Schweben bald Pakete mit der Koblenzer Seilbahn zu ihren Empfängern? Professoren der Hochschule Darmstadt wollen zusammen mit der DHL rausfinden, ob das möglich und sinnvoll ist. Bei einem Feldversuch haben sie reichlich Daten gesammelt. Und auch, wenn deren Auswertung noch nicht abgeschlossen ist, gibt es erste Erkenntnisse.
Die letzte Meile, der Transport vom Paketzentrum zum Empfänger, ist bei Logistikdienstleistern berüchtigt. „Die letzte Meile ist sehr kosten- und personalintensiv“, sagt Peter Mayer vom Logistikdienstleister DHL. Vom Pakettransport mittels Seilbahn erhoffe man sich bestenfalls Zeitersparnisse und weniger Emissionen bei der Zustellung, machte Mayer bei einem Pressetermin in Koblenz deutlich.
Dass die Hochschule Darmstadt ausgerechnet in Koblenz die Paketzustellung per Seilbahn erforscht, hat zwei Gründe. Verkehrs- und Seilbahnexperte Jürgen Follmann nennt den ersten: „Eigentlich haben wir in Deutschland nur eine richtig gute urbane Seilbahn laufen, und das ist die in Koblenz.“ Als Zweites kommt hinzu: Auf dem Ehrenbreitstein wird auf dem Gelände der ehemaligen Fritsch-Kaserne ein komplett neues Wohnquartier entstehen, in dem eines Tages rund 2000 Menschen wohnen sollen – die eines Tages alle Briefe und Post geliefert kriegen wollen.
Zwei Vorteile für die Seilbahn
Ziel der DHL ist es, Zustellungen so emissionsarm wie möglich zu gestalten. „Gerade für die Nachhaltigkeit ist die Seilbahn prädestiniert, weil sie so emissionsarm ist“, betont Follmann. DHL-Mann Mayer sieht einen zweiten Vorteil: „Was wir jetzt schon festgestellt haben, ist, dass der Weg vom Briefzentrum Koblenz oder dem Paketzentrum Neuwied über den Friedrich-Ebert-Ring und die Brücke länger dauert als mit dem Transport über die Seilbahn.“
Aber wie könnte dieser ungewöhnliche Transportweg genau aussehen? Dirk Wollenweber, Professor an der Hochschule Darmstadt, der den Feldversuch mit seiner Kollegin Johanna Bucerius und Studierenden durchgeführt hat, skizziert einen möglichen Ablauf: Ein Strom- oder Biogas-Lkw liefert die Pakete an die Talstation der Seilbahn. Dort werden sie in eine Kabine geladen und auf den Ehrenbreitstein gebracht. An der Bergstation müsste es dann eine Zwischenlagerung geben, von der aus Zusteller die Post per Lastenfahrrad an die Haushalte ausliefern. Andersrum, etwa bei Retouren, soll der Weg genauso möglich sein.
Wollenweber betont: „Das ganze macht nur Sinn, wenn die Seilbahn gut in die gesamte Transportkette integriert ist. Wir denken daher die ganze Transportkette durch, vom Umschlagdepot bis zum Empfänger.“ Einige Dinge sind hier zu beachten. Zum einen soll der Transport den Personenbetrieb der Seilbahn nicht stören. Es bräuchte in jedem Fall eine eigene Kabine für Pakete. Seilbahn-Chef Peter Magnus sieht zumindest hierin kein Problem, Gondeln gebe es genug. Spannend ist aus seiner Sicht, wie die Umschlagplätze an den Seilbahnstationen letztlich gestaltet werden könnten bzw. müssten.
Die Koblenzer Seilbahn soll in naher Zukunft das geplante Wohngebiet auf dem Gelände der ehemaligen Fritsch-Kaserne auf der Niederberger Höhe mit Post versorgen. Derzeit läuft hierzu ein Feldversuch, bei dem DHL und Hochschule Darmstadt kooperieren.Koblenzer Seilbahn befördert jetzt auch Pakete
Der Knackpunkt ist die Wirtschaftlichkeit
Worin sich alle Projektbeteiligten einig sind: Sinn macht der Transport per Seilbahn nur, wenn er wirtschaftlich ist. Genau das will die Hochschule herausfinden. Viele Fragen seien hiebei noch zu erörtern, hebt Johanna Bucerius hervor: Wo lädt man die Pakete ein, damit sie den Personenbetrieb nicht stören? Könnte der Pakettransport Warteschlangen zur Folge haben? Welche Vorteile gibt es im Vergleich zur konventionellen Zustellung? Wie verstaut man die Pakete am besten in der Gondel? Und wie viele Kabinen bräuchte man überhaupt, um den Bedarf zu decken?
Mitte Juli soll die Auswertung des Feldversuchs abgeschlossen sein. Danach will man konkrete Handlungsempfehlungen für Koblenz geben können – und daraus bestenfalls grundsätzliche Erkenntnisse für die logistische Nutzung urbaner Seilbahnen ableiten. Die Projektverantwortlichen zeigen sich zuversichtlich. „Grundsätzlich funktioniert das Konzept“, stellt Dirk Wollenweber gegenüber unserer Zeitung fest. Jürgen Follmann lehnt sich noch weiter aus dem Fenster: „Ich bin ganz sicher, dass es funktioniert.“