Es ist das zweite Mal innerhalb weniger Tage, dass ein Wahlplakat der Freien Wähler derart beschmiert wurde. Das erste Mal traf es Marlon Reinhardt. Er ist Sinto und kandidiert für die Ratsfraktion der Freien Wähler bei der Kommunalwahl. Auf seinem Plakat wurde rassistisch gegen ihn, Reinhardts Vater und generell gegen Sinti und Roma gehetzt. Die Polizei nahm gegen Unbekannt Ermittlungen unter anderem wegen Volksverhetzung auf. Auffällig: Auf dem Plakat von Stephan Wefelscheid finden sich Botschaften, die auf die erste Tat verweisen.
Politiker zieht Konsequenzen
Wefelscheid selbst erzählt im Gespräch mit unserer Zeitung, er habe am Montagmorgen von dem Vorfall erfahren, daraufhin sofort die Polizei kontaktiert und Anzeige erstattet. Dass er nun ganz direkt Hass und Hetze abbekommt, mache ihm „schon ein mulmiges Gefühl“, sagt er und zieht für sich Konsequenzen: „Ich werde abends erst mal nicht mehr allein durch Koblenz gehen.“
Die Polizei hat das Wahlplakat und ein weiteres mit Beleidigungen bekritzeltes sichergestellt, teilte eine Sprecherin des Koblenzer Präsidiums auf Nachfrage der RZ mit. Das Fachkommissariat für politisch motivierte Kriminalität bearbeite nun den Fall.
Schmierereien auf Wahlplakaten sind keine Seltenheit. In einem aktuellen Fall in Koblenz geht es aber nicht mehr nur um Schmiererei, sondern um Rassismus und Volksverhetzung: Auf einem Plakat von Marlon Reinhardt, Stadtratskandidat für die Freien Wähler in Koblenz, wurde in dieser Woche eine ...Rassistische Botschaft auf Wahlplakat in Koblenz: Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung
Weil die Tat sich diesmal direkt gegen einen Landes- und Kommunalpolitiker richtet, umfasst die Strafanzeige den Tatbestand der Beleidigung, üblen Nachrede und Verleumdung gegen eine Person des politischen Lebens, erklärt die Polizei. Und sie schreibt mit Blick auf die zwei ähnlichen Taten binnen weniger Tage: „Im Rahmen der kriminaltechnischen Untersuchung und weiteren Ermittlungen werden mögliche Parallelen im Schriftbild analysiert.“ Derzeit bestünden in beiden Fällen noch keine Täterhinweise.
Zusammenhang zum Fall Reinhardt?
Wefelscheid vermutet, dass es sich um denselben Täter wie beim Wahlplakat von Marlon Reinhardt handeln könnte. „Ich habe die Schrift auf beiden Plakaten abgeglichen. Zum Beispiel das Wort ,Zigeuner‘ sieht sehr gleich aus.“ Was ihm zudem auffällt: Die Hetzbotschaften sind in fast fehlerfreiem Deutsch formuliert, und offenbar liest der Täter Zeitung. Auf Wefelscheids Stirn schrieb dieser das Datum der Ausgabe der Rhein-Zeitung, in dem der Artikel zum ersten Vorfall erschienen war.
Auf ihrem Facebook-Profil posten die Freien Wähler Rheinland-Pfalz am Montag Fotos des verschandelten Plakats aus Koblenz und schreiben dazu, sich von der Aktion nicht einschüchtern lassen zu wollen: „Nie wieder ist jetzt! Wie viel Hass muss in diesem Menschen stecken, derart Bösartiges von sich zu geben. […] Ob Sylt, Kröv oder Koblenz – überall in Deutschland zeigt sich derzeit offen, wohin die Reise geht, wenn man nicht aufpasst. Die Gesellschaft muss zusammenhalten. Solidarität mit allen Minderheiten. Wir sind alles Menschen!“