Historienspiele in Koblenz
Wenn Römer auf Ritter und Preußen treffen
Viele Besucher wollten die römischen Soldaten sehen.
Winfried Scholz

Wenn auf der Festung hoch über Koblenz wieder Kanonendonner erschallt, Römer auf Ritter und Spielleute aus dem Mittelalter auf preußische Soldaten treffen, bedeutet dies: Die Historienspiele machen Geschichte lebendig 

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Ein mittelalterlicher Ritter in voller Rüstung grüßt einen Trupp preußischer Soldaten aus dem Jahr der Befreiungskriege von 1813. Das ist eine von vielen außergewöhnlichen Szenen, die bei den diesjährigen Historienspielen zu beobachten sind.

Die Veranstaltung auf der Festung Ehrenbreitstein, bietet auch noch an diesem Samstag und Sonntag jeweils von 10 bis 18 Uhr wieder Geschichte aus drei Jahrtausenden zum Mitmachen. Unter den zahlreichen Besuchern waren sehr viele junge Familien mit Kindern.

Jessica aus Montabaur posiert im keltischen Streitwagen.
Winfried Scholz

Wie mühsam drechseln oder spinnen in der Keltenzeit war, zeigt die Gruppe Tribus Eburones. Ihr Glanzstück ist die Nachbildung eines keltischen Streitwagens, der im belgischen Libramont gefunden wurde. Die Eburonen Georg Eul und Christian Kuntze haben den Wagen nachgebaut. Eul erläutert im RZ-Gespräch, welche noch heute gängigen Techniken die Kelten bereits beherrschten: „Der Wagen wurde aus Eschenholz, das leicht und widerstandsfähig ist, hergestellt. Die Reifen wurden aus einem Stück unter heißem Wasserdampf rund gebogen.“ Diese Technik wird auch heute noch bei der Fassherstellung angewendet. Weinfässer gab es auch schon bei den Kelten. Zur Verstärkung des Reifens diente ein Eisenring, der aufgeschrumpft wurde. Das bedeutet, die Kelten kannten damals schon den Ausdehungskoeffizienten von Eisen. Der Wagen war komplett gefedert und mit einer Pendelachse ausgestattet, eine Technik, die erst in den 1980er-Jahren in der Auto-Fahrwerkstechnik wieder eingeführt wurde. Ein Wagenlenker brachte damit einen Kämpfer ins Schlachtgetümmel. Wie Eul weiter berichtet, gab es bei den Römern Streitwagen ausschließlich bei Wagenrennen im Circus Maximus.

Primus Fabius Lucianus von der 21. römischen Legion Rapax Rekrutiert Soldaten für das römische Heer
Winfried Scholz

Über die Struktur und die Rekrutierung des römischen Heers berichtet Primus Fabius Lucianus von der 21. römischen Legion Rapax. Das römische Heer war eine Freiwilligenarmee, die ein regelmäßiges Gehalt und die Möglichkeit zum sozialen Aufstieg bot. Es gab drei Stände: Senatoren, Ritter und Bürger. Für die beiden ersten Stände, aus denen sich die politischen Führungskräfte rekrutierten, war es Pflicht, zwei Jahre in der Armee zu dienen, um das Kriegshandwerk zu erlernen und Führungsqualitäten zu erwerben. Die Plebejer konnten durch eine erfolgreiche Militärlaufbahn in politische Ämter gelangen, die sonst nur den höheren Ständen vorbehalten war. An anderer Stelle werden Marsch- und Kampfformationen der römischen Soldaten vorgeführt.

Wissenswertes über Sitten und Gebräuche aus dem Mittelalter um 1250 erfährt man bei Wolfhardt dem Wanderer von den Draconis Ashidae, den Essener Drachen. Er sei auf einer Pilgerfahrt ins Heilige Land „falsch nach Byzanz abgebogen“ und so auf der Seidenstraße bis nach Peking gekommen. Wolfhardt berichtet von dem damals schon regen wirtschaftlichen Kontakten, aber auch von Waffen- und Rüstungstechnik: „Es war wie heute noch immer ein Wettkampf zwischen Geschoss und Panzerung.“ Besonders verweist er auf das sogenannte Ulfberth-Schwert, das nachweislich von 850 bis 1250 hergestellt wurde. Verwendet wurde nach seinem Bericht indischer Ziegelstahl, den man in Europa erst Mitte des 19. Jahrhunderts herstellen konnte.

Preußische Kanonade auf dem oberen Schlosshof
Winfried Scholz

Ein wahrer Publikumsmagnet ist die preußische Kanonade im oberen Schlosshof. Die Preußen kampieren während der vier Tage oberhalb des Retirierten Grabens in einem Feldlazarett. Dort trifft man Soldaten mit verschiedenfarbigen Uniformen preußischer und verbündeter Einheiten der Befreiungskriege von 1813, aber auch die damaligen französischen Gegner. Dort präsentiert Preuße und Buchautor Jean-Noël Charon sein neues Werk. Dieses Mal geht es um den französischen Grafen Guillaume Emmanuel Guignard de Saint-Priest. Er hat als russischer General und Verbündeter von Generalfeldmarschall von Blücher die rechte Flanke befehligt, die beim Kampf gegen Napoleon zum Jahreswechsel 1813/14 an der Lahnmündung den Rhein überschritten hat.

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