Gerade vor ein paar Tagen war sie wieder ein wichtiger Punkt, als es um die Verkehrskonzepte rund um den nun konkreter werdenden neuen Stadtteil auf dem Gelände der Fritsch-Kaserne ging (die RZ berichtete).
Dass die Seilbahn im Moment dazu nicht taugt, ist schnell zu erkennen: Die üblichen Fahrtzeiten von 10 bis 19 Uhr – im Winter kürzer oder auch mal mit einer längeren Pause – passen nicht zu normalen Arbeitszeiten. Oben auf dem Plateau sind die Parkplätze zudem rund einen Kilometer entfernt. Und unten an der Talstation gibt es lediglich eine Busanbindung Richtung Innenstadt und Goldgrube, und diese Linie 1 fährt auch nur (bestenfalls) alle halbe Stunde.
Den derzeit widrigen Umständen zum Trotz taucht immer wieder die Idee auf, die Seilbahn in den ÖPNV zu integrieren: Oben an der Bergstation könnte beispielsweise ein autonom fahrender Bus zwischen Parkplatz und Bergstation pendeln, unten am Deutschen Eck könnten Busse direkt ins Verwaltungszentrum oder zu anderen großen Arbeitgebern fahren, sind die schönen Utopien. Da die Seilbahn selbst eine leise, umweltschonende Technik ist, die wirklich gut in ein zukunftsweisendes Verkehrskonzept passt, klingen alle diese Ideen äußerst verlockend.
Aber leider aktuell auch unrealistisch und nicht vorrangig, sagt Arndt Schwab, Verkehrsplaner bei der Stadt, der die Idee der Seilbahn zur Buga vorangetrieben hat und die Bahn eigentlich super findet. „Eine Vollintegration der Seilbahn in den ÖPNV wäre unheimlich teuer für die Stadt. Und wenn man schon dieses Geld für den ÖPNV hätte, dann könnte man damit erheblich Wirksameres tun, was für mehr Leute etwas bringt.“ Er erklärt:
1 Es würden keine Massen davon profitieren: Zwar nennt Arndt Schwab die Ausgangsgröße von knapp 5000 Pendlern, die aus dem Westerwaldkreis nach Koblenz fahren. Aber die allermeisten fahren mit dem Auto – ob es Alternativen gibt oder nicht. Das haben zum Beispiel auch die Zeiten im vergangenen Frühsommer gezeigt, als die Flussbrücken verengt waren: Die meisten Leute wollen trotzdem nicht auf den eigenen Pkw verzichten, weil ihnen ihre eigene Freiheit wichtiger ist oder sie die Fahrten zum Beispiel mit Einkäufen oder Besuchen verbinden. Auch beispielsweise die Verbindung nach Neuwied lässt diesen Schluss zu: Obwohl es tagsüber drei direkte Zugverbindungen pro Stunde gibt, fahren nur 5 bis 10 Prozent derer, die von Innenstadt zu Innenstadt pendeln, mit dem Zug. Sobald man zudem noch Anstrengungen unternehmen müsste, um zum Bahnhof oder vom Bahnhof weg zu kommen, wird die Zahl verschwindend klein. Das ändere sich auch durch den Umbau der Fritsch-Kaserne nicht wesentlich, sagt Schwab. Zwar wird die Zahl der potenziellen Nutzer ein wenig größer, aber noch lange nicht groß genug.
2 Der Weg zur Bergstation ist nicht einfach: So, wie die Situation im Moment ist, ist es unattraktiv: Von den Parkplätzen bis zur Bergstation sind es rund 1100 Meter, ein Fußweg dauert also etwa 15 Minuten. Zusätzliche Parkplätze im Festungspark sind tabu, und eine Seilbahnverlängerung extrem teuer und deshalb nicht machbar. Ein autonom fahrender Busshuttle wäre eine mögliche Lösung für den Transfer. Für Pendler allerdings sind Umstiege auf weitere Verkehrsmittel sozusagen Gift, wissen die Planer: „Jeder zusätzliche Umstieg mindert die Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel“, sagt Schwab.
3 Der Weg von der Talstation weg ist noch schwieriger: Um die Seilbahn im Alltagsverkehr auch für diejenigen von der rechten Rheinseite interessant zu machen, die nicht in die Altstadt wollen, müsste die Busanbindung in verschiedene Stadtteile und zu großen Arbeitgebern viel, viel besser werden. Außerdem sollten die Busse nicht nur alle halbe Stunde fahren, denn wenn ein Pendler im schlechtesten Fall bis zu 29 Minuten aufs Umsteigen warten müsste, wird der ÖPNV absolut uninteressant. Das bedeutet im Klartext: Es müsste sehr viel Geld für Zusatz- und Anschlussbusse am Deutschen Eck ausgegeben werden – für trotzdem nicht viele Leute.
4 Die Seilbahn-Betriebszeiten müssten nahezu verdoppelt werden: Die Fahrzeiten der Seilbahn müssten mindestens 6 bis 21 Uhr betragen und auch den Winter einschließen, sagt Schwab. Das kostet viel Geld, weil laut Betriebsgenehmigung bei der Koblenzer Bahn immer mindestens fünf Personen im Einsatz sein müssen. Trotz Betriebskostenverdopplung ergäbe sich nur eine geringe Nachfragzunahme von insgesamt bestenfalls 10 bis 20 Prozent inklusive dem Neubaugebiet der Fritsch-Kaserne, rechnet Schwab vor.
5 Die Ticketpreise müssten massiv subventioniert werden: Wenn die Stadt die Seilbahn auch tariflich wirklich in den ÖPNV integrieren wollte, dann müsste sie den Preisunterschied zu den bisherigen Tarifen ausgleichen. Und das sind keine Peanuts, im Mittel etwa 3 bis 4 Euro pro Mitfahrt, erklärt Arndt Schwab. „Weitere Kosten für den Steuerzahler.“
Arndt Schwab bilanziert: „Die Idee ist schön. Aber sie ist unheimlich kostenaufwendig und erreicht zurzeit nur wenige.“ Seine Folgerung: Wenn die Stadt wirklich so viel Geld ausgeben kann und will, dann könnte man erst einmal erheblich mehr Buslinien, zum Beispiel Schnellbusse von der rechten Rheinseite ins Verwaltungszentrum oder Verbindungen zwischen Stadtteilen finanzieren und damit erheblich mehr Menschen erreichen und zum Umstieg auf den ÖPNV ermuntern als mit der Seilbahn.