Marc Harrichhausen ist begeisterungsfähig. Und was ihn begeistert, da geht er voll und ganz drin auf. Eine seiner neuesten Leidenschaften erwachte erst vor wenigen Monaten, die Leidenschaft fürs Bauen nämlich. Mit kleinen bunten Bausteinen, die man ineinander und aufeinander steckt und so Häuser, Autos, Flugzeuge, Raumstationen, einfach alles zusammenbauen kann. Was jetzt hier verschwurbelt klingt, kennen die meisten unter einem großen Markennamen, der Jung und Alt seit Jahrzehnten begeistert.
Was so einfach zu benennen wäre, darf allerdings noch lange nicht einfach so danach benannt werden. Denn mit dem Konzern hat Harrichhausen gar nichts zu tun, und längst ist der „Big Player“ auf dem Markt für sogenannte Klemmbausteine nicht mehr der einzige Spieler. Andere Firmen haben das Konzept für sich entdeckt, stellen eigene Varianten von Klemmbausteinen her, entwickeln Anleitungen und vertreiben Pakete für die bunten Basteleien über spezielle Läden – wie auch Harrichhausen zwei in der Region führt. Einen in Bassenheim, hier hat er ein kleines Ladenlokal angemietet, und einen Zuhause in Mülheim-Kärlich, hier hat er ein Schaufenster einer ehemaligen Metzgerei mit Basteleien gefüllt. Andere Teile der Metzgerei – die seine Schwiegereltern zuvor betrieben hatten – wurden umgebaut zu einer Art Hofladen und einer Ausstellungsfläche.
Doch wie kam es eigentlich dazu? Bei einem Anbieter für alternative Bausteine entdeckte er ein altes Opelmodell und fand es einfach traumhaft schön, erzählt er im RZ-Gespräch. Er baut es und ist gleich Feuer und Flamme für die alternativen Steinchen. Warum gibt's so etwas nicht hier in der Gegend, fragt er sich. Warum mache ich das nicht als Nebengewerbe, denkt er weiter. Den Laden geplant und angemeldet hat er dann binnen zwei Wochen, am 1. März 2023. Anfangs vertreibt er übers Internet. Die Schaufläche hatte er in Mülheim-Kärlich ja schon – 2017 kauften er und seine Frau deren Elternhaus von den Schwiegereltern ab –, im Juni 2023 ist die Eröffnung, es folgt im November der Laden in Bassenheim. Seine Frau macht die Buchhaltung, wie sie es schon im elterlichen Metzgerbetrieb gemacht hat und es auch hauptberuflich bei der Landesoberkasse tut, sagt Harrichhausen: „Da ist sie geübt und weiß genau, was sie tun muss.“
Bunter Ausgleich zum düsteren Alltag
Unterdessen kann Harrichhausen sich mit den schönen Dingen beschäftigen: Modelle suchen, bauen, präsentieren. Viele kleine bunte Rechtecke mit Noppen zusammenführen, die viele kleine, bunte Geschichten erzählen. Einfach etwas positives, überschaubares, eine Art Ausgleich, das merkt er immer mehr. Denn der andere Teil seines beruflichen Alltags ist so düster, wie man es sich nur vorstellen kann: Harrichhausen ist Bestatter.
Doch auch das hat eine Vorgeschichte: Angefangen hat er als Fachkraft für Möbel, Küchen und Umzugsservices, dann macht er eine Schreinerausbildung, über einen Bekannten findet er eine Anstellung als Kommissionierer in Wolken, da wird er schnell „Mädchen für alles“. Als Haustechniker wechselt er in ein Koblenzer Hotel. Währenddessen gab es die Metzgerei der Schwiegereltern noch, dorthin kam immer die Frau eines Bestatters – seines späteren Chefs – zum einkaufen. Sie erzählte, dass sie keine Mitarbeiter finden. Als ausgebildeter Schreiner kennt Harrichhausen auch Bestattungen, auf dem Dorf, er hat lange in Wassenach gelebt, seien auch die Schreiner in die Arbeit eingebunden.
Er fährt probehalber zum sogenannten Einsargen mit, dabei wird der Verstorbene abgeholt und in den Sarg gelegt, um zum Beerdigungsunternehmen gebracht zu werden. 2021 folgt dann der Quereinstieg zum Bestattergehilfen und Harrichhausen lernt alles, was dazugehört: Neben Einsargen, Anziehen des Verstorbenen, inklusive Waschen, Zurechtmachen, Gespräche mit Angehörigen führen, Behördengängen, bis hin zur Bestattung und dem anschließenden Rechnungen schreiben.
Unser jüngster Kunde ist 1,5 Jahre alt, unser ältester 92 Jahre.
Marc Harrichhausen
Auf der einen Seite Tod und Trauer, auf der anderen Seite Spiel und Leichtigkeit. Nicht nur für ihn ist das Bauen und Basteln ein schöner Ausgleich: „Unser jüngster Kunde ist 1,5 Jahre alt, unser ältester 92 Jahre“, sagt Harrichhausen. Dem habe er geholfen ein Flugzeugmodell fertig zu bauen, zum Dank gab es von dem alten Mann eine Flasche Wein und Freudentränen. Genau deswegen vertreibe er auch nichts mehr über den Onlinehandel: „Ich will, dass die Leute vorbeikommen, was aufbauen; man darf hier auch ruhig etwas anfassen“, sagt Harrichhausen. Wenn etwas kaputtgeht, baut man es eben einfach wieder zusammen.
Ob der Sprung zwischen den beiden Arbeitswelten nicht schwerfalle, ist eine Frage. Er kann umschalten, antwortet Harrichhausen. Allerdings könne es passieren, dass das Telefon klingelt und er doch aus dem Laden muss, gestorben wird bekanntlich immer, manchmal steht er im schwarzen Anzug im Geschäft, weil er gerade von einer Beerdigung kommt. Kunden sind am Anfang oft verwirrt, etwas Ekel schwingt bei Manchen wohl auch mit. Aber meist fänden es alle eher cool.
Einstellung zum Tod ändert sich
Die Einstellung zum Tod ändere sich gerade, findet Harrichhausen. In der Großelterngeneration war der Tod noch etwas, über das man nicht gesprochen hat, heute setzen sich die Menschen mehr mit dem eigenen Sterben auseinander, treffen Vorkehrungen. Das merkt man auch an den Beerdigungen: Es soll so würdevoll wie möglich sein, aber auch dem Verstorbenen gedenken – in aller Individualität. So besorgte er für eine Bestattung eine Vespa, die der Verstorbene mochte, einmal gab es eine Grillfeier. Und manchmal kommen Trauernde auch in seinen Spieleladen und finden dort etwas Buntes, um sich abzulenken vom Trauern.
Am Samstag, 8. Juni, findet ein Hoffest bei Marc´s Brickstop in Bassenheim unter dem Motto „Star Wars Tag“ statt. Von 10 bis 16 Uhr sind Cosplayer (Kostümierte) vor Ort, es gibt einen Imbiss, Aktionen und Gewinnspiele. Die Öffnungszeiten in Bassenheim, Koblenzer Straße 50, sind von Montag bis Mittwoch, 13 bis 18 Uhr, donnerstags, 12 bis 18 Uhr, freitags 16 bis 19 Uhr, samstags, 10 bis 16 Uhr. In Mülheim-Kärlich, Poststraße 12, sind die Ausstellungsräume mittwochs, 18 bis 20 Uhr und samstags, 10 bis 13 Uhr, geöffnet.