Frank Hoffbauers Buch beleuchtet auf 200 Seiten ein besonderes Kapitel der Ortsgeschichte
Winninger Gastgewerbe im Wandel der Zeit: Frank Hoffbauer beleuchtet besonderes Kapitel der Ortsgeschichte
Sie sind mit Form und Inhalt des neuen Werks über die Winninger Gastronomiegeschichte zufrieden (von links): Martin Bredenbeck, Verlegerin Siglinde Krumme, Landrat Alexander Saftig, Autor Frank Hoffbauer und Walter Rummel.
Reinhard Kallenbach

Eine Buchpräsentation als gesellschaftliches Ereignis: Das gibt es an Rhein und Mosel wohl nur in Winningen. Im evangelischen Gemeindezentrum wollten jetzt viele endlich das in den Händen halten, was Autor Frank Hoffbauer schon vor einiger Zeit angekündigt hatte – sein Werk über die örtliche Gastronomiegeschichte mit dem vielversprechenden Titel „Spiegelsaal und Feuersbrunst“. Sie sollten nicht enttäuscht werden.

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Sie sind mit Form und Inhalt des neuen Werks über die Winninger Gastronomiegeschichte zufrieden (von links): Martin Bredenbeck, Verlegerin Siglinde Krumme, Landrat Alexander Saftig, Autor Frank Hoffbauer und Walter Rummel.
Reinhard Kallenbach

Auf rund 200 Seiten widmet sich der Autor, der 37 Jahre lang Touristikchef seiner Heimatgemeinde war, zwölf bekannten Gastwirtschaften, Weinhäusern und Hotels, die zum Teil heute noch bestehen. Dabei erhebt er jedoch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Das würde auch gar nicht gehen. Ist doch die Historie des Winninger Gastgewerbes lang und komplex, die Vorgeschichte vieler Familienbetriebe reicht weit in das 18. Jahrhundert zurück. Wer sich da auf die Spurensuche macht, braucht gute Kontakte, die öffentlichen Archive reichen nicht aus.

Und genau diese Kontakte hat Frank Hoffbauer. So manche Familie hat ihr Privatarchiv geöffnet, auch örtliche Fotografen haben ihren Teil beigetragen. Schon das allein zeigt: Ohne ehrenamtliches Engagement ist eine große heimatgeschichtliche Publikation nicht realisierbar. Selbst Designer Robert Stralka schickte keine Rechnung. Belohnt werden alle Beteiligten mit einem durchweg farbigen Werk mit Festeinband.

Beispiel aus dem Werk „Spiegelsaal und Feuersbrunst“ für eine reiche Gastronomiekultur mit einer langen Geschichte: das frühere Hotel „Deutscher Kaiser (Ausschnitt aus einer Postkarte).
Archiv Frank Hoffbauer

Siglinde Krumme zeigte sich sichtlich angetan und war nach eigener Aussage überwältigt, auch weil viele Weggefährten aus ihrem fast 40-jährigen Verlegerleben gekommen waren. 1985 hatte sie gemeinsam mit ihrem 2004 verstorbenen Ehemann Ekkehard Krumme, dem das aktuelle Werk auch gewidmet ist, die „Winninger Hefte“ aus der Taufe gehoben. Hoffbauers Werk ist nun als elfter Band Teil der Reihe, die schon immer den Anspruch hatte, eben mehr als Hefte zu veröffentlichen.

Mehre stattliche Bücher hat Familie Krumme bereits herausgegeben und selbst erhebliche Mittel für die Realisierung bereitgestellt. Regionalia sind fast immer ein Zuschussgeschäft, und wenn mal etwas übrig bleibt, fließt es in die Produktion des nächsten Buches. So wird es auch im aktuellen Fall sein – Band zwölf der Reihe ist bereits in Arbeit, und wie immer wird es sich um einen Beitrag handeln, der auf soliden Quellen beruht. Gleiches gilt selbstverständlich auch für Hoffbauers Werk, das mit Anmerkungen gespickt ist.

Dass ein solch aufwendiger Beitrag nicht fehlerfrei sein kann, weiß, jeder, der einmal in diesem Bereich gearbeitet hat. „Es gibt kein Buch ohne Fehler“, betonte denn der Autor auch in seiner Dankesrede. Zuvor hatte er seinen Beitrag noch durch einen Korrekturzettel ergänzt. Das schmälert die Leistung der Beteiligten nicht. Ganz im Gegenteil. Die Korrektur steht für das Bemühen, es ganz genau machen zu wollten, wobei der Autor nicht den Fehler macht, sich in Details zu verzetteln.

Beispiel aus dem Werk „Spiegelsaal und Feuersbrunst“ für eine reiche Gastronomiekultur mit einer langen Geschichte: das Weinhaus „Rebstock“.
Frank Hoffbauer Archiv

Auch hat er für die regionale und überregionale Einordnung Martin Bredenbeck ins Boot genommen. Der promovierte Kunst- und Architekturhistoriker gibt nicht nur einen stilgeschichtlichen Überblick bis zur Gegenwart, er lenkt auch den Blick auf Hintergründe in anderen Städten und über aktuelle Entwicklungen, die sich auch im Erweiterungsbau des Weinguts Heymann-Löwenstein widerspiegeln – und damit zurück nach Winningen.

Ein Schwerpunkt liegt allerdings auf der Ära des Historismus. Das liegt in der Natur der Sache. Gerade im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wurden besonders viele Gebäude neu gebaut oder wenigstens umgebaut. Es kommt nicht von ungefähr, dass auch die Bautätigkeit in Koblenz kurz gestreift wird. Natürlich veränderte sich auch in Winningen in dieser Phase einiges. Exemplarisch steht dafür der Neubau des Hotels Krone von 1898, in dessen Spiegelsaal es sich trefflich feiern ließ. Auf ihn bezieht sich auch die erste Hälfte des Buchtitels. Und das mit gutem Grund.

In Gasthäusern und Hotels spielte sich in Zeiten, in denen nur wenige Wohnungen oder Häuser hatten, in denen sie Gäste gebührend empfangen konnten, weite Teile des gesellschaftlichen Lebens ab. Dort gab es auch legendäre Tanzveranstaltungen, in der so mancher den Partner fürs Leben fand. Der Historiker Dr. Walter Rummel wies in seinem Einführungsvortrag darauf hin, dass sich dort sogar Prozesse abspielten. Auch ging er darauf ein, dass Gastwirtschaften auch Orte der Trunk- und Spielsucht waren, die selbst die örtlichen Geistlichen magisch anzogen – auch wenn sie mit ihrem Besuch womöglich eine Strafversetzung riskierten.

Ein Fazit: Frank Hoffbauers Buch beleuchtet die Glanz- und Schattenseiten der Winninger Gastronomiegeschichte, wobei die NS-Zeit natürlich ebenso wenig fehlt wie der Hinweis auf Schicksalsschläge wie zum Beispiel Brände – deshalb auch „Feuersbrunst“ als zweite Hälfte des Buchtitels. Ein Lageplan und genealogische Darstellungen zu den Wirtsfamilien, die auch auf den vielen historischen Fotos zu sehen sind, runden den gelungenen Beitrag zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Untermosel ab.

Das Buch „Spiegelsaal und Feuersbrunst“ ist im Verlag Siglinde Krumme erschienen und kann für 30 Euro über den Buchhandel geordert werden.

Von Reinhard Kallenbach

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