiederaufbau erreicht wurde?

Zufrieden bin ich mit dem Erreichten nie, aber das ist ein persönliches Problem. Unmittelbar nach der Flut waren wir alle der Auffassung, dass wir deutlich schneller vorankommen. Jetzt sehen wir die Komplexität der Aufgaben. Ich bin aber insofern zuversichtlich, weil wir jetzt von den Planungsphasen wirklich in die Umsetzung kommen. Wir haben drei Brücken im Bau, die Ahrstraße als erste Straße nach der Flut fertiggestellt, sind in den Stadtkernen im Wiederaufbau gut vorangekommen. Die Hochbauten sind nahezu alle im Bau und viele schon fertig. So sind die Sporthallen der Grundschulen wieder am Start. Wir sind in den Schulen selbst weit vorangekommen und schließen die Maßnahmen jetzt ab. Bei den Kitas ist das Blandine-Merten-Haus im Bau, die Arche Noah wird bezugsfertig, und mit den Neubauten, die noch anstehen, werden wir nun bald beginnen.

Wo sehen Sie die Herausforderungen?

Es bedarf nach wie vor großer Anstrengungen, insbesondere mit Blick auf die uns immer wieder hemmenden bürokratischen Hürden. Da entsteht schon auch manchmal Frust. Wenn Bürokratieabbau nicht nur ein Wort sein soll, dann könnte man es nach einer solchen Katastrophe, wie wir sie erlebt haben, auch wirklich mal umsetzen. Aber dazu fehlt der Politik schlicht und einfach der Mut. Das ist etwas, was Politikverdrossenheit erzeugt. Die Normenflut ist ein Ausdruck von Angst der Politik. Wenn der Bau von 17 Rückhaltebecken zum Schutz der Mittel- und Unterahr im Rahmen des überörtlichen Hochwasserschutzes perspektivisch 50 Jahre dauern soll, dann ist das für die Menschen im Tal nicht wirklich eine Perspektive. Da muss deutlich nachgearbeitet werden, und das muss durch entschlackte Gesetze geschehen.

Die Bürger werden es weiterhin mit vielen Baustellen zu tun haben.
Beate Au

Haben die Menschen aus Ihrer Sicht in die Normalität zurückgefunden?

Es gibt nach wie vor alle Varianten von Gefühlslagen. Ich glaube, dass sehr sehr viele wieder ein Stück weit in die Normalität zurückgefunden haben. Ihnen geht es wieder gut, sie haben aufgebaut. Viele andere sind noch nicht so weit – sowohl im Aufbau der zerstörten Immobilie als auch in ihrer mentalen Verfassung. Wir haben diese Frage im vergangenen Jahr bei der „Wieder-bunt-Kampagne“ gestellt. Da haben 69 Prozent der Menschen gesagt, dass für sie Alltag wieder möglich sei. Wir wollen im kommenden Jahr diese Umfrage erweitern und wiederholen, um zu schauen, wie sich die Lage verändert hat. Wir wollen das wissen.

Die Bürger der Stadt werden weiterhin mit vielen Baustellen leben müssen…

Im Jahr vier nach der Flut muss man sich immer noch Geduld üben, und das wird sich auch in der verkehrlichen Situation der Stadt niederschlagen, weil wir jetzt mit vielen Baustellen beginnen werden, die Verkehrsbelastung mit sich bringen. Deshalb werden viele Menschen an ihre Grenzen kommen. Da gilt es, aufeinander Rücksicht zu nehmen und nachzuvollziehen, dass es besser ist, jetzt möglichst viel und schnell umzusetzen, als die Stadt noch weitere 15 bis 20 Jahre als Baustelle zu erfahren. Wir haben eine gewisse Zeitnot, weil wir die Maßnahmen bis Ende des Jahrzehnts abgeschlossen haben müssen.

„Viele Menschen werden an ihre Grenzen kommen.“
Bürgermeister Guido Orthen zum Thema künftige Baustellen

Worüber haben Sie sich 2024 am meisten geärgert?

Ein Ärgernis war die Änderung der wasserwirtschaftlichen Kennwerte, insbesondere der Abflusswerte für das HQ100. Das hat sich aber noch vor Weihnachten in einem Gespräch mit Staatssekretär Erwin Manz zum Guten gewendet. Es wird eine Lösung geben, die uns weiter Hochwasserschutz, aber auch Planungssicherheit gewährleistet. Wir können auch weiterhin auf der Grundlage des alten HQ100 planen und bauen, dürfen allerdings auch die neuen Kennwerte berücksichtigen.

Im Kurortentwicklungsplan steht die Ahr-Therme ganz oben auf der Wunschliste. Wie sieht der Status quo bei den Planungen aus?

Die Ahr-Therme war ein Kommgrund für Gäste. Insofern sind wir uns der Bedeutung der Ahr-Therme bewusst. Ich teile auch die im Kurortentwicklungskonzept dargestellte Priorität eins. Leider sind wir noch nicht so weit, dass wir sagen können: Wir beginnen 2025 mit der Sanierung und dem Umbau. Ich hoffe aber, dass wir am Ende des Jahres 2025 wissen, was wir wollen und 2026 auch mit der Sanierung beginnen können. Es gibt ein langes Hin und Her zur Frage der Förderstränge. Das ist auch noch nicht geklärt. Wir wollen noch einmal den Versuch unternehmen, in den Förderstrang der kommunalen Infrastruktur zu wechseln, weil hier deutlich höhere Zuschüsse möglich sind. Das bedarf der sehr eingehenden Argumentation, warum eine Therme in einem Heilbad zur kommunalen Infrastruktur gehört und nicht wie ein Wirtschaftsbetrieb betrachtet werden kann.

Auf die Ahrthermen werden Bürger und Gäste wohl noch etwas warten müssen.
Beate Au

Gefordert wird auch ein Wellness-Hotel. Das hatten ja auch Sie immer auf der Agenda. Gibt es Hoffnungen, dass so etwas in Bad Neuenahr-Ahrweiler verwirklicht werden kann?

Wir wollen unmittelbar an der Therme ein Hotel etablieren, dass dann in Verbindung mit der Therme ein Wellness-Hotel sein kann. Das braucht aber noch etwas Entwicklungszeit, weil es mit der Therme einhergehen muss. Wir hoffen außerdem sehr, dass 2025 der Knoten im Dorint-Hotel sehr früh im Jahr aufgeknüpft werden kann und es auch hier eine Perspektive gibt.

2026 stehen Bürgermeisterwahlen in der Kreisstadt an. Können Sie sich eine dritte Amtszeit vorstellen?

Ich gehe davon aus, dass wir den Wahltermin nach der Sommerpause 2025 festlegen, sodass ich bis dahin noch genug Zeit habe, für mich zu entscheiden, ob ich kandidieren werde. In Anbetracht der sehr herausfordernden vergangenen Jahre wird mir diese Entscheidung nicht leichtfallen. Auf der einen Seite spüre ich, dass die Kraft deutlich nachlässt, auf der anderen Seite würde ich den Wiederaufbau gern begleiten. Die Weichen für den Wiederaufbau wurden in den vergangenen Jahren gestellt. Daher ist auch ein Generationenwechsel vorstellbar.

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