BAP-Sänger interpretiert Bob Dylan in Bonn
Auf des Meisters Spuren: Wolfgang Niedecken interpretiert in Bonn Bob Dylan
Der Schüler und sein Meister: Wolfgang Niedecken präsentierte in der Bonner Oper seine Interpretation der Werke Bob Dylans. Foto: Thomas Kölsch​
Thomas Kölsch

Kein Künstler hat einen größeren Einfluss auf Wolfgang Niedecken ausgeübt als Bob Dylan. Das wurde einmal mehr in der Bonner Oper deutlich.

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Die Begeisterung für den legendären Musiker, der wie kein anderer die Seele der USA in seinen Texten eingefangen hat, durchdringt jede Faser von Niedeckens Körper, und so ist es kein Wunder, dass er im Laufe der Jahre etliche Dylan-Songs nicht nur interpretiert, sondern auch eingekölscht hat.

Ein Buch über den „Meister“ hat er ebenfalls geschrieben, für irgendwas musste Corona ja gut gewesen sein. Jetzt hat er in der gut gefüllten Bonner Oper daraus gelesen und zusammen mit dem Pianisten Mike Herting natürlich auch etliche Songs präsentiert, die für Niedecken eine besondere Bedeutung haben – und die man kaum besser hätte interpretieren können.

Mit seiner Verehrung für Dylan steht Niedecken nicht allein da, das ist klar. Ganze Generationen von Lyrikern und Songschreibern verweisen auf ihn, auf seine Bild- und seine Tonsprache, lediglich die Beatles und die Rolling Stones übten (und üben) einen ähnlichen Einfluss auf unzählige Musikerinnen und Musiker aus.

Dennoch ist Niedecken prädestiniert dafür, Dylan ausgiebig zu würdigen, er, der sein Vorbild nie imitiert oder kopiert, sondern dessen Essenz absorbiert hat und sich diese zu eigen gemacht hat. Der Meister schwingt immer mit, auch bei Niedeckens eigenen Stücken, überlagert diesen aber ebenso wenig wie er im Hintergrund verschwindet. In gewisser Weise ist es eine Begegnung auf Augenhöhe; gleichzeitig erinnert die Grundlage für Buch, CD und Bühnenprogramm an eine Pilgerreise.

Pilgerreise durch Amerika

Der Fernsehsender Arte hat Niedecken 2017 gebeten, eine kleine Serie über Bob Dylans Amerika zu machen, und so ist dieser mit einem sechsköpfigen Team und samt Frau eben auf Spurensuche durch die Staaten gefahren. Diese Erlebnisse hat Niedecken in seinem Buch verarbeitet und parallel dazu seine persönlichen Verbindungen aufgearbeitet. „Ohne Bob Dylan wäre ich wahrscheinlich niemals Sänger geworden“, bekennt er. Dabei konnte er mit diesem als Teenager noch nicht einmal viel anfangen – damals kannte er „Blowin’ in the Wind“ aber auch nur in der weichgespülten Version von Peter, Paul und Mary. But the Times, they are a changin’.

Den größten Eindruck habe, so erzählt Niedecken, das Album „Desire“ hinterlassen, dieses von beträchtlicher Vielschichtigkeit und enormem Klangreichtum geprägte Meisterwerk aus der produktivsten und experimentierfreudigsten Phase Dylans, für das er eine zehnköpfige Band um sich scharte, unter anderem mit Eric Clapton, und Emmylou Harris.

Für manche könnte genau das ein Problem darstellen. Nicht so für Niedecken und Herting. Ihnen gelingt es, den Song „One More Cup Of Coffee“ auf das Wesentliche zu reduzieren, verzichten auf Geigensounds und Flamenco-Rhythmen und setzen stattdessen auf Hertings Genialität am Flügel sowie auf Niedeckens Talent als erzählender Sänger. Klasse.

Ähnlich stark sind etwa „My Back Pages“, „Mighty Quinn“ oder auch das dunkle, vom Timbre her an Johnny Cash erinnernde „Man With The Long Black Coat“. Dazwischen dann die Lesepassagen über Obdachlose in San Francisco, Krabbenfischer in den Bayous von New Orleans und das Big Pink in Woodstock, wo Dylan seine „Basement Tapes“ aufnahm, allesamt Teile der Arte-Reihe.

Doch Niedecken hat noch mehr zu berichten, Privates und Biografisches, etwa von einem desaströsen Konzert Dylans zusammen mit Tom Petty und seinen Heartbrakers, bei dem der Meister unglaublich schlecht drauf war und das Niedecken trotzdem bis zum Ende durchstand: „Ich bin halt ein Träumer“, sagt er, „und außerdem verlasse ich ja auch nicht das Müngersdorfer Stadion, wenn der FC Köln hinten liegt.“

Andere Auftritte Dylans haben in späteren Jahren diesen Ausrutscher ausgebügelt. Fast drei Stunden (inklusive Pause) spielt und liest Niedecken, begleitet von Härting, der zu Recht – ebenso wie Niedecken – häufig Zwischenapplaus und am Ende stehende Ovationen erhält.

Die Setlist ist trotzdem nicht übermäßig lang, was aber gar nicht schlimm ist, sind doch die Geschichten Niedeckens auch in Prosaform ein Genuss. Wer das Dylan-Konzert übrigens noch erleben möchte, muss sich beeilen und eine längere Anfahrt in Kauf nehmen, denn viele Auftritte stehen nicht mehr auf dem Spielplan.

Auftritt Nummer 98

Damit werden Niedecken und Herting immerhin noch dreistellig (das Konzert in Bonn war Nummer 98), wollen es dann aber gut sein lassen und sich auf andere Projekte konzentrieren. Auf ein gemeinsames, das schon in Arbeit ist. Und auf die neue BAP-Tour „Zeitreise“ mit allen Songs der beiden Erfolgsalben „Für Usszeschnigge!“ und „Vun Drinne Noh Drusse“. Da schwingt an der ein oder anderen Stelle ebenfalls Bob Dylan mit.

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