Angeklagter soll mit Marihuana und weiteren Drogen in nicht geringer Menge gehandelt haben
Amphetaminküche am Rhein: Nur für Schäferstündchen?
Das Landgericht in Koblenz entscheidet nach der Messerattacke in Ulmen im vergangenen Jahr auf Totschlag. Foto: Sascha Ditscher
Sascha Ditscher

Koblenz/Rhein. Angeklagter soll mit Marihuana und weiteren Drogen in nicht geringer Menge gehandelt haben.

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In der bekannten Fernsehserie „Breaking Bad“ wird ein Chemielehrer und Familienvater zum Drogenhersteller und -händler. Ein ähnliches Szenario hat die Polizei erlebt, als sie in einem Keller an der Rheinschiene neben Chemiebüchern auch Amphetaminbestandteile und einen ominösen Save findet. Verzwickt wird es für die Beamten, weil sich ein Apotheker den Keller mit einem Nachbarn teilt, in dessen Wohnung aber Drogen in nicht geringer Menge gefunden werden.

Die Staatsanwaltschaft wirft diesem Nachbarn des Apothekers vor, vom Januar bis zum August 2019 in fünf Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben. Dabei geht es konkret um Marihuana und Amphetamin. Und zur Absicherung der Betäubungsmittelgeschäfte soll der 29-Jährige eine Schreckschutzwaffe geführt haben.

Von diesen Vorwürfen hatte der Angeklagte den Handel mit Marihuana bereits eingeräumt, denjenigen mit Amphetamin allerdings abgestritten. Für die Justiz ergibt sich dadurch ein Rätsel: Warum hat die Polizei in der Wohnung des Beschuldigten kiloweise Amphetamin gefunden?

Die Amphetaminflüssigkeit hat oft eine seifige Konsistenz. In PET-Flaschen verpackt, ist sie bei einer normalen Kontrolle oftmals kaum auffällig. Doch eine Beamtin hatte in besagtem Keller in einer Schweppes-Flasche eine Flüssigkeit entdeckt, die doch gar nicht aussah wie Schweppes.

Glaubt man Videos im Internet, ist die Herstellung von Amphetaminsulfaten sogar mit Anleitung durch ein YouTube-Video ein Kinderspiel. Kein Wunder also, dass die Beamten versuchten, eine Verbindung zwischen Chemiebüchern im Keller, der auffälligen Schweppes-Flasche und den Drogenfunden einige Etagen darüber herzustellen.

Dass das simple Teilen eines Kellerraums mit einem Nachbarn einmal zu einer Vorladung als Zeuge vor Gericht führen würde, hätte sich der Apotheker von der Rheinschiene sicher nicht träumen lassen. Dass seine alten Studienbücher einmal derart im Fokus stehen würden, wohl erst recht nicht.

„War das Ihre Flasche?“, fragt Richter Andreas Bendel den Zeugen in Bezug auf die Schweppes-Flasche und weist ihn darauf hin, dass er sich nicht selbst belasten müsse. Der Apotheker verneint – ohne Umschweife. Und wegen der Literatur fragt Bendel: „Haben die Chemiebücher einen Wert für jemanden, der Drogen herstellen will?“ Jenes aus dem dritten Semester vielleicht schon, erklärt der Zeuge, während er versucht, sich der alten Studieninhalte zu entsinnen. Hatte der Angeklagte also mithilfe von in Büchern seines Nachbarn erworbenen Kenntnissen selbst Drogen hergestellt? Der Zeuge bekräftigt weiterhin, von alldem nie etwas gehört oder gesehen zu haben. Nichts, dass er auffällig gefunden hätte.

Ein zu lösendes Puzzle bleibt für Bendel die Frage, wem das gefundene Amphetamin in der Wohnung des Angeklagten gehörte. Denn der Beschuldigte beteuert, es sei nicht seines, sondern das eines Kollegen. Der habe einen Schlüssel für die Wohnung gehabt, dort „auch schon mal ein Schäferstündchen abgehalten“. Nicht unwesentlich für das Strafmaß ergibt sich daraus die Frage: Ist es Beihilfe zum Handeltreiben oder ist es Handeltreiben. Der Richter jedenfalls hat noch Zweifel: „Wir sehen Probleme, Teile der Einlassung des Angeklagten mit der Beweisaufnahme in Einklang zu bringen. Er belastet Kollegen, während andere Kollegen ihn belasten.“ Dennoch wird es, fast schon unterwarteterweise, einen Folgetermin geben am Montag, 8. Juni, 13 Uhr. Das Gericht erhofft sich, aus Daten einer bereits stattgefundenen Observierung von Kollegen des Angeklagten, die sich laut Polizeierkenntnissen ebenfalls in der Drogenszene aufhalten, weitere Hinweise zu erhalten.

Von unserem Redakteur Nicolaj Meyer

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