Am 6. April 1945 hissten US-Soldaten auf dem Plateau der Festung Ehrenbreitstein das Sternenbanner. Knapp drei Wochen zuvor hatten sie – am 17. März und 18. März 1945 – die Koblenzer Innenstadt eingenommen, kurz danach, am 27. März, eroberten sie die rechtsrheinischen Stadtteile. Der Zweite Weltkrieg war, sechs Jahre nachdem er von Deutschland mit dem Überfall auf Polen angezettelt worden war, in Koblenz beendet.
Doch wie ging es weiter? In einem äußerst detailreichen, gut strukturierten und anschaulichen Vortrag schilderten die beiden Historiker Michael Koelges, Leiter des Stadtarchivs Koblenz, und Judith Höhn-Engers, stellvertretende Leiterin des Stadtarchivs, im Historischen Rathaussaal nun die ersten Nachkriegsjahre.

Nach den Luftangriffen der Alliierten war Koblenz im Frühjahr 1945 eine Trümmerwüste. Zwei Drittel der Häuser galten als völlig unbewohnbar, der Schutt in den Straßen belief sich auf gut zwei Millionen Kubikmeter.
Die daraus resultierende Wohnungsnot war in den ersten Friedenstagen aber noch nicht so gravierend, denn die Amerikaner hatten im März 1945 eine weitgehend menschenleere Stadt vorgefunden. So waren viele Koblenzer noch in Thüringen evakuiert.
Die Lage verschärfte sich im Frühsommer 1945
Mit ihrer Rückkehr im Frühsommer 1945 änderte sich die Lage jedoch schnell. Und sie verschärfte sich zusätzlich, wie Michael Koelges und Judith Höhn-Engers hervorhoben, durch zwei weitere Faktoren: Erstens requirierten die Franzosen, die im Juli 1945 nach Koblenz kamen, im größeren Stil als die Amerikaner Wohnungen, um die Familien ihrer Offiziere unterzubringen. Und zweitens kamen auch viele Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten in die Stadt.
Wilhelm Kurth (SPD), von Juni 1945 bis März 1946 Oberbürgermeister der Stadt, erließ deshalb auch zeitweise eine Zuzugssperre. Und zur Wohnungsnot hinzu gesellte sich der Mangel an Heiz- und Lebensmitteln, viele Koblenzer hungerten. Linderung brachten Care-Pakete und Speisungen der christlichen Gemeinschaft der Quäker aus den USA, die am Clemensplatz ein Quartier errichtet hatten. Die Ernährungslage stabilisierte sich erst Ende 1948.
Warum auch der einzige zurückgekehrte Jude später auswanderte
Viel schlimmer als die materiellen Verluste waren jedoch die seelischen Verwüstungen, die vielen, vielen Opfer, die die zwölfjährige Terrorherrschaft des NS-Regimes auch in Koblenz gefordert hatte. Allein 1942 und 1943 wurden, so Judith Höhn-Engers, rund 500 Koblenzer Juden in den Osten deportiert, wo fast alle ermordet wurden.
Von den ehemaligen jüdischen Gemeindemitgliedern kehrte nach dem Krieg nur Addie Bernd wieder nach Koblenz zurück. Der 24-Jährige, der das KZ Auschwitz überlebt hatte, engagierte sich in vielfältiger Weise am Wiederaufbau in der Stadt und war erster Vorsitzender der jüdischen Kultusgemeinde. 1950 verließ er allerdings die Stadt und wanderte in die USA aus, unter anderem, weil er tief enttäuscht über die hiesigen Maßnahmen zur Entnazifizierung war, betonte Judith Höhn-Engers.
Die Frauen bauen Koblenz wieder auf
Wie andernorts, so wurde auch in Koblenz der Wiederaufbau in den ersten Jahren nach dem Krieg vor allem von Frauen geleistet. Die Männer waren vielfach noch in Kriegsgefangenschaft oder sie waren während des Krieges gefallen. So beklagte man in Koblenz den Tod von rund 1700 Soldaten. Zudem waren 899 Menschen bei den Luftangriffen ums Leben gekommen.
In der Mangel- und Notsituation der Nachkriegszeit suchten die Menschen Ablenkung, im Kino, im Stadttheater oder beim Fußball. Vor allem das runde Leder lockte die Massen. So sahen rund 25.000 Zuschauer im Sommer 1946 die Partie zwischen TuS Neuendorf und Schalke 04 auf dem Oberwerth.
Am 21. Juni 1948 werden 2,4 Millionen Mark in Koblenz ausgegeben
Wer mit Zeitzeugen in Westdeutschland spricht, der bekommt häufig zur Antwort, dass die Nachkriegszeit nicht mit Gründung der Bundesrepublik im September 1949 endete, sondern mit der Einführung der Mark im Juni 1948. Michael Koelges und Judith Höhn-Engers beendeten ihren Vortrag zur Koblenzer Nachkriegsgeschichte denn auch mit der Ausgabe der neuen Währung am 21. Juni. 2,4 Millionen Mark wurden damals in Koblenz ausgegeben.