Den Schaden, den der Star-Hacker und dessen Kunden anrichteten, ist nicht beziffert. Und auch nicht, ob sie Firmen oder Privatpersonen im Kreis Ahrweiler angegriffen haben. Aber das gewaltige Ausmaß zeigt: Das Phänomen Internetkriminalität (Cybercrime) wächst laut BKA wie kein anderer Strafbereich. Ein sehr komplexer und vielschichtiger Bereich ist es zudem: Es gibt Verbrechen wie Betrug, Diebstahl, Drogen-, Waffen- und Menschenhandel, Missbrauch.
Thorsten Runkel, Leiter der Kripo Mayen, sagt: „Fast alle Verbrechen, die es in der realen Welt gibt, gibt es inzwischen auch digital.“ Auch die Motive seien dieselben: finanzielle Bereicherung, Macht, Spieltrieb, sexueller Antrieb. Die Attacken kommen aus der ganzen Welt.
Bei der Firma Rhodius etwa registriert Gerd Kohlhaas, Leiter der Informationsverarbeitung, vor allem Angriffe aus St. Petersburg (Russland) und Mittelamerika. Zwar nimmt auch Rhodius einen Anstieg der Attacken wahr; bislang seien den Burgbrohler Unternehmen aber keine größeren Schäden entstanden.
Hinter den Attacken, nicht nur auf Rhodius, stecken Internetgangster und -banden, die sich finanziell bereichern wollen. Organisationen und ausländische Nachrichtendienste, die Fake News verbreiten und Politik beeinflussen wollen. Hacker, die in der Szene aufsteigen wollen oder auf der Suche nach Adrenalinkicks sind. Opfer sind Privatpersonen und natürlich Firmen. So schätzen Sicherheitsexperten, dass in Deutschland zwei von drei Unternehmen schon Ziel von Attacken aus dem Netz geworden sind.
Kripochef Runkel kann das bestätigen. Die Zahl der Cybercrime-Fälle ist in den vergangenen Jahren ständig gestiegen. Das Ausmaß wird durch die sehr hohe Dunkelziffer stark verzerrt. Nicht jeder Angriff auf eine Firma landet als Anzeige bei der Polizei. Laut Runkel ist die Angst bei Firmen vor einem Vertrauensverlust groß, würde die Attacke durch ein Ermittlungsverfahren oder Festnahmen samt Strafprozess öffentlich. Derzeit gebe es kein einziges Verfahren, das eine Firma im Kreis Ahrweiler betrifft.
Um eine Firma oder Privatperson über das Internet anzugreifen, muss man kein Programmierer sein. Man muss nicht mal ins sagenumwobene Darknet abtauchen. An die notwendige Schadsoftware nach Baukastenart kommen Verbrecher laut Runkel auch im normalen Internet relativ problemlos. Trojaner, Viren und Co. entwickeln sich jeden Tag weiter. Verbrechen zu begehen, wird so immer leichter.
Daher müssen sich Privatpersonen sowie Firmen und Banken künftig noch besser schützen. Die Volksbank Rhein-Ahr-Eifel etwa hat eigens ein Team von Spezialisten, das sich um IT-Sicherheit kümmert, wie der zuständige Vorstand Markus Müller sagt. Das Team besteht aus eigenen Mitarbeitern und Experten des IT-Dienstleisters. Für Notfälle stehen besondere Pläne bereit. Um sich weiter vor Cyberangriffen zu schützen, nutzt die Bank für den gesamten Datenverkehr ein eigenständiges, verschlüsseltes Netz. Fast die gleichen Vorkehrungen hat die Kreissparkasse Ahrweiler getroffen, sagt Banksprecher Martin Pütz.
Auch die beiden Banken erwarten, dass die Cyberattacken künftig weiter zunehmen. Meist würden Verbrecher Geräte der Bankkunden angreifen, etwa durch Infektion des Browsers oder Smartphones mit Schadsoftware. Oder es würden gefälschte E-Mails verschickt, die dazu auffordern, persönliche Daten auf einer Internetseite einzugeben, die aussieht wie eine offizielle Seite der Bank. Fallen Bankkunden auf diesen Betrug herein, öffnen sie den Verbrechern Tür und Tor.
Bei der Mayener Kripo haben sie auf den Anstieg der Cyberattacken reagiert. Im Kommissariat 4 kümmert sich eigens ein Kriminaloberkommissar um Fälle von Cybercrime. Er dürfte nicht mehr lange der einzige sein.