Mit der Note 4, um genau zu sein 3,96, hat die Stadt Koblenz beim Fahrradklima-Test des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) abgeschnitten. Nicht gerade ein Traumergebnis, aber Platz 16 in der Kategorie der Städte zwischen 100.000 und 200.000 Einwohner ist auch nicht schlecht, findet der Koblenzer Radverkehrsbeauftragte Tobias Weiß-Bollin. „Die Leute merken, dass wir etwas tun“, sagt er, das freut ihn.

Herr Weiß-Bollin, das Ergebnis des Fahrradklima-Tests liegt jetzt seit ein paar Tagen vor, wo ist Koblenz denn am stärksten?
Ich finde, man schaut am besten im Vergleich zu den anderen Städten in der gleichen Kategorie, und da schneiden wir beispielsweise bei den Ampelschaltungen besser ab als der Durchschnitt. Das könnte daran liegen, dass wir bei der Umgestaltung größerer Kreuzungen da nachgebessert haben. Das freut mich, dass das gesehen wird. Oder: Die Oberfläche von Radwegen wird ganz gut beurteilt – da spielen eventuell die sanierten Stücke der Uferwege eine Rolle. Ich habe schon den Eindruck, die Leute merken, dass wir etwas verändern, und das freut uns natürlich wirklich. Und auch, dass sich in Koblenz 842 Menschen an der Befragung beteiligt haben – in den meisten vergleichbaren Städten sind es 200, 300, vielleicht 500. Das zeigt den Stellenwert des Themas.

Und wobei schneidet Koblenz weniger gut ab?
Unter anderem in dem Punkt Konflikte mit Fußgängern – andererseits werden die Zusatzfragen zum Miteinander im Verkehr ganz positiv beantwortet, das ist ein bisschen uneindeutig. Aber ja, da wo Fußgänger und Fahrradfahrer zusammengeführt sind, da hakt es immer mal wieder. Deshalb versuchen wir, das möglichst zu vermeiden. Aber es geht nicht immer. Und bei der Frage, ob Radfahren in Koblenz Spaß macht, gab es nur die Note 3,9. Im Durchschnitt der Städte unserer Größenordnung ist es eine 3,6. Da ist noch Luft nach oben.

Koblenzer Fahrradstraße bekommt noch mehr Sperrpfosten
Die neuen Sperren in der Casinostraße sollen Autofahrer davon abhalten, rechtswidrig auf der Fahrradstraße zu fahren. Im städtischen Ausschuss gibt es die Vermutung, die Pfosten könnten das Problem nur verlagern und das Gefahrenpotenzial erhöhen.
In den vergangenen Jahren ist ja einiges passiert, beispielsweise wurde die erste Koblenzer Fahrradstraße in der Casinostraße vor gut drei Jahren eingerichtet. Wie läuft es denn da?
Nicht so 100-prozentig gut. Es gibt immer noch viel zu viele Autos, die da durchfahren, obwohl sie es gar nicht dürfen. Leider ist es so, dass die Schilder ignoriert werden, deshalb werden wir jetzt mit Pollern zum Teil eine Einfahrt verhindern. Auch in der Altstadt sind für meinen Geschmack noch viel zu viele Autos.
Aha? Ich dachte, da wären vor allem Anwohner und Lieferfahrzeuge zu bestimmten Zeiten unterwegs.
Nein, es fahren viele trotzdem einfach durch, einige auch, ohne dass sie überhaupt irgendwo hinwollen. Auto-Poser sind in der Altstadt ein wiederkehrendes Problem, vor allem am Wochenende. Ich fahre ja selbst auch Auto, aber das ist für mich wirklich nicht zeitgemäß, ohne Ziel hin- und herzufahren. Kurze Strecken sollten in Koblenz noch viel häufiger zu Fuß oder mit dem Rad statt mit dem Auto zurückgelegt werden. Geschwindigkeitsreduzierungen am Moselufer werden ja jetzt diskutiert. Ich bedauere, dass man da nicht den mutigen Schritt geht, mindestens eine Richtung für den Autoverkehr zu sperren. Aber es sind so viele Baustellen mit Umleitungen im Moment, da will man das nicht auch noch tun.

Baustellen sind ein ganz heikles Thema auch für Radfahrer. Wie ist denn die Situation im Moment?
Ja, wir haben mit der Pfaffendorfer Brücke, der Horchheimer Brücke, der Südallee und der Beatusstraße allein im Moment vier wirklich große Baumaßnahmen, die dem Radverkehr zugutekommen. Die verlangen vielen einiges ab, da verstehe ich auch, dass die Leute manchmal sauer sind. Wir versuchen, zu machen, was geht, aber beispielsweise in Pfaffendorf kommen wir nicht drumrum, Fußgänger und Radfahrer für eine Zeit auf einem wirklich schmalen Weg zusammenzubringen. Von da bekomme ich Rückmeldungen von den Fußgängern, die sich bedrängt fühlen – ebenso wie an der Ecke Rizzastraße / Südallee im Moment. Ich denke aber auch: Man kann wirklich erwarten, dass Radfahrer auch mal für ein paar Meter absteigen und schieben. Es ist ja nur für eine begrenzte Zeit.
Erleben Sie das Miteinander von Radfahrern und Fußgängern – oder eher das Gegeneinander? – in Koblenz aufgeheizt? Im Fahrradklima-Test wurde dies ja sogar ganz gut bewertet.
Ja, es ist überdurchschnittlich gut nach Ansicht derer, die den Fragebogen ausgefüllt haben. Ich sage mal so: Ich selbst habe keine Konflikte mit Fußgängern, weil ich nicht auf dem Gehweg fahre, sondern auf der Straße, da auch selbstbewusst im Verkehr. Ich lasse mich nicht an den Rand drängen, sondern fahre mitten auf der Straße, das klappt schon. Ich kann aber verstehen, wenn sich Radfahrer im Verkehr mit den Autos unsicher fühlen. Deshalb müssen wir in der Planung bestmögliche Lösungen suchen, um die Verkehrsarten möglichst getrennt zu führen.

Radfahrer geben Koblenz bessere Noten als vor Jahren
Die Note 4,0 ist keine Glanzleistung – aber es kommt immer darauf an, wie man gestartet ist. Koblenz jedenfalls steht mit der 4 bei der jüngsten Befragung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) deutlich besser da als vor drei Jahren.
Wie geht es denn weiter mit dem Radverkehr, was steht an?
Wir versuchen, auch weiter konzeptionell zu arbeiten und kreative Lösungen zu finden, aber leider sind Zeit und Personal oft knapp. Aber viele Verbesserungen laufen ja jetzt schon, einige große Projekte habe ich eben ja genannt. Wir hoffen, dass sie möglichst schnell fertig werden. Bisher haben wir vieles im Zentrum gemacht, weil es da den meisten zugutekommt, aber wir wollen auch mehr in die Stadtteile schauen, vor allem auf die rechte Rheinseite. Vor dort bekommen wir viele Rückmeldungen, das verstehe ich auch. Aber es ist nicht immer einfach.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Ja, zum Beispiel die Landesstraße 127, die durch Ehrenbreitstein nach Niederberg führt. Sie ist eine wirklich wichtige Verbindung, sowohl für Autofahrer als auch für Radfahrer. Und es ist quasi nicht möglich, da im Nebennetz zu arbeiten, wie wir es beispielsweise in der Stadt können. Denn wir haben die eine Straße, die liegt im Kessel, und sie ist zu schmal für einen Radweg.
Was kann man denn tun?
Nun, man kann beispielsweise bergauf einen Schutzstreifen installieren – aber auch nicht auf ganzer Länge, denn selbst dafür ist die Straße zu schmal. Es gibt klare Vorgaben für solche Sachen. Und ein Schutzstreifen, der unterbrochen ist, ist auch nicht optimal.
Gibt es denn andere Möglichkeiten?
Man könnte wenigstens eine Piktogrammkette auf der Fahrbahn aufbringen, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen. Aber die genehmigt uns das Land nicht.
Also kann man gar nichts tun?
Nein, das geht ja auch nicht. Bauliche Verbreiterungen oder Geschwindigkeitsreduzierungen sind ebenfalls zu prüfen, aber auch da sind die Vorgaben der Straßenverkehrsordnung auch nach der Novellierung 2024 leider immer noch streng. Man muss eben überlegen, was geht und wie es geht.