Wer über den Hof des Görres-Gymnasiums schlendert, entdeckt an einer Wand ein Bild des Abiturjahrgangs 2016. In Anspielung an Julius Caesars „Ich kam, sah, siegte“ ist dort zu lesen: „Veni, Vidi, Abi – 2016“. Die Vornamen der Abiturienten stehen rechts und links des Bildes, das einen antiken Kampf darstellt, geschrieben in einer Art und Weise, die die griechische Schrift nachahmt.
Die Anspielung auf die Antike könnte bald ein Relikt vergangener Tage sein. Denn das Görres-Gymnasium, 1582 von den Jesuiten gegründet, strebt zum Schuljahr 2026/27 die Metamorphose vom altsprachlichen zum neusprachlichen Gymnasium an. Die Schulgesamtkonferenz hat sich mit 70 Prozent für einen solchen Profilwechsel ausgesprochen.
Zahl der Anmeldungen ist seit Jahren gering – und nicht wenige verlassen die Schule wieder
Hintergrund der angestrebten Profiländerung, die dem Schulträgerausschuss der Stadt Koblenz nun zum Beschluss vorlag, sind die seit vielen Jahren geringen Anmeldezahlen. Während manch anderes Koblenzer Gymnasium sich kaum vor Anmeldungen retten kann, hatte das Görres in den vergangenen Jahren nur zwischen 50 und 65 Erstanmeldungen.
Grund hierfür sei, so vermuten viele, die verpflichtende dritte Fremdsprache, die von der achten bis zur zehnten Klasse ein versetzungsrelevantes Hauptfach ist. Zudem verlassen nicht wenige Schüler im Lauf der Mittelstufe das Görres, nicht zuletzt wegen der dritten Fremdsprache. So hatte der diesjährige Abiturjahrgang nur noch 34 Abiturienten. Ein attraktives Fächerangebot sei so in der Oberstufe nur schwer aufrecht zu halten, betonte Schulleiterin Ute Mittelberg in der Ausschusssitzung.

Für die Zukunft hat eine 20-köpfige Arbeitsgruppe aus Lehrern, Elternvertretern und Schülern nun folgendes Modell entwickelt: Demnach soll es bereits für das Schuljahr 2026/27 ein zweigliedriges System geben. Ein Zweig fängt mit Englisch als erster Fremdsprache ab der fünften Klasse an, gefolgt von Latein oder Französisch ab der sechsten. Und ein anderer beginnt – wie bisher – mit Latein ab der fünften Klasse und zusätzlich mit Englisch. In beiden Zweigen wäre die dritte Fremdsprache, sei es Altgriechisch oder Französisch, nicht mehr obligatorisch, weshalb das Görres seinen Status als altsprachliches Gymnasium verlieren würde.

Verändert Koblenzer Görres-Gymnasium sein Profil?
„Salve“ steht auf der Homepage des Koblenzer Görres-Gymnasiums, und das ist mehr als ein Wort: In dem einzigen altsprachlichen Gymnasium im nördlichen Rheinland-Pfalz wird Latein als erste Fremdsprache gelehrt, parallel zu Englisch.
Die CDU-Fraktion unterbreitete in der Ausschusssitzung einen Gegenvorschlag. Demnach solle es künftig am Görres sowohl einen neusprachlichen als auch einen klassischen altsprachlichen Zweig geben. Letzterer soll wie bisher mit Latein und Englisch beginnen und in der achten Klasse Altgriechisch oder Französisch als verpflichtende dritte Fremdsprache beinhalten. In Trier biete das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium beide Zweige schon länger parallel an, sagte Rudolf Kalenberg (CDU). Und Florence Klose (CDU) ergänzte, dass so das Görres sein Alleinstellungsmerkmal im altsprachlichen Bereich in Koblenz untermauere. „Ansonsten wird ohne Not das Prädikat ,Altsprachlichkeit′ aufgegeben“, meinte Fabian Freisberg (CDU).
Quo vadis Görres-Gymnasium?
Schulleiterin Ute Mittelberg verteidigte das von der Gesamtkonferenz verabschiedete Modell. Erfahrungen am Johannes-Gymnasium in Lahnstein sowie am Kurfürst-Salentin-Gymnasium in Andernach, die einen solchen altsprachlichen Zweig geschlossen hätten, zeigten, dass die Eltern die Belastungen einer verpflichtenden dritten Fremdsprache als zu hoch empfinden.
Auch Jutta Mannebach (Grüne) sagte, dass eine dritte verpflichtende Fremdsprache viele abschrecke. Und Kulturdezernent Ingo Schneider hob hervor, dass die geringen Anmeldezahlen im Hinblick auf die Akzeptanz in der Elternschaft für sich sprächen. Außerdem verwies er auf die große Mehrheit von 70 Prozent, mit der die Gesamtkonferenz sich für eine Profiländerung ausgesprochen habe.
Da die CDU weiteren Beratungsbedarf angemeldet hatte, wurde eine Entscheidung im Schulträgerausschuss nicht getroffen. Über die Frage Quo vadis Görres-Gymnasium? wird letztendlich der Stadtrat entscheiden müssen, denn die Stadt ist der Schulträger des ehemaligen Jesuitengymnasiums.