Vor dieser Frage stand Anna Schneider aus Neuwied vor einigen Jahren, als es aus gesundheitlichen Gründen für sie hieß: Zucker ist jetzt gestrichen. „Ich war ein richtiger Schoko- und Zuckerjunkie“, erzählt sie. Der Schnitt war am Anfang hart – und die Suche nach Alternativen begann.
Bald perfektionierte die selbstständige Fotografin ihre zuckerfreien Riegel, für deren Süße sie lediglich Datteln verwendete und ansonsten Zutaten wie Nüsse, Haferflocken und Kokosöl. Sie brachte die selbst gemachten Süßigkeiten auch Familie und Freunden mit – und irgendwann auch der Koblenzer Grafikdesignerin Deniz Retzer.
Die beiden arbeiten seit Jahren immer wieder zusammen, seit 2016 unter dem gemeinsamen Namen „Hübsch Hübsch“. Viele Projekte haben sie schon realisiert, aber immer im Auftrag von Kunden. Nun war aber die Zeit für ein eigenes Baby reif – und die zuckerfreien Süßigkeiten gaben den Anstoß dazu.
„Als Anna das erste Mal die Riegel im Studio dabeihatte, da habe ich gedacht: Wow, das ist so lecker“, erzählt Deniz Retzer. Zu Hause hat sie dann selbst angefangen, Riegel zu machen, und jetzt liegen immer welche im Kühlschrank der Familie, wenn sie nicht sofort aufgegessen sind.
Bald war die Idee geboren: Aus den Süßigkeiten wird ein Buch, in dem die Leidenschaft der beiden Frauen für gesundes Essen, Fotografie und Gestaltung zusammenkommen. Seit dem vergangenen Monat liegt es nun vor. „Mit dem Buch konnten wir uns austoben und das machen, was uns gefällt“, sagt Deniz Retzer: Zum ersten Mal arbeiteten sie nicht für einen Auftraggeber, sondern setzten nur ihre eigenen Vorstellungen um.
Das Ergebnis heißt „Raw Bites – Vegane Süßigkeiten. Naturbelassen. Lecker“ und ist im Ventil Verlag erschienen. In dem schön gestalteten und fotografierten Buch finden sich mehrere Dutzend Rezepte für „rohe“, nicht gebackene Bällchen, Riegel, Müslis, Drinks, Aufstriche und Marmeladen vom Pistazien-Kürbis-Riegel bis zur Himbeer-Kokos-Schnitte. Die allermeisten Rezepte sind sehr einfach und kommen mit wenigen Zutaten aus, die man im normalen Supermarkt bekommt, betonen die Autorinnen.
Dass alle Rezepte vegan sind, war keine besondere Herausforderung bei ihren Rezepten, sagen die beiden. Wichtiger noch für sie ist der Verzicht auf Zucker und verarbeitete Lebensmittel – im Kochbuch, aber weitgehend auch zu Hause. Einen erhobenen Zeigefinger wollen sie ausdrücklich vermeiden: „Ein bisschen weniger Zucker ist ja auch schon gut“, sagt Anna Schneider. Und ihre Kollegin ergänzt: „Sowieso würde ich nichts machen, was nicht wirklich schmeckt.“
Beide sind keine Veganerinnen und leben selbst nicht zu 100 Prozent zuckerfrei, aber ihre Ernährungsweise hat sich schon geändert – und das spürt sie deutlich, sagt Anna Schneider: „Ich bin viel fitter, habe mehr Energie“ – und wenn sie auf einem Geburtstag mal ein Stück „normalen“ Kuchen isst, dann merkt sie das am nächsten Tag direkt. Ihr Fazit: „Je weniger Zucker man isst, um so weniger Verlangen hat man danach.“ Und man schmeckt wieder Dinge, die man vorher gar nicht mehr wahrgenommen hat.
Anna Schneider, Deniz Retzer: Raw Bites: Vegane Süßigkeiten. Naturbelassen. Lecker, Ventil Verlag, 160 Seiten, 24,50 Euro