Wie sah es am 8. Mai 1945 zum Kriegsende vor nun genau 80 Jahren in Bad Neuenahr-Ahrweiler aus? Die Rhein-Zeitung hat versucht, an die damalige Situation zu erinnern. Die Kurstadt selbst kam ohne große Schäden davon, jedoch hatten auch hier die Menschen unter dem Geschehen zu leiden. Viel weniger Glück hatten die Einwohner von Bachem und besonders Ahrweiler.
Frau aus dem Ahrtal schilderte 2005 ihre Erlebnisse
Der 8. Mai 1945 ist für uns Deutsche ein denkwürdiger und dunkler Tag, auf der anderen Seite aber trotzdem auch ein Tag der Befreiung. Nicht wenige Deutsche, Soldaten wie Zivilisten, hatten geglaubt, für eine gute Sache des eigenen Landes einzustehen und zu kämpfen, und nun stellte sich heraus, dass das alles nicht nur vergeblich und sinnlos war, sondern, es hatte auch noch den unmenschlichen Zielen einer verbrecherischen Führung gedient. So ähnlich schrieb es im Jahr 1985 Bundespräsident Richard von Weizsäcker (1920-2015) zum 40. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges.
Zum 60. Jahrestag hatte die Rhein-Zeitung in einer umfangreichen Serie über das Kriegsende im Kreis Ahrweiler berichtet und dabei beschrieben, wie einzelne Menschen in Bad Neuenahr und Ahrweiler den Krieg und das Kriegsende erlebt hatten. Eindrucksvoll berichtete eine Bürgerin aus Bad Neuenahr über das Kriegsende in der Kurstadt:

„Mein Mann war im Krieg und geriet 1944 in Gefangenschaft, er kam erst 1950 zurück. Die Kriegszeit hatte ich mich allein um meine vier Kinder zu kümmern. Ich wohnte in der Ahrweiler-Straße 17. Es war ein harter Kampf, das Überleben zu sichern. Wir haben um jede Schnitte Brot gekämpft. In den Wäldern wurden Holz und Bucheckern gesammelt. Im Herbst 1944 stand ich mit den Kindern auf einer Höhe bei Lantershofen und konnte die Bombardierung von Ahrweiler beobachten. Den schlimmsten Angriff erlebte ich mit den Kindern zwei Tage vor Weihnachten 1944. Wir saßen gerade am Tisch, da kamen die Flieger. Von Ahrweiler bis zum Kapellchen in Hemmessen fielen die Bomben. In unserem Keller passierte uns nichts, obwohl auch eine Bombe in der Nähe unseres Hauses fiel. Wie viele Menschen umgekommen sind, weiß ich nicht, ich musste mich erst um meine eigene Familie kümmern. Als die Amerikaner im März 1945 kamen, schickte uns ein deutscher Offizier in einen Keller in der Telegrafenstraße, später wechselten wir in die Hauptstraße, dort wo heute das Schuhhaus Rollmann ist. Hier sahen wir den ersten Amerikaner, ein großer schwarzer Mann. Er tat uns nichts, suchte nur nach Waffen.“
Die meisten Zeitzeugen sind verstorben
Heute, am 80. Jahrestag, sind die meisten Zeitzeugen dieses Tages längst verstorben. Aber sie haben in unendlich vielen schriftlichen Dokumenten hinterlassen, wie es damals in Deutschland und auch in unserer heutigen Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler aussah. Nur als ein Beispiel genannt werden soll da Wolfgang Gückelhorn, der heute in Oberbreisig lebt. Er hat die Geschehnisse jener Tage in zahlreichen Publikationen akribisch aufgearbeitet und berichtet:
Im März 1945 war die Ahrtalstraße, heute Heerstraße, auf dem Weg durch Bad Neuenahr voller Marschkolonnen, Pferdefuhrwerke und Kraftfahrzeuge von sich auf Druck der Amerikaner zurückziehender deutscher Truppen. Amerikanische Panzer beschossen von der Höhe südlich Lantershofen über Neuenahr hinweg die sich zurückziehenden Wehrmachtskolonnen in Richtung Ramersbach und Königsfeld. Am 7. März morgens griffen amerikanische Truppen Bad Neuenahr und Heimersheim an, um die Ahrbrücken unzerstört in die Hand zu bekommen. Deutsche Fallschirmjäger verteidigten hinhaltend, waren aber der Übermacht nicht gewachsen.

So fielen am Ende des Zweiten Weltkrieges 13-mal Bomben auf die Eisenbahnbrücken rund um Bad Neuenahr, und amerikanische Truppen besetzten die Stadt. Ihr Hauptquartier schlugen sie im noblen Kurhotel, heute Steigenberger Kurhotel, auf. Trotz allem kam die Kurstadt selbst ohne große Schäden davon.
Bomben auf Bachem und Ahrweiler
Kein solches Glück hatten Bachem und Ahrweiler. In Bachem fielen zu Heiligabend 1944 die Bomben, und noch am 29. Januar 1945 griffen genau 38 amerikanische Bomber des Typs A20, A26 und B20 die kleine Stadt an. Als sie um 11.16 Uhr Ahrweiler erreichten, herrschte eine geschlossene Wolkendecke mit einer Wolkenobergrenze von 1600 Metern. Der radargesteuerte Angriff erfolgte aus einer Höhe von 4000 bis 4100 Metern. Um die deutsche Radaraufklärung zu verwirren, warfen drei Flugzeuge Staniolstreifen, auch Düppel genannt, ab.

Das Angriffsziel lautete Nachschub- und Straßenknotenpunkt Ahrweiler. Die Stadt sollte also von Anfang an zerstört werden, um die Moral der Bevölkerung zu brechen. Wesentliche deutsche Truppenteile oder gar schwere Waffen, die einen solchen Angriff gerechtfertigt hätten, befanden sich nicht in der Stadt. Die angreifenden Bomber warfen 210 Sprengbomben des Typs Ib GP (226 kg) ab. Sie entfalteten ihre volle Wirkung, trafen präzise die Stadt. Mindestens 85 Menschen starben in den Trümmern.
Amerikaner nehmen Ludendorff-Brücke ein
Die Situation auch im Ahrtal änderte sich schnell, als am 7. März 1945 die Ludendorff-Brücke über den Rhein bei Remagen von amerikanischen Truppen eingenommen wurde. Das Hindernis Rhein war plötzlich kein Hindernis mehr und all die Truppen, die eigentlich in der Region verbleiben sollten oder sich auf den Kampf um die Überquerung des Rheins vorbereiteten, hatten es plötzlich eilig, über die eroberte Brücke zu kommen.

So brach mit der Kapitulation am 8. Mai 1945, also heute vor genau 80 Jahren, die grausame Diktatur der Nationalsozialisten zusammen. Es dauerte noch einige Jahre, ehe sich in Deutschland und auch in Bad Neuenahr und Ahrweiler die Situation wieder aufwärtsging und das Land zum Wirtschaftswunder aufbrach. Es bleibt die Frage, ob es heute noch Zweck hat, über diese tragische Zeit nachzudenken? Wohl ja, denn erst im geschichtlichen Rückblick ist die wahre Dimension der Ereignisse zu erkennen. Sie haben Europa, sie haben die Welt verändert und auch Deutschland letztendlich eine neue Chance gegeben, im friedlichen Konzert der Länder der Welt mitzuspielen.
Ehrenbürgerschaften von Hitler und Göring aberkannt
Adolf Hitler und Hermann Göring waren beide Ehrenbürger der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler. Hitler wurde es per Ratsbeschluss vom 29. März 1933 und Hermann Göring per Ratsbeschluss vom 24. Mai 1933. Erst mehr als 75 Jahre nach Kriegsende im November 2020 erinnerte man sich in Rat und Verwaltung an diese Tatsache. Formal war der Schritt einer Aberkennung der Ehrenbürgerschaft nicht notwendig, denn Ehrenbürgerrechte erlöschen grundsätzlich mit dem Tode des Geehrten. Aber trotzdem: Es war eine Initiative aus den Reihen der Fraktionsvorsitzenden des Stadtrates, dieses nochmals ganz offiziell zu tun.

So haben Bürgermeister Guido Orthen und die Fraktionen des Stadtrates sich innerhalb der Sitzung des Rates am Montag, 9. November 2020, in der Landskroner Festhalle in Heimersheim ausdrücklich zur Achtung der Menschenwürde für alle Menschen auf der Erde bekannt und vier Ehrenbürgern der Stadt, die eben nicht für Menschenwürde standen, die Ehrenbürgerrechte der Stadt aberkannt. Das waren Adolf Hitler, Reichsfeldmarschall Hermann Göring, für seine Verdienste um die Sportentwicklung auf dem Nürburgring, der Führer des Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK), Generalmajor Adolf Hühnlein, sowie Carl Brinkmann als örtlicher Vertreter und engagierter Förderer des Nationalsozialismus. „Die Ehrenbürgerwürde verdient nur, wer die Würde des Menschen achtet“, so Bürgermeister Orthen in seiner Ansprache.