Zur Erinnerung: B. hatte ausgesagt, Steinert zusammen mit O. verfolgt zu haben. Als dieser anhielt, sei O. aus dem Auto ausgestiegen und habe die tödlichen Schüsse abgefeuert. Danach habe B. den Schützen in der Nähe der französischen Grenze abgesetzt. Anschließend sei er nach Frankfurt gefahren, habe den Wagen abgestellt und sei mit dem Taxi nach Bad Ems weitergereist, wo seine Freundin in einem Hotel auf ihn wartete. Für die Taxifahrt habe er zwischen 100 und 120 Euro gezahlt. Angekommen sei er in Bad Ems zwischen 7 und 9 Uhr morgens. Die Verteidigung von O. glaubt nicht, dass dies möglich ist, und zweifelt daher an den Aussagen von B.
Zumindest, was die Taxifahrt betrifft, dürften die Zweifel größer geworden sein. Denn auf Antrag der Verteidigung wurde am zwölften Prozesstag der Vorsitzende der Taxivereinigung Frankfurt/Main gehört, um die Frage zu klären, wie viel eine Taxifahrt von Frankfurt nach Bad Ems kosten könnte. Der Experte nannte 210 bis 215 Euro als realistischen Preis und meinte, dass man diese Summe auch als Festpreis verlangen könnte. Da Bad Ems sich außerhalb des Frankfurter Tarifgebiets befinden würde, sei es rechtlich zwar in Ordnung, ein Angebot über einen niedrigeren Preis zu machen. Er betonte aber, dass er es angesichts der Tatsache, „dass eine Taxifahrt nach außerhalb die doppelten Kosten verursacht“, für nicht sehr wahrscheinlich hält, dass ein Taxiunternehmen für die Hälfte der von ihm genannten Summe fahren würde.
Weniger Erfolg hatte die Verteidigung mit ihrem Antrag, von einem Sachverständigen überprüfen zu lassen, ob es überhaupt möglich ist, die von B. angegebene Strecke, die er nach der Tat gefahren haben will, in der vorgegebenen Zeit zurückzulegen – also zwischen 3.45 Uhr (dem Tatzeitpunkt) und der Ankunft in Bad Ems zwischen 7 und 9 Uhr morgens.
In ihrem Antrag hatte die Verteidigung vorgerechnet, dass B. für die Strecke mehr als sechs Stunden benötigt hätte, wenn das Ziel in der Nähe der französischen Grenze, etwa im luxemburgischen Schengen in der Nähe des Dreiländerecks (Deutschland, Luxemburg, Frankreich), gelegen hätte. Das Gericht lehnte den Antrag ab, weil nicht klar ist, wohin genau B. gefahren ist. Den Ort Schengen habe der Angeklagte in seiner Einlassung auch nicht genannt. Richter Ralf Bock verwies darauf, dass es von Waldesch aus mehrere Möglichkeiten gebe, an die französische Grenze zu kommen. Da es aber vonseiten B.s keine konkreten Angaben gibt, ist das Beweismittel aus Sicht der Kammer unzulässig.
Keinen Erfolg hatte die Verteidigung von O. auch mit dem Befangenheitsantrag gegen Richter Bock. Diesem hatte sie eine intransparente Verfahrensweise und fehlende Objektivität gegenüber O. vorgeworfen. Speziell deswegen, weil die Kammer zuvor den Antrag der Verteidigung abgelehnt hatte, eine für den Angeklagten wichtige Zeugin aus Moskau vorzuladen. In dem am zwölften Verhandlungstag von Bock vorgelesenen Beschluss wird begründet, warum die unabhängige Kammer den Befangenheitsantrag der Verteidigung als unbegründet zurückweist. Darin wird unter anderem erklärt, dass Bock schon im Vorfeld der Hauptverhandlung und ohne vorherige Aufforderung versucht hat, die Zeugin vorzuladen – unter Einbindung der russischen Behörden und auch des Bundeskriminalamtes. Dies ist aus Sicht der Kammer in den Akten auch umfassend dokumentiert. Richter Bock wird den Vorsitz daher behalten.
- Der Prozess wird am 7. Januar fortgesetzt.
Von unserem Redakteur Volker Schmidt