Spuren vom Krieg in der Region
Wofür steht „LSR“ an den Hauswänden?
Bei seinen Stadtführungen weist Horst Hohn, Stadtführer und Stadtchronist von Mülheim-Kärlich, auf den Schriftzug "LSR" hin. Zugegeben: Man muss schon wissen, wonach man Ausschau hält.
Eva Hornauer

2025 jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 80. Mal. Heute noch gibt es Spuren in der Region, die an eben jenen Krieg erinnern, so zum Beispiel der Schriftzug „LSR“. Was dahintersteckt, lesen Sie hier.

80 Jahre ist das Ende des Zweiten Weltkrieges in diesem Jahr her, ebenfalls acht Jahrzehnte die Luftangriffe, die auch in der Region um Koblenz herum stattfanden und ebenso lange der Einmarsch der Alliierten. Welche Spuren gibt es noch heute in der Region, die an die an die Zeit des Krieges, aber auch an die Zeit des Nationalsozialismus, erinnern?

Eine bekannte Spur sind Stolpersteine, die vor den Wohnhäusern angebracht werden, in denen die Opfer des Nationalsozialismus zuletzt freiwillig lebten. Ebenfalls werden durch Info- und Gedenktafeln historische Schauplätze gekennzeichnet und ihre Vergangenheit auch für die Gegenwart sichtbar gemacht und eingeordnet. Ein Beispiel dafür ist etwa das Haus Winkelmann in der Burgstraße in Mülheim-Kärlich. Hier lebte bis 1942 die jüdische Familie Bär, „die zu dieser Zeit mit den insgesamt 41 Angehörigen der jüdischen Gemeinde aus Mülheim und Kärlich deportiert und in Konzentrationslagern ermordet worden ist“, so die Infotafel. Ein anderes Beispiel ist der Gedenkstein, der an die Sprengung der Kronprinz-Wilhelm-Brücke zwischen Engers und Urmitz erinnert, die Sprengung jährt sich an diesem Wochenende zum 80. Mal.

Das Haus Winkelmann in Mülheim-Kärlich: Hier lebte bis 1942 eine jüdische Familie, die mit den verbliebenen Angehörigen der jüdischen Gemeinde in Kärlich und Mülheim deportiert und in Konzentrationslagern ermordet wurde. Auf die Geschichte dieses Gebäudes weist eine Infotafel an der Hauswand hin.
Eva Hornauer

Eine andere, wahrscheinlich weniger bekannte Spur, die sich an alten Hausfassaden versteckt, kennt Horst Hohn, Stadtführer und Stadtchronist von Mülheim-Kärlich: den Schriftzug LSR. „Die Abkürzung LSR steht für Luftschutzraum. Ab 1935 hat man diese drei Buchstaben an die Hauswände gemalt, teilweise mischte man auch Phosphor in die Farbe, damit der Schriftzug auch in der Nacht erkennbar ist“, erklärt Hohn. Nicht nur in Mülheim-Kärlich gab und gibt es so ausgezeichnete Häuser. Ein weiteres Beispiel befindet sich an einem sogenannten „Krotzenhaus“ in der Kettiger Dobenstraße, so Hohn.

Diese so ausgezeichneten Keller gehörten vor allem zu Privathäusern. „Das waren Gewölbekeller, also Keller, die nach damaligen Verhältnissen, massiv und großzügig gebaut waren“, so Hohn. Nicht nur die damaligen Bewohner suchten in diesen Räumen Schutz, auch die Nachbarn drumherum oder jene, die sich gerade in der Nähe befanden – etwa weil sie Bekannte besuchten.

Der Schrifzug "LSR" ist an dieser Häuserfassade schon leicht verblasst, weiß man, um was es dabei geht, erkennt man ihn noch gut.
Eva Hornauer

Auch heute noch kann man den Schriftzug LSR an der ein oder anderen Hauswand entdecken – zugegeben: man muss schon genau hinschauen und wissen, wonach man sucht, aber es gibt sie noch. Und auch einige der alten Keller sind noch intakt, die Gewölbestruktur ist gut zu erkennen – zusammen mit Herrn Hohn hat unsere Zeitung bei einigen der Bewohner dieser Häuser geklingelt und gefragt, ob man sich die Keller anschauen könnte. Dass dort einmal Menschen bei Luftalarm Schutz gesucht haben, das ist wiederum nicht zu erkennen: Die ehemaligen LSR werden heute wie ganz normale Keller genutzt, einer dieser Keller in Mülheim-Kärlich war zwischenzeitlich sogar ein Partykeller.

Trotz der Gewölbestruktur und der soliden Bauweise kann und konnte man den Schutz dieser Räume nicht mit dem von Bunkeranlagen vergleichen. „Ein wenig Schutz war für die Bevölkerung aber besser als überhaupt keinen Schutz“, so Hohn. „Die wenigen Stellen, an denen man in unserer Heimat noch die Abkürzungen LSR findet, sind Erinnerungen an eine furchtbare Zeit.“ Eine Zeit, in der die Menschen – eben auch hier in der Region – damit rechnen mussten, dass sie aus der Luft angegriffen werden.

In Hohns Heimatstadt traf eine Fliegerbombe die Grundschule in Kärlich, durch diesen Angriff kam aber niemand ums Leben. Der Stadthistoriker weiß aber, dass dies in anderen Teilen der heutigen VG Weißenthurm anders aussah: So etwa in der Urmitzer Hauptstraße, hier wurde am 6. Januar 1945 ein Haus getroffen, sieben Menschen starben dabei. Die Nette-Brauerei in Weißenthurm wurde am Neujahrstag 1945 getroffen. Deutschland befand sich im Krieg, einen Krieg, den das Land unter der Herrschaft der Nationalsozialisten selbst begonnen hat und in dem Gräueltaten mit Berufung auf das „Vaterland“ verübt wurden.

An diesem Wochenende vor 80 Jahren

Am 8. März 1945 nahmen die Amerikaner unter anderem Mülheim und Kärlich kampflos ein. Das ist allerdings nicht der einzige Jahrestag, der sich an diesem Wochenende zum 80. Mal jährt: Am 9. März wurde die Kronprinz- Wilhelm-Brücke zwischen Urmitz und Engers von Pionieren der Wehrmacht gesprengt, obwohl sich zu diesem Zeitpunkt Hunderte von flüchtenden deutschen Soldaten auf ihr befanden. 

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