Er erstreckt sich über eine Fläche von knapp 3000 Hektar südlich des Koblenzer Stadtgebietes, überragt wird er vom weithin sichtbaren Fernmeldeturm, er bietet vielfältige Erholungsmöglichkeiten und ist natürlich auch ein Wirtschaftsfaktor in der Stadt an Rhein und Mosel. Die Rede ist vom Koblenzer Stadtwald.
Forstausschuss und Stadtrat hatten im Jahr 2022 den Beschluss gefasst, die kommunalen Wälder in der Stadt nach ökologischen Maßstäben zu bewirtschaften. Beschlossen wurde damals nicht nur eine Zertifizierung nach dem international bekannten FSC-Standard (forest stewartship council) für nachhaltige Waldwirtschaft. Vielmehr entschied man sich in der Verwaltung dazu, eine noch weitergehende Zertifizierung nach den Richtlinien des Naturland e.V. anzustreben, dessen Siegel vor allem aus der Landwirtschaft bekannt ist.
Stadt sagt: Die Anforderungen der Umweltschützer sind sogar kontraproduktiv
Das soll nun, zumindest in Teilen, wieder gekippt werden. In den Unterlagen für die kommende Sitzung des Forstausschusses am Donnerstag, 3. April, heißt es: „Dabei scheint es weitgehend Konsens in den Fraktionen zu sein und es ist die Überzeugung der Verwaltung, dass die Anforderungen seitens Naturland in einigen wichtigen Punkten kontraproduktiv zu einem klimaresilienten Waldumbau für den Forstbetrieb der Stadt Koblenz sind.“ Stein des Anstoßes sei unter anderem das Verbot von Pflanzungen nicht heimischer Bäume, wie etwa der Esskastanie, heißt es weiter.

Die anstehende Entscheidung rief das Klimabündnis Koblenz auf den Plan, das nun in zwei Veranstaltungen noch einmal ausführlich die Vorteile ökologischer Waldwirtschaft darlegte. Gewonnen werden konnte für eine Exkursion in den Koblenzer Stadtwald und einen abendlichen Vortrag Lutz Fähser, Diplom-Forstwirt und Leitender Forstdirektor i.R..
Der Referent hatte Mitte der 90er-Jahre, teils gegen heftigen Widerstand, begonnen, den Wald der Stadt Lübeck nach ökologischen Maßstäben zu bewirtschaften – mit Erfolg. Die von Fähser und seinen Mitarbeitern entwickelten Waldbau-Standards fanden wenig später Eingang in die Richtlinien des Naturland e.V.

Marcel Hoffmann, Mitglied im Koblenzer Klimabündnis, freute sich über einen gut gefüllten Mariensaal im Kloster Arenberg, drückte aber zugleich auch seine Befürchtungen aus: „Ich befürchtete einen Rollback in der Stadt. Für uns macht das deutlich, dass wir noch nicht genügend kommuniziert haben.“
Einer, der dies zweifelsfrei beherrscht, ist Lutz Fähser. In einem rund zweistündigen Vortrag unter dem Motto „Kommunalwälder im Stress“ klärte der pensionierte Forstdirektor über die von ihm entwickelten Standards im Waldbau auf und beleuchtete diese sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht. Dabei ging Fähser zunächst auf einige verheerende Folgen herkömmlicher Forstwirtschaft in Zeiten des Klimawandels ein, beispielsweise im Harz, wo seit Jahren große Flächen mit Fichten absterben.

„Ich finde das wunderbar, denn die Fichte hat uns sehr klar unsere Fehler aufgezeigt“, resümierte Fähser. In der Folge solcher Ereignisse plädierte er für einen Waldbau, der nur mit minimalen Eingriffen in das komplexe Ökosystem auskommt. In Lübeck verzichtet man beispielsweise seit Jahren auf Neuanpflanzungen.
Der Erfolg scheint ihm recht zu geben, auch der wirtschaftliche. „Der durchschnittliche Holzvorrat eines Urwaldes liegt bei 700 bis 800 Kubikmeter pro Hektar. Der Durchschnitt unserer deutschen Forste liegt aber nur bei etwa 320 Kubikmeter pro Hektar“, rechnete der Forstwirt vor.
„Mischen Sie sich ein, es ist Ihr Wald.“
Lutz Fähser
Bei Übernahme seines Reviers in Lübeck haben die Erträge sogar noch unter dem Durchschnitt gelegen, heute verfüge man über einen Holzvorrat von 490 Kubikmeter pro Hektar. „Außerdem ist das Holz, das wir ernten, von weit besserer Qualität, da wir längere Stämme erhalten.“
Fähser machte den Koblenzern Mut: „Mischen Sie sich ein, es ist Ihr Wald.“ Zugleich empfahl er die Gründung eines Waldbeirates in der Stadt.