Vier Jahrzehnte ist es her, dass die Ahrtalbahn den Adenauer Bahnhof angefahren hat und mit diesem Tag über 96 Jahre Eisenbahngeschichte in der Stadt am Nürburgring zu Ende gegangen sind. „Am 1. Juni 1985 war die letzte Fahrt der Ahrtalbahn bis nach Adenau. Seit 1888 war sie auf der Strecke unterwegs, der Adenauer Bahnhof war der letzte Haltepunkt auf der Bahnstrecke“, erinnert sich Manfred Korden, Heimatforscher und Archivar des Adenauer Heimatmuseums, an diesen besonderen Tag. Mit großem Empfang, Musik und einer geschmückten Lok war die letzte Einfahrt der Ahrtalbahn in den Bahnhof gewürdigt worden.

In völlige Vergessenheit geraten ist die Bahn in der Eifel bis heute nicht. Seit der feierlichen Eröffnung des Adenauer Bahnhofs im Sommer 1888 war der Zug auf der Strecke unterwegs und fuhr dabei in schöner Regelmäßigkeit in den Adenauer Bahnhof, welcher am Streckenkilometer 42,2 gelegen war, ein. Und auch heute erinnert noch einiges in Adenau an die historische Zeit der Schienenrösser und Dampfloks. So wird das Bahnhofsgebäude bis heute genutzt. Erst vor wenigen Monaten hat sich dort ein Adenauer Elektromarkt angesiedelt. Und auch die einstige Bahnhofsgaststätte hat bis heute ihren Versorgungsauftrag beibehalten – wenngleich sich Einkehrende dort mittlerweile statt auf einen Reiseimbiss auf italienische Küche freuen dürfen.

Dass sich der Adenauer Bahnhof bis heute als fester Anlaufpunkt für Einheimische und Touristen etabliert hat, ist für Heimatforscher Korden wenig überraschend. Sei die Bahn doch lange Jahre wichtiges Verkehrsmittel für Einheimische und Touristen gleichermaßen gewesen, betont er die Bedeutung des öffentlichen Transportmittels. „Bis zu 300.000 Nürburgringbesucher kamen an Rennwochenenden mit Ahrtalbahn in Adenau an, um sich ein Rennen auf dem Ring anzusehen“, weiß Korden. Bis zu zehn Sonderzüge seien für den Transport der vielen Motorsportfans eingesetzt worden.

Es sei schon eine logistische Leistung von der Bahn und auch von den Adenauern gewesen, auf eine derart große Besucherzahl vorbereitet gewesen zu sein, ist Korden überzeugt und erklärt: „Viele der Nürburgringbesucher kamen oft samstags in Adenau an. Weil die Rennen oft sonntags stattfanden, verbrachten viele Besucher den Abend in der Stadt, besuchten Kneipen und Lokale, bevor sie am Sonntagmorgen zum Nürburgring gingen, um sich das Rennen anzusehen und anschließend mit der Bahn wieder nach Hause zu fahren.“

Um die Besucherströme in der Eifelstadt zu lenken und Unfallgefahren auszuschließen, hatten sich die Adenauer zeitweise eine besondere Verkehrsführung für ihre Gäste ausgedacht. Um sicherzustellen, dass niemand beim Weg vom Bahnhof in die Stadt zu Schaden kam, errichteten die Pioniere der Reichswehr 1939 im Vorfeld des Rennens um den „Großen Preis von Deutschland“ eine hölzerne Fußgängerbrücke vor dem Hotel „Zum Wilden Schwein“, über welche die Besucher gefahrlos die Hauptstraße queren konnten. Rund 300.000 Zuschauer waren zu der Veranstaltung angereist, um das Autorennen am Nürburgring mitzuerleben. Fotografische Zeugnisse dieser Zeit finden sich bis heute im Archiv von Heimatforscher Korden.
Und dies nicht nur von der Zeit der legendären Autorennen. Vielmehr lassen sich beim Stöbern in den Aufzeichnungen vergangener Zeiten noch viele weitere Geschichten rund um den Adenauer Bahnhof und die Bedeutung der Ahrtalbahn für die Eifelstadt und die Region finden. So etwa über einen Bad Hönninger Ingenieur, der am Bau der Bahntrasse beteiligt war, sich während seines Arbeitsaufenthaltes kurzerhand in die Region und eine Adenauerin verliebte und schließlich zum Gastwirt umsattelte und in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bahnhof das Hotel und Restaurant „Zur Ahrtalbahn“ eröffnete.

Und auch die Geschichte der Bahnhofsgaststätte, die seit der Eröffnung des Adenauer Bahnhofs in einem Anbau angesiedelt ist, war ein Schauplatz für so manche Begebenheit. Nicht nur Reisenden bot die Gaststätte, die während des Zweiten Weltkriegs zerstört und später zunächst provisorisch wieder aufgebaut wurde und von vielen nur das „Kapellchen“ genannt wurde, eine Rastmöglichkeit. „Auch der Müllunternehmer Peter Linnarz, der mit seinem Pferdefuhrwerk den Müll in der Stadt abholte, kehrte dort regelmäßig ein. Das Pferd kannte den Weg zur Kneipe irgendwann“, schmunzelt Korden, während er ein Foto aus seinem Archiv hervorholt, auf dem ein Müllkutscher mit einem Zylinder zu sehen ist: „Die letzte Fahrt hatte Linnarz nach 27 Jahren Müllfahren an Silvester 1965, ab dem Jahr darauf wurde der Müll mit einem motorisierten Fahrzeug abgeholt.“

Das Schicksal, dass den Adenauer Müllkutscher und sein Pferd Ende 1965 ereilte, sollte rund 20 Jahre später auch den Adenauer Bahnhof als Haltepunkt auf der Ahrtalbahnstrecke ereilen. Denn während der Nürburgring bis heute ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Region ist, konnte die Bahn vom Geschehen entlang der Rennstrecke nicht auf Dauer profitieren. Vielmehr lief ihr der mit den Jahrzehnten immer mehr zunehmende Individualverkehr nach und nach den Rang ab. „Anfang der 1950er-Jahre hatte kaum jemand ein eigenes Auto, aber gut zwanzig Jahre später war es als Transportmittel weit verbreitet“, erläutert Heimatforscher Manfred Korden. „Um von Adenau aus in die Welt zu kommen, brauchte man die Bahn nicht mehr.“