Abschuss oder Vergrämung?
Wie Koblenz Herr über die Nilgänse werden will
Die Rasenflächen vor dem Koblenzer Schloss sind bei Nilgänsen beliebt.
Matthias Kolk (Archiv)

Nilgänse trifft man an den Flussufern von Rhein und Mosel oft an. Zu oft, meinen Fraktionen im Koblenzer Stadtrat. Sie fordern ein Konzept zur tiergerechten Eindämmung der Gänse. Doch effektive Maßnahmen zu finden, ist alles andere als einfach.

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Konflikte gibt es an den Flussufern in Koblenz nicht nur zwischen Radfahrern und Fußgängern, sondern auch zwischen Menschen und Nilgänsen. Das zumindest hätten viele Bürgergespräche gezeigt, sagt Stephan Wefelscheid (Freie Wähler). „Das Problem, das die Menschen vor allen Dingen mit der Nilgans haben, ist das teilweise aggressive Verhalten, zum Beispiel wenn sie Jungtiere haben“, führte er in der jüngsten Sitzung des Stadtrats aus.

Außerdem stünden sie im Weg und hinterließen viel Unrat auf den Rasenflächen. In einem Antrag zusammen mit SPD und Grünen forderten die Freien Wähler die Stadt auf, ein Konzept zum tiergerechten Umgang mit Nil- und auch Kanadagänsen zu erarbeiten.

Nilgans gilt als invasive Art

In der Debatte stand vor allem die kleinere und buntere Nilgans in der Schussbahn. „Wir sind tatsächlich häufig auf sie angesprochen worden. Wer mal mit offenen Augen durch die Rheinanlagen geht, der sieht die Nilgänse auch. An der Mosel ist es meines Erachtens noch schlimmer“, sagte Wefelscheid.

Seit 2017 steht die Nilgans auf der Liste der invasiven Arten der EU. Als invasiv gelten kurz gesagt gebietsfremde Arten, die als Problem gesehen werden, weil sie etwa die natürliche Vielfalt gefährden. Laut der EU-Verordnung sind Länder aufgefordert, Maßnahmen gegen die gelisteten Arten zu ergreifen.

Ursprünglich ist die Nilgans in Afrika beheimatet.
Matthias Kolk (Archiv)

Die Nilgans gilt als aggressiv in Nestnähe und konkurriert mit heimischen Arten um Nistplätze und Reviere, heißt es vom Bundesamt für Naturschutz. Meist verhalten sie sich jedoch desinteressiert oder neutral, schreibt der Naturschutzbund über das Tier. Der Deutsche Jagdverband vermeldete kürzlich, dass die Nilgans in Deutschland mittlerweile weiter verbreitet sei als die heimische Graugans. Er spricht sich für eine bundesweite Bejagung aus, um weitere ökologische Schäden zu verhindern.

In Koblenz hat man schon viel versucht, um Herr über die Nilgänse zu werden. „Wir haben in der Vergangenheit ja schon einige Maßnahmen getestet: Eier in den Nestern gegen Gipseier ausgetauscht oder das Gras nicht mehr gemäht“, sagte Baudezernent Lukas im Stadtrat. Flächen nicht mehr zu mähen, ist eine von vielen Maßnahmen, die in einem Merkblatt zur EU-Verordnung genannt werden. Nilgänse bevorzugen demnach kurzen Rasen. Auch mit Raubtiergeräuschen oder Flugdrachen mit Raubtiermotiven hat man es in Koblenz schon versucht, die Gänse zu vertreiben.

Maßnahmen zeigen nur wenig Wirkung

Nach Einschätzung des Umweltamts habe all das aber wenig Effizienz gezeigt, so Lukas. Nur eine Maßnahme hätte zeitweise eine Besserung der Situation gebracht: der gezielte Abschuss durch Jäger. Die Stadt will nun auf Initiative des Antrags ein Konzept erstellen, um wirksame Mittel gegen die Nilgans zu finden. Die Ergebnisse sollen im Umweltausschuss beraten werden. „Wir prüfen jetzt auch mal das Ausbringen von Bitterstoffen, das wird in der Landwirtschaft gemacht, um Saatkrähen von den Feldern abzuhalten“, sagte Lukas in der Sitzung. In der schriftlichen Stellungnahme zum Antrag weist die Verwaltung allerdings auch darauf hin, dass der Einsatz von wassergefährdenden Stoffen in Wasserschutzgebieten per Rechtsverordnung verboten ist.

Gut möglich, dass die Bejagung im Koblenzer Konzept eine Rolle spielen wird. Lukas sagte im Stadtrat: „Was für die Bejagung spricht, das will ich an dieser Stelle auch einmal vorsichtig sagen: Alle anderen Maßnahmen sind ja sonst immer eine Vergrämung.“ Zwischen März 2023 und April 2024 wurden in Koblenz 143 Nilgänse erlegt, hatte unsere Zeitung vor einiger Zeit von der Stadt erfahren.

Die Kanadagans, die im Antrag ebenfalls genannt wird, kam im Übrigen in der Sitzung des Rats nie zur Sprache. Sie steht auch nicht auf der Liste invasiver Arten der EU.

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