Heppinger sind besorgt
Ahrkreis verunsichert: Wie gefährlich ist Ultranet?
Keine Erdverkabelung im Kreis Ahrweiler - die vorhandenen Strommasten sollen für das Ultranet genutzt werden. Foto: Judith Schumachr
Judith Schumacher

Wie ungesund ist es, wenn Gleich- und Wechselstrom über gemeinsame Hochspannungsmasten geleitet werden? Denn genau das soll bei der geplanten Ultranet-Trasse geschehen, die durch den Kreis Ahrweiler führen soll. Besonders betroffen: Heppingen. 

Seit Bekanntwerden der Pläne der Firma Amprion, auch im Kreis Ahrweiler oberirdisch Hochspannungsleitungen für das Ultranet ihrer Trasse von Osterath nach Philippsburg zu spannen, sind die Kommunen, die es betrifft, besorgt. Zusätzlich zu Wechselstrom sollen die vorhandenen Strommasten mit Kabeln für Gleichstrom ertüchtigt werden. Vor dem Hintergrund, dass unklar ist, welche gesundheitlichen Folgen dies für in der Nähe lebende und arbeitende Menschen hat, haben sie entsprechende Eingaben gemacht und teilweise auch Anwälte eingeschaltet.

Die Trasse beginnt zwischen den Orten Fritzdorf in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz auf dem Gebiet der Gemeinde Grafschaft und verläuft in südöstlicher Richtung vorbei an Bad Neuenahr-Ahrweiler, Sinzig, Bad Breisig und Andernach bis Weißenthurm. Dort führt sie in östlicher Richtung über Mülheim-Kärlich bis Koblenz. Die Trasse endet auf dem Gebiet der Stadt Koblenz am Punkt Koblenz südlich des Rheinhafens. Mit Datum vom 31. Januar hat die Bundesnetzagentur das Planfeststellungsverfahren für diesen Abschnitt abgeschlossen.

Die rund 44 Kilometer lange Strecke verbindet die beiden Abschnitte E1 von Rommerskirchen bis zur Landesgrenze NRW/RLP und den Abschnitt D1 von Punkt Koblenz nach Punkt Marxheim des Vorhabens zwei des Bundesbedarfsplangesetzes. Für beide führt die Bundesnetzagentur derzeit Genehmigungsverfahren durch. Der Planfeststellungsbeschluss wurde am 10. Februar auf der Internetseite der Bundesnetzagentur veröffentlicht. Die Eingaben aller Beteiligten flossen dann nach ausführlicher Abwägung aller öffentlicher und privater Belange in den Planfeststellungsbeschluss ein, der jetzt veröffentlicht wurde und nun auf der Internetseite der Bundesnetzagentur eingesehen werden kann. Gegen diesen Planfeststellungsbeschluss kann grundsätzlich Klage beim Bundesverwaltungsgericht erhoben werden. Der Stadtrat wird sich in seiner Sitzung im März mit der Angelegenheit beschäftigen. Die Verwaltung wird dem Stadtrat vorschlagen, aus verschiedenen Gründen auf den Klageweg zu verzichten.

In unmittelbarer Nähe des Ortes Heppingen sollen die vorhandenen Starkstrommasten überirdisch mit Ultranet-Verkabelungen versehen werden. Foto: Judith Schumacher
Judith Schumacher

Bereits in der vorgeschalteten Bundesfachplanung hatte die Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler sich kritisch über das länderübergreifende Infrastrukturprojekt zur Energieübertragung befasst und Einwendungen vorgetragen. So hatte sie sich für eine Erdverkabelung für den gesamten Streckenabschnitt E ausgesprochenen. Mit Schreiben vom 4. September 2024 an die Bundesnetzagentur kritisiert die Stadt, dass laut eingeholten Immissionsgutachten prognostizierte Geräuschimmissionen und elektrische und magnetische Feldimmissionen zwar unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte liegen, das aber nur knapp. Zumindest der prognostizierte Wert für Drehstrom läge demnach bei 4,9 Kilovolt pro Meter und unterschreite damit den Grenzwert von 5 Kilovolt pro Meter nur geringfügig. „Eine potenzielle Beeinträchtigung von Menschen durch elektrische Felder im nahen Umfeld kann somit nicht sicher ausgeschlossen werden“, heißt es in dem Schreiben. Außerdem könnten diese Einwirkungen abhängig von Wetter- und Witterungslage unterschiedlich stark sein.

Gleichstromleitung nicht dorfseitig verlegt

Die Stadt sieht es als unabdingbar an, dass nach Inbetriebnahme des Vorhabens von Anfang an regelmäßige Kontrollen zur Einhaltung aller relevanten Grenzwerte zu erfolgen haben und es Sache der Bundesnetzagentur und der Netzbetreiberin sei, Regelungen zu treffen, wie im Falle unvorhersehbarer Grenzwertüberschreitungen verfahren werden soll. Die Stadtverwaltung hatte ein Anwaltsbüro mit dem Fall Ultranet betraut und verweist zudem darauf, dass die Ausführungen zur Art des Vorhabens völlig ungenügend seien. Die Bekanntmachung des Unternehmens enthalte keinerlei Erläuterungen zu der von der Vorhabenträgerin beabsichtigten Hybridtechnologie, geschweige denn zur Umschalttechnologie oder zu den unterschiedlichen Betriebsmodi.

Stark gemacht haben sich im Zuge der Pläne insbesondere die Ortsvorsteher von Heppingen Klaus Kniel und sein Nachfolger Patrick Tarrach als Vertreter eines Ortes, bei dem fast 60 Prozent der Wohnbebauung und die darin lebenden Menschen durch das Projekt Ultranet und deren Auswirkungen betroffen sind. Kniel hatte durch seinen vehementen Einsatz zumindest erreicht, dass die Gleichstromleitung nicht dorfseitig aufgehängt wird, sondern auf der entgegengesetzten Seite. „Das sind allerdings meiner Schätzung nach maximal 50 Meter Unterschied“, so sein Nachfolger Tarrach.

Rein ideologische Gründe?

Er hatte mit seiner Stellungnahme bei der Stadt bewirkt, dass deren Forderungen an die Bundesnetzagentur im Interesse der Schutzgüter Mensch und Umwelt durch schärfere Formulierungen noch an Nachdruck gewinnen und sieht ein nochmaliges Überdenken der Position im hohen Maße als geboten an, um diese in der bestmöglichen Art und Weise vor den prognostizierten Auswirkungen zu schützen. „Aus meiner persönlichen Sicht wird das Projekt Ultranet ohne Rücksicht auf irgendwen und irgendwas durchgezogen, etwaige Einwände werden weggewischt oder ignoriert, da hier ganz einfach aus ideologischen Gründen die Bundesregierung das Vorhaben durchsetzen will – alles im Sinne des Ausbaus der erneuerbaren Energien“, äußert sich Tarrach gegenüber der Rhein-Zeitung. Wenn man dann zusätzlich bei diesem Thema keinerlei Unterstützung seitens der Landesregierung erhalte, dann seien etwaige Klageverfahren dagegen „sowieso eher Makulatur“.

Im Norden unterirdisch verlegt

Tarrach führt an, dass in Richtung Norden die Leitungen über 300 Kilometer komplett unter die Erde gelegt würden, obwohl die Trassenführung in weiten Teilen über weitaus weniger besiedeltes Gebiet läuft. Nachweislich seien bei dem Verfahren allerdings die Umwelteinflüsse viel geringer, da die Strahlung durch das darüber liegende Erdreich abgeschirmt wird. „Das Verfahren ist aber viel teurer und somit ist es einfacher, das Kabel an einen vorhandenen Mast zu hängen, obwohl bis jetzt noch nie Gleich- und Wechselstromkabel zusammen an einen Mast verbaut wurden und man auch nicht genau weiß, wie sich das im Zweifelsfall auswirkt.

Wenn man sowas dann einfach durch Wohngebiete und stärker besiedelte Bereiche laufen lässt, dann halte ich das für nahezu unverantwortlich“, so der Heppinger Ortsvorsteher. Wie die kreisstädtische Verwaltung auf RZ-Anfrage mitteilt, wird sich der Stadtrat in seiner Sitzung im März mit der Angelegenheit beschäftigen. 

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