Es ist eine Sache von wenigen Sekunden: Berufsfischer Marc Rosengarten öffnet den Schieber an dem großen Tank auf dem Pritschenwagen, dem sogenannten Aaltaxi, das am Rheinufer bei Remagen-Rolandseck unweit des Fähranlegers steht. Es spritzt mächtig, und über ein Rohr gleiten etwa 800 Aale in den Rhein. Beobachtet wird die Szene von einigen Journalisten und Kamerateams sowie wichtigen Vertretern des Landes Rheinland-Pfalz, der Struktur und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord und des Energieversorgers RWE. Dann ist die Mission erledigt.
So ungefähr 20-mal im Jahr finden solche Aussetzungsaktionen der Berufsfischer an der Mosel statt – allerdings nicht in diesem großen Rahmen. Die Moselfischer waren es auch, die in den frühen 90-er Jahren die Initiative ergriffen, um den Aalen die viele Tausend Kilometer lange Wanderung in ihr Laichgebiet im Atlantik vor der US-Küste zu ermöglichen, erzählt Marc Rosengarten. In Mosel und Saar nämlich bilden Schleusen und Wasserkraftturbinen für die Tiere gefährliche Hindernisse. Bis zu 20 Prozent der Aale trugen an jeder der insgesamt zehn Mosel-Staustufen Schäden davon, wie Untersuchungen damals ergaben. Nur wenige Fische schafften die Wanderung in den Rhein unbeschadet. Dass sich das ändert, dafür sorgt seit 30 Jahren nun die Aalschutzinitiative.
Initiative unterstützt die Aalwanderung seit 30 Jahren
Mit im Boot bei der Aalschutzinitiative sind neben den Berufsfischern das Land Rheinland-Pfalz, in Rolandseck vertreten durch Andreas Christ, dem Leiter der Abteilung Wasserwirtschaft beim Mainzer Umweltministerium, die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord, vertreten durch ihren Präsidenten Wolfgang Treis, sowie das Energieunternehmen RWE, das die Wasserkraftwerke an Saar und Mosel betreibt, am Rhein vertreten durch Oliver Surges. Sie alle helfen gemeinsam mit Geld, Expertise und tatkräftigem Anpacken dafür, dass die gefährdeten Aale halbwegs unbeschadet ihrem natürlichen Wanderverhalten nachgehen können.

Noch Minuten nach der Aussetzaktion sind einzelne Tiere im Rheinwasser zu sehen. Sie verkriechen sich unter Steinen und Überhängen, erholen sich von ihrem Aaltaxitransport im Wassertank, warten auf die Nacht und einen günstigen Wasserstand, um rheinabwärts in Richtung Meer weiterzuziehen.

Der Europäische Aal, Fisch des Jahres 2025, werde in unseren Gewässern immer seltener, erläutert Berufsfischer Marc Rosengarten. Neben Gewässerverschmutzung und Verbauung der Flüsse gilt auch die Überfischung im Meer als Grund dafür. Experten gehen davon aus, dass auch die Klimaveränderungen eine Rolle spielen könnten, die Einfluss auf die Meeresströmungen und die Gewässertemperatur haben.

Zudem hat es der Aal mit seiner besonderen Lebensweise und dem rätselhaften Vermehrungsverhalten zusätzlich schwer. In unseren Süßwasserflüssen wachsen die jungen Aale lediglich heran, fressen sich eine dicke Fettschicht an, um genug Kraftreserven für ihre lange Laichwanderung zu bekommen. Von hier aus wandern die geschlechtsreifen Tiere nach etwa zehn Jahren in das Meer und dann weiter quer durch den Atlantik bis vor die US-Küste. Dort, in der Sargasso-See, setzen die Tiere ihren Laich ab und sterben danach. Die nächste Generation wächst dort zunächst als Fischlarve heran und macht sich dann über verschiedene Entwicklungsstadien auf die Wanderung Richtung Europa bis hinein in unsere Flüsse.