Amerika, was nun? Das war die Frage, welche die Mitglieder und Freunde der Gesellschaft für Sicherheitspolitik in der Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler am Montag im Hotel zum Weinberg in Bad Neuenahr besonders interessierte. Die Antwort auf diese kurze Frage erwies sich aber auch für den 1972 geborenen Politikwissenschaftler Sascha Arnautovic als nicht ganz so einfach und klar, denn dazu sei das Verhalten des Präsidenten Donald Trump einfach zu unberechenbar. Sein Benehmen am 28. Februar im Weißen Haus gegenüber dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj sei nur der Anfang von weiteren Schockmomenten gewesen. Europa müsse besonders in der Sicherheits- und Friedenspolitik seinen Kurs dringend ändern und sei gut beraten, nun endlich die Zeichen der Zeit zu erkennen. Noch hätte man in Berlin wie auch in Brüssel keine Strategie, wie man mit Trump umgehen sollte. Er sei nur schwer zu ertragen, aber es sei schon vor seiner Amtseinführung klar gewesen, was kommt.
Eklatante Herausforderung für das transatlantische Verhältnis
Zu Beginn der Veranstaltung hatte Sektionsleiter Josef Schmidhofer, Oberst a. D. der Bundeswehr, darauf hingewiesen, dass es kein anderes Land der Erde mit der geballten militärischen und wirtschaftlichen Macht der USA aufnehmen könne. Mit einem Jahresetat von 29 Billionen Dollar sei das Land wirtschaftlich mächtiger als die folgenden drei Länder zusammen. Trump sei angetreten, um Amerika in ein goldenes Zeitalter zu führen. Er sieht sein Land aber derzeit im Niedergang und möchte schnell handeln. Vor diesem Hintergrund sieht Schmidhofer in Trump eine eklatante Herausforderung für das transatlantische Verhältnis und eine besondere Gefahr für die Welt. So war die Antwort auf die Eingangsfrage von beiden Fachleuten eher verbunden mit einer düsteren Vorhersage für einen grundlegenden und fundamentalen Wandel in der Politik. Trotzdem ein Lichtschimmer: „America first“ wird auf Dauer in einer wirtschaftlich globalisierten Welt nicht ankommen, waren sie sich sicher.
Die Geschwindigkeit hat sich erhöht
Referent Sascha Arnautovic ist als Politikwissenschaftler und Amerikaforscher exzellenter Kenner der Szene in den USA. So bezeichnete er das „America-first-Phänomen“ als keine neue Erscheinung, die erst Trump erfunden hätte. Aber durch ihn habe sich die Geschwindigkeit erheblich erhöht. Im Gegensatz zur ersten Amtsperiode Trumps sei die Administration nun besser aufgestellt und ein Stühlerücken wie in der ersten Amtszeit sei nicht zu erwarten. Bereits am Tag der Amtsübernahme habe er seine neue Macht durch scharfe Kritik an Vorgänger Joe Biden demonstriert. Trump 2.0, das bedeute Machtkonzentration, Schaden an der Demokratie und einen grundlegenden Wandel in der amerikanischen Politik, möglicherweise auch ein Streben nach einer Neuordnung in der Welt. Beispiel dafür sein Verlangen nach Grönland.
„Dealmaker“ statt Politiker
Trump habe kein Politikverständnis, sondern sei nichts als ein Dealmaker. Um seine Ziele zu erreichen, überschreite er gesetzte rote Linien und schaffe durch seine teilweise falschen Behauptungen auch falsche Menschenbilder. Dazu käme das traditionelle Familienbild mit nur zwei Geschlechtern. Es bestehe die Gefahr der Herrschaft der Besitzenden, denn Trump versammle alle diese Leute um sich, wie als leuchtendes Beispiel Elon Musk. Die USA mit ihrem Schutzschirm sei entscheidend für das Funktionieren der Nato. Für Europa bedeute das, dass es nun eigene Stärke entwickeln und die Verantwortung für den Kontinent allein übernehmen müsse. Das dauere militärisch fünf bis zehn Jahre und müsse der Bevölkerung gut erklärt werden.
Viele Alarmzeichen verschlafen
Arnautovic forderte die Europäer auf, den Kurs zu ändern und mehr Mut und strategisches Denken zu zeigen. Man habe bereits viele Alarmzeichen einfach verschlafen. Das treffe auch auf Berlin zu. Bundeskanzler Scholz habe zwar im Bundestag eine gute Ukraine-Rede gehalten, aber dann sei nichts weiter gekommen. Langfristig kämen die Staaten nicht an einer europäischen Armee vorbei. Erst dann könne man auch über den nächsten Schritt, die atomare Bewaffnung, nachdenken.