Letzte Fahrt am 1. Juni 1985
Als die Ahrtalbahn noch bis Adenau fuhr
Kein leichter Abschied: Nach mehr als 96 Jahren endete am 1. Juni 1985 in Adenau die Ära der Ahrtalbahn. Mit einem festlichen Empfang und einigen Tränen verabschiedeten sich die Bürger von ihrer Bahn.
Claudia Voß/Archiv Manfred Korden. Archiv Manfred Korden

Voraussichtlich ab dem 12. Dezember ist die Strecke der Ahrtalbahn wieder betriebsbereit. Während die Bahn künftig wieder bis Ahrbrück fahren wird, war sie in früheren Jahren bis Adenau unterwegs. Ein Heimatforscher erinnert sich. 

Lesezeit 5 Minuten

Vier Jahrzehnte ist es her, dass die Ahrtalbahn den Adenauer Bahnhof angefahren hat und mit diesem Tag über 96 Jahre Eisenbahngeschichte in der Stadt am Nürburgring zu Ende gegangen sind. „Am 1. Juni 1985 war die letzte Fahrt der Ahrtalbahn bis nach Adenau. Seit 1888 war sie auf der Strecke unterwegs, der Adenauer Bahnhof war der letzte Haltepunkt auf der Bahnstrecke“, erinnert sich Manfred Korden, Heimatforscher und Archivar des Adenauer Heimatmuseums, an diesen besonderen Tag. Mit großem Empfang, Musik und einer geschmückten Lok war die letzte Einfahrt der Ahrtalbahn in den Bahnhof gewürdigt worden.

Kann sich noch gut an die Zeit erinnern, als die Ahrtalbahn noch bis in seinen Heimatort fuhr: Manfred Korden. Über die Jahrzehnte hat der Adenauer als Mitglied des Heimatmuseums die Geschichte der Ahrtalbahn erforscht.
Claudia Voß

In völlige Vergessenheit geraten ist die Bahn in der Eifel bis heute nicht. Seit der feierlichen Eröffnung des Adenauer Bahnhofs im Sommer 1888 war der Zug auf der Strecke unterwegs und fuhr dabei in schöner Regelmäßigkeit in den Adenauer Bahnhof, welcher am Streckenkilometer 42,2 gelegen war, ein. Und auch heute erinnert noch einiges in Adenau an die historische Zeit der Schienenrösser und Dampfloks. So wird das Bahnhofsgebäude bis heute genutzt. Erst vor wenigen Monaten hat sich dort ein Adenauer Elektromarkt angesiedelt. Und auch die einstige Bahnhofsgaststätte hat bis heute ihren Versorgungsauftrag beibehalten – wenngleich sich Einkehrende dort mittlerweile statt auf einen Reiseimbiss auf italienische Küche freuen dürfen.

Eine wahre Schönheit war der Adenauer Bahnhof einst. Nach der letzten Fahrt der Ahrtalbahn bis zum einstigen Endhaltepunkt in Adenau wurde die Strecke oberhalb von Hönningen zurückgebaut, später ebenfalls das Teilstück zwischen Hönningen und Ahrbrück. Heute enden die von Remagen fahrenden Züge in Ahrbrück.
Claudia Voß/Archiv Manfred Korden. Archiv Manfred Korden

Dass sich der Adenauer Bahnhof bis heute als fester Anlaufpunkt für Einheimische und Touristen etabliert hat, ist für Heimatforscher Korden wenig überraschend. Sei die Bahn doch lange Jahre wichtiges Verkehrsmittel für Einheimische und Touristen gleichermaßen gewesen, betont er die Bedeutung des öffentlichen Transportmittels. „Bis zu 300.000 Nürburgringbesucher kamen an Rennwochenenden mit Ahrtalbahn in Adenau an, um sich ein Rennen auf dem Ring anzusehen“, weiß Korden. Bis zu zehn Sonderzüge seien für den Transport der vielen Motorsportfans eingesetzt worden.

Nachdem die ursprüngliche Bahnhofsgaststätte während des Zweiten Weltkriegs zerstört worden war, wurde der Neubau im Oktober 1962 eingeweiht.
Claudia Voß/Archiv Manfred Korden. Archiv Manfred Korden

Es sei schon eine logistische Leistung von der Bahn und auch von den Adenauern gewesen, auf eine derart große Besucherzahl vorbereitet gewesen zu sein, ist Korden überzeugt und erklärt: „Viele der Nürburgringbesucher kamen oft samstags in Adenau an. Weil die Rennen oft sonntags stattfanden, verbrachten viele Besucher den Abend in der Stadt, besuchten Kneipen und Lokale, bevor sie am Sonntagmorgen zum Nürburgring gingen, um sich das Rennen anzusehen und anschließend mit der Bahn wieder nach Hause zu fahren.“

Für die Besucher des Nürburgrings war die Ahrtalbahn in früheren Zeiten ein wichtiges Verkehrsmittel. Bis zu 300.000 reisten zu Rennveranstaltungen mit der Bahn an. Für einen gefahrlosen Weg durch die Adenauer Innenstadt bauten die Pioniere der Reichswehr 1939 im Vorfeld des Rennens um den „Großen Preis von Deutschland“ eine hölzerne Fußgängerbrücke vor dem Hotel „Zum Wilden Schwein“, über welche die Besucher sicher die Hauptstraße queren konnten.
Claudia Voß/Archiv Manfred Korden. Archiv Manfred Korden

Um die Besucherströme in der Eifelstadt zu lenken und Unfallgefahren auszuschließen, hatten sich die Adenauer zeitweise eine besondere Verkehrsführung für ihre Gäste ausgedacht. Um sicherzustellen, dass niemand beim Weg vom Bahnhof in die Stadt zu Schaden kam, errichteten die Pioniere der Reichswehr 1939 im Vorfeld des Rennens um den „Großen Preis von Deutschland“ eine hölzerne Fußgängerbrücke vor dem Hotel „Zum Wilden Schwein“, über welche die Besucher gefahrlos die Hauptstraße queren konnten. Rund 300.000 Zuschauer waren zu der Veranstaltung angereist, um das Autorennen am Nürburgring mitzuerleben. Fotografische Zeugnisse dieser Zeit finden sich bis heute im Archiv von Heimatforscher Korden.

Und dies nicht nur von der Zeit der legendären Autorennen. Vielmehr lassen sich beim Stöbern in den Aufzeichnungen vergangener Zeiten noch viele weitere Geschichten rund um den Adenauer Bahnhof und die Bedeutung der Ahrtalbahn für die Eifelstadt und die Region finden. So etwa über einen Bad Hönninger Ingenieur, der am Bau der Bahntrasse beteiligt war, sich während seines Arbeitsaufenthaltes kurzerhand in die Region und eine Adenauerin verliebte und schließlich zum Gastwirt umsattelte und in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bahnhof das Hotel und Restaurant „Zur Ahrtalbahn“ eröffnete.

Das Hotel und Restaurant "Zur Ahrtalbahn" befand sich in früheren Zeiten gegenüber des Bahnhofs. Betrieben wurde es von einem Bad Hönninger Bauleiter, der sich während des Baus der Ahrtalbahntrasse in eine Adenauerin verliebt hatte und die Region seitdem nicht mehr verlassen wollte.
Claudia Voß/Archiv Manfred Korden. Archiv Manfred Korden

Und auch die Geschichte der Bahnhofsgaststätte, die seit der Eröffnung des Adenauer Bahnhofs in einem Anbau angesiedelt ist, war ein Schauplatz für so manche Begebenheit. Nicht nur Reisenden bot die Gaststätte, die während des Zweiten Weltkriegs zerstört und später zunächst provisorisch wieder aufgebaut wurde und von vielen nur das „Kapellchen“ genannt wurde, eine Rastmöglichkeit. „Auch der Müllunternehmer Peter Linnarz, der mit seinem Pferdefuhrwerk den Müll in der Stadt abholte, kehrte dort regelmäßig ein. Das Pferd kannte den Weg zur Kneipe irgendwann“, schmunzelt Korden, während er ein Foto aus seinem Archiv hervorholt, auf dem ein Müllkutscher mit einem Zylinder zu sehen ist: „Die letzte Fahrt hatte Linnarz nach 27 Jahren Müllfahren an Silvester 1965, ab dem Jahr darauf wurde der Müll mit einem motorisierten Fahrzeug abgeholt.“

Eng mit der Geschichte des Bahnhofs verbunden war auch der Müllunternehmer Peter Linnarz. Mit einem Pferdefuhrwerk holte der Adenauer bis Silvester 1965 den Müll ab. Seine Pausen verbrachte Linnarz bevorzugt in der Bahnhofsgaststätte.
Claudia Voß/Archiv Manfred Korden. Archiv Manfred Korden

Das Schicksal, dass den Adenauer Müllkutscher und sein Pferd Ende 1965 ereilte, sollte rund 20 Jahre später auch den Adenauer Bahnhof als Haltepunkt auf der Ahrtalbahnstrecke ereilen. Denn während der Nürburgring bis heute ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Region ist, konnte die Bahn vom Geschehen entlang der Rennstrecke nicht auf Dauer profitieren. Vielmehr lief ihr der mit den Jahrzehnten immer mehr zunehmende Individualverkehr nach und nach den Rang ab. „Anfang der 1950er-Jahre hatte kaum jemand ein eigenes Auto, aber gut zwanzig Jahre später war es als Transportmittel weit verbreitet“, erläutert Heimatforscher Manfred Korden. „Um von Adenau aus in die Welt zu kommen, brauchte man die Bahn nicht mehr.“

Top-News aus der Region